A Ruah is – grün is

von Martin Calsow

Ein langer Kommunalwahlkampf, begleitet von Skandal-Misstönen, findet sein Ende. Aufräumen ist jetzt angesagt. Der neue Landrat Wolfgang Rzehak muss beweisen, dass er das alte System nicht übernimmt, sondern Reformen sofort in Angriff nimmt. Themen wie Landnahme durch Spekulation, Überschuldung, Demografie und Verkehr sind im Tal die Herausforderungen der neuen Gemeinderäte.

Nach all dem Trubel kehrt langsam wieder etwas Ruhe ein - auch beim neuen Landrat Wolfgang Rzehak.
Nach all dem Trubel sollte nun wieder etwas Ruhe einkehren – auch beim neuen Landrat und seinen zukünftigen Mitarbeitern.

Ein Kehraus-Kommentar des Schriftstellers Martin Calsow aus Bad Wiessee:

Die Zukunft zuerst: Der Landkreis Miesbach wollte die Veränderung. Er hat sie bekommen. Im CSU-Kernland wird nun ein Grüner Landrat. Ausgerechnet. Es ist, als ob im Limburger Dom Martin Luther die Nachfolge anträte. Noch können die wenigsten Rzehaks Namen fehlerfrei aussprechen. Sechs Jahre werden wir Zeit dafür haben. Sechs Jahre, in denen auf den Verwaltungsfachwirt große Aufgaben und sicher eine illustre Schar von Heckenschützen warten.

Anzeige

Es hat sich eben für einige Wenige lange und gut im Landkreis gelebt. Das muss sich ändern, zum Wohle aller. Und an der Veränderung sollte zuallererst die CSU selbst ein Interesse haben: Mag sein, dass für die lokale CSU-Chefin Aigner derzeit das Thema Sommerzeit hohe Priorität genießt. Aber daheim in ihrem Wahlkreis wartet echte Arbeit auf sie.

Was war noch?

Gäste und Fisch stinken nach drei Tagen. Für einen Wahlkampf gilt das erst recht. Endlich. Schluss mit dem Kommunalwahlkrampf. So viel Idylle auf Wahlplakaten war selten, aber darunter roch es zuweilen derb. Dabei schien alles so schön zu werden – zumindest für die CSU!

Noch kurz nach dem Erdrutschsieg bei der vergangenen Landtagswahl konnte man mit üblichen Ergebnissen in den Rathäusern und Landratsämtern rechnen. Dann kamen Kreidls „Kleinigkeiten“ ans Tageslicht. Und die Bürger sahen erstmals in einen System-Abgrund aus Filz, Freundschaftsdiensten und Fälschungen – vorerst nur haarscharf am guten Geschmack vorbei. Und alles wurde durcheinander gewirbelt. Die Ergebnisse der Recherchen und Untersuchungen sind noch nicht alle bekannt. Nur eins vorweg: Von heute an gelten neue Regeln. Jakob Kreidl ist nun privat. Und er hat jedes Recht auf eine faire Behandlung, wie es einer Privatperson zusteht.

Zurück bleibt eine tragische Figur. Seine Verdienste, die er zweifellos hatte, werden nun für lange Zeit von seinen Verfehlungen überschattet. Ist das gerecht? Nein. Aber es ist der Mechanismus öffentlicher Beurteilung. Eine Resozialisierung im Nebel der öffentlichen Wahrnehmung ist kurzfristig kaum möglich. Aber einer der Vorzüge in Bayern ist Großzügigkeit, Milde und letztlich das Motto „Leben und leben lassen“. Das muss auch für Jakob Kreidl und vor allem für seine Familie in den nächsten Jahren gelten.

Seiteneinsteiger? Nur zu …

Ähnlich Achterbahn fuhr auch Peter Höß in Bad Wiessee. Konnte noch Ende des Jahres der Bürgermeister und sein Wiesseer Block wegen fehlender Gegenkandidaten entspannt auf den Wahltermin schauen, kam wie Kai aus der Kiste der Tagesvater Rolf Neresheimer. Dessen Sorge um ein Schwimmbad hätte Höß fast das Amt gekostet. Man mag über die unbeholfenen, skurrilen Auftritte des Politnovizen irritiert gewesen sein. Aber er hat jedem Bürger gezeigt, dass ein mutiger Einstieg in die Politik jenseits von etablierten Parteien zumindest auf kommunaler Ebene möglich ist.

Auch Josef Bogner hat das mit seinen engagierten und leidenschaftlichen Auftritten in Rottach-Egern bewiesen. Man kann den Herren nicht genug dafür danken. Der dämliche Satzanfang „Die da oben machen sowieso …“ ist damit widerlegt worden.

Unangenehm fielen allerdings im Zuge dieser lokalen Wahlkämpfe die manchmal üblen persönlichen Angriffe und Gerüchte-Streuereien im gesamten Tal auf. Das ist ein schlechtes Zeichen. So werden hoffnungsvolle Seiteneinsteiger abgeschreckt, und das Wahlvolk wendet sich angewidert ab. Es wird Zeit für Sacharbeit, jenseits der schmockigen Durchstechereien kleingeistiger Möchtegern-Politiker.

Ein Hinweis sei erlaubt: Im gesamten Tal gibt es nicht eine Bürgermeisterin, nur Herren im gesetzten Alter. Der Landrat? Grün, aber auch ein Mann. Wichtige Unternehmen wie das E-Werk oder die Sparkasse werden noch von Männern geführt. Aber erst wenn statt eines Lederhosenträgers eine Frau die Gebirgsschützen anführt, ist das 21. Jahrhundert auch im Tal angekommen.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner