„Die Zinsen sind gekommen, um zu bleiben“

Kaum ist die Pandemie vorbei, folgen neue Krisen-Szenarien: Ukrainekrieg, Energieversorgung, die sich daraus ergebende Inflation. In unserer neuen Reihe Lokalhelden fragen wir Menschen aus dem Tal, wie sie das meistern. Heute Dr. Martin Mihalovits, Vorstandchef der Kreissparkasse Miesbach Tegernsee.

Dr. Martin Mihalovits

Er ist seit April 2012 Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee. Dem Vorstand gehört er seit Januar 2011 an. Dr. Martin Mihalovits studierte Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik und promovierte zum Dr. rer. pol. Nach dem Studium arbeitete er bei einer Unternehmensberatung. 2000 wechselte er zur Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee.

Vor ziemlich genau drei Jahren, im März 2020, ging es in den Lockdown. Etliche Firmen waren betroffen, darunter viele ihrer Geschäftskunden. Wie waren im Rückblick die Auswirkungen dieser Pandemie?

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Die ökonomischen Auswirkungen waren erstaunlich gering auf unsere regionale Wirtschaft, aus zwei Gründen: Von März 2020 an, in der ersten Phase der Pandemie, spürten wir, wie robust und stabil unsere Wirtschaft aufgestellt ist. Einerseits waren vielfach gute Finanzpolster in den Unternehmen vorhanden. Wir haben schnell gemerkt: Die halten das aus, und das stand im krassen Gegensatz zu den Prognosen der Volkswirte, die ja die großen Pleitewellen prognostiziert hatten.

Zudem muss man – auch bei kritischer Betrachtung – sagen, dass viele Maßnahmen der Regierung gewirkt haben. Okay, hier und da war es vielleicht ein bisschen spät, ein bisschen zögerlich, aber da haben wir als Sparkasse unsere Standortvorteile genutzt und überbrückt. Wir konnten kurzfristige Liquiditätsengpässe, wenn es sie denn gab, vielfach schnell und unbürokratisch mit Überbrückungskrediten mit der Aussicht auf die Unterstützung der Regierung auffangen.

Wenn es also keine Regionalbanken wie die Sparkasse, die ja ein Organ des öffentlichen Rechts ist, gegeben hätte, wäre es schlechter für lokale Unternehmen gelaufen?

Lassen Sie es mich positiv formulieren: Wir haben einfach gemerkt, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag in unserer DNA als Sparkasse geholfen hat.

Für unsere Kunden sind wir einfach Partner auf Augenhöhe.

Hat von einem gewissen Zeitpunkt an Ihr “Chef”, Landrat Olaf von Löwis, interveniert? Gab es da von der Politik einen gewissen Druck, die heimische Wirtschaft stärker zu stützen?

Der Landrat mischt sich da in solche Themen des Tagesgeschäfts nicht ein. Vielleicht ist es ein Vorteil im Vergleich zu privaten Banken, dass wir gegenüber Aktionären keine Rechenschaft ablegen müssen, ob wir jetzt eine Eigenkapitalrendite von 15 Prozent oder 17 Prozent haben. Aber der politische Wille war schon da, zu sagen:

Leute, schaut, was ihr machen könnt, und lasst vielleicht bei dem einen oder anderen Thema einfach mal Fünfe gerade sein

Was heißt das konkret?

Also, wir haben Förderhilfen, kurz laufende Kredite, in Höhe von rund 250 Mio. Euro im Landkreis vergeben. Gehen Sie mal davon aus, dass wir einen Marktanteil von ca. 50 Prozent hier haben, dann können Sie es ja hochrechnen. In der Pandemie ist hier etwa eine halbe Milliarde Euro an Darlehen, also in der Regel Kurzläufer, eingepumpt worden. Und das hat uns alle neben den guten Ausgangsvoraussetzungen einer gesunden und robusten Wirtschaft gut über die Pandemie gebracht.

Harter Schnitt: Die Pandemie ist vorbei, und es geht gleich weiter im Krisenmodus. Lieferkettenprobleme, der Krieg in der Ukraine, die damit einhergehende Energiekrise – all das führt zu Inflation.

