Einst kam ich an einem Haus vorbei, in der eine Frau mit einem Papagei lebte. Bei einem Fernsehauftritt mit dem Vogel erlangte sie Bekanntheit und galt als Star im Ort. Wie ist das heute?
Schöne Blumen haben sie im Rathaus
Wer im Fernsehen (Achtung, junge Leser: Zwei Hauptsender) war, galt als prominent. Irgendwie kurz vor Politiker oder Katja Ebstein. Heute ist das anders – leider. Robert Kühn, der der Eigenvermarktung sehr zugetane Bürgermeister aus Bad Wiessee, hat sich auf Instagram (Achtung, ältere Leser: Das ist dieses Ding im Netz) seine Erwähnung abgefeiert. In einer der drölfzten Quizsendungen (ZDF, “Da kommst Du nie drauf”) tauchte eine Frage auf: “Wie versucht Robert Kühn, Bürgermeister von Bad Wiessee am Tegernsee, gegen Politikverdrossenheit vorzugehen?” Ja, es war seine rote Bank, auf der er zum Ratschen und zum Selfie-Machen einlädt.
Klar, wenn man im Spätherbst des Lebens vor sich hinlebt, dann hat man sich wohl auch früher über Papageien im Fernsehen gefreut und abonniert heute noch den Merkur, dann ist das Auftauchen eines Menschen aus dem Dorf im Fernsehen eine irre Meldung. Aber heute, in einer Zeit, in der drittklassige Krimischriftsteller eigene Podcasts haben, ist so etwas für die U50 Generation eher nicht so interessant.
Überhaupt: Es sind eher die Menschen in den gedeckten Tönen, die einem joggenden BR-Moderator ein staunendes “Das ist doch der…also der…wie heißt er…genau…der Schleider…” “Nein, ach was…Scheider heißt der, Siggi.” “Nein, Stefan Schleider.”
Jüngere Menschen übersehen sogar prominente Polit-Prominenz in einem Restaurant in Bad Wiessee. Nix Autogramm, kein Foto. Prominent kann eben jeder werden. Nur einfach auftauchen – das reicht nicht. Anders hingegen wäre es, wenn neben Kühn ein Braunbär aus dem Nachbar-Landkreis auf der Bank Platz nähme. Wäre das nicht was, Herr Bürgermeister?
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