Wir haben Azubis, die haben noch nie in ihrem Leben einen Zins gesehen, ja wirklich! (lacht). Ernsthaft: Wir sehen derzeit eine krasse Bremsspur in unserem Geschäft. Das fängt mit dem privaten Wohnungsbau an. Da haben wir im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr eine Halbierung der Volumina, und so wird es voraussichtlich auch 2023 weitergehen.

Das heißt: Es gibt deutlich weniger private Bau- bzw. Kaufvorhaben?

Bei einer Kreditaufnahme von Immobiliendarlehen über zehn Jahre kam es innerhalb von wenigen Monaten zu einer erheblichen Erhöhung der Konditionen. Ende 2021 kamen bei zwei Prozent Tilgung, ein Prozent Zins obendrauf. Jetzt sind es bei gleicher Tilgung vier Prozent Zinsen, also sechs Prozent Belastung. Solche Veränderungen stressen ein durchschnittliches Einkommen schon ganz gewaltig!

Aber ist das eine so schlechte Nachricht? Bislang fehlte im Landkreis doch das Angebot an Wohnungen und Häusern? Der reinen Lehre nach müsste jetzt, wo die Nachfrage nachlässt, ja das Angebot steigen bzw. die Preise sinken?

Das stimmt schon. Und bei den privaten Bauvorhaben ist das vielleicht auch so. Der Effekt ist so noch nicht bei den großen Bauträgern angekommen, da die meist auf Basis einer anderen Kalkulation arbeiten. Die können mit höheren Zinsen besser umgehen. Aber der Effekt wird mit einer gewissen Verzögerung kommen. Eines ist klar: Die Zinsen sind gekommen, um zu bleiben: Die niedrigen Zinsen in den letzten Jahren waren eine Ausnahmeerscheinung.

Sinken also die Preise, oder dauert es einfach heute länger, bis ein Objekt einen Käufer findet?

Wir bemerken schon eine Veränderung. Bis vor kurzem hatten wir eine lange Warteliste von interessierten Käufern. Da wurden Objekte in kürzester Zeit verkauft. Das wird sich ändern. Erst bleiben sie für längere Zeit im Markt bei gleichbleibenden Preisen, dann werden sich wohl auch die Preise hier und da anpassen müssen.

Wird die Immobilienblase auch bei uns platzen?

Wird also die Immobilienblase – wie von manchen Ökonomen vorausgesagt – auch bei uns platzen?

Ich habe dazu eine andere Meinung. Für unseren Landkreis sehe ich kein Platzen einer Immobilienblase. Eher gilt: Wir konsolidieren auf hohem Niveau. Hier ist und bleibt Wohnraum knapp. Wohin soll sich der Preis bei so einem knappen Gut denn entwickeln? Eher wird aus der überhitzten Situation, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, etwas der Dampf herausgenommen. Immobilien in unserem Landkreis sind werthaltig, weil sie gesucht sind. Eines ist klar: Es wird nicht wieder zurück zur Nullzins-Zeit kommen.

Die Zinsen sind gekommen, um zu bleiben.

Das war ja eine Ausnahmesituation, die wir alle sehr gerne mitgenommen haben, und es gab ja genügend Anlagealternativen zum klassischen Sparen: eben Immobilien oder Aktien.

Was würden Sie zum Abschluss Menschen im Oberland raten, die Eigentum erwerben wollen? Warten oder zugreifen?

Man kann im Oberland mit Immobilien eigentlich nichts falsch machen. Die Preise haben langfristig nur eine Richtung, vielleicht nicht mehr in der gleichen Dynamik wie in den letzten zehn Jahren. Es kommt auf die persönliche Lebensplanung an. Die Investition in Immobilien hat ja nun auch wieder Konkurrenz bekommen. Auf risikofreie Bundesanleihen bekommen Sie mittlerweile auch wieder einen vernünftigen Zins. Aktien sind langfristig natürlich immer noch eine äußerst attraktive Anlagemöglichkeit, aber sie sind nicht für jeden Anleger das Richtige. Unser Anspruch ist und bleibt: Wir von der Kreissparkasse haben immer die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden – seien es Geschäfts- oder Privatkunden – im Blick.

Herr Dr. Mihalovits, wir danken für das Gespräch.

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