Ein Kommentar von Martin Calsow:
Ab wann ist Machtmißbrauch systemisch? Mittlerweile wäre eine Abteilung nur für die CSU-Mandatsträger bei der Staatsanwaltschaft angebracht. Haderthauer, Kreidl und der Wahlbetrug in Geiselhöring. Man stelle sich ein Unternehmen vor, bei dem gegen Manager in allen Ebenen strafrechtlich ermittelt wird. Wer würde mit denen zusammenarbeiten?
Also lautet die Frage: Gehört die CSU noch zu Bayern? Und warum distanzieren sich so wenige CSUler auf allen Ebenen von den Taten ihrer Glaubensbrüder? Korruption, Nepotismus, Wahlbetrug – alles miteinander Sargnägel der Demokratie. Jeder weiß das. Sie vergiften unser politisches Klima.
Der Frust sitzt tief
Der Frust vieler Menschen gegen eine selbstzufriedene Politikerkaste vom Bürgermeister bis zum Minister ist groß. Aber statt aufzustehen, bleibt diese stille Mehrheit bei den Wahlen daheim oder mäandert gegen Schwächere durch ostdeutsche Städte. Jede Geschichte der oben genannten CSU-Oberen ist für sich geschmacklos und provinziell. Aber in ihrer kriminellen Energie, ihrer Ignoranz gegenüber ethischen Standards sind sie beispiellos.
Auch jetzt wieder: Erst wird gemauert, mit dem Einfluss heimlich, mit der Justiz offen gedroht. Dann, wenn nichts mehr geht, salami-mäßig zugegeben. Die Sache zieht sich wie ein chronischer Abszeß hin, keiner schneidet das eitrige Fleisch aus dem Körper. Wir gewöhnen uns zu sehr an diesen Zustand der Vorteilsnahme im Amt, der Manipulationen. Die Journalisten decken auf, die Justiz ermittelt, einer wird büßen. Wird schon.
Nein, wird nicht. Jeder solcher Skandale ist ein Riss in unserem Fundament des gesellschaftlichen Lebens. Misstrauen und Ablehnung bleiben zurück. Es geht eben nicht nur um die strafrechtliche Dimension des Kreidl/Bromme-Skandals. Es geht um unser Verständnis von Politik und Macht. Mit jedem Schulterzucken lassen wir es weiter zu, das sich Arroganz und Ignoranz bei den Großkopferten unserer Heimat einschleichen.
Ihr habt es selbst in der Hand
Und ja, für all jene CSU-Mandatsträger, die ihre Arbeit sauber und tadellos ausführen, mögen diese Fragen und Feststellungen generalisierend und dann auch frustrierend wirken. Nur: ihr habt das selbst in der Hand. Statt Jubel-Parteitage abzuhalten, kann jeder von Euch dort dem obersten Chef ein Bein stellen und nötigenfalls die Gefolgschaft verweigern. Mit klaren Statements der Abgrenzung zu dieser Kamarilla würdet ihr nicht nur Rückgrat beweisen, sondern auch unabhängige Politik leben.
Stattdessen schwelgen viele von euch anscheinend lieber in den Erfolgen der Vergangenheit. Denn wie ist es anders zu erklären, dass auch knapp ein Jahr nach seiner Abwahl Jakob Kreidl auf der hausinternen Internetseite noch immer als Landrat präsentiert wird? Eine offene Auseinandersetzung mit den Verfehlungen des Ex-Landrats sieht anders aus. Ein Ende der Heldenverehrung auch.
Aber noch schlimmer seid ihr, die von den Netzwerken wissen, und schweigt. Ihr beruft euch auf das „schwebende Verfahren“, auf Parteitreue und was noch nicht alles. Habt ihr mitgemacht, wisst ihr was, oder nicht? Wer jetzt den Mund hält, verzögert, vernebelt, ist ein Feind unseres Zusammenlebens.
Deckt sie auf, zeigt mit dem Finger auf sie, sagt, was ihr wisst. Das ist der Unterschied zwischen Denunziation und Aufklärung. Euer Schweigen ist eine Schande. Nur eins in eigener Sache: Wir werden nicht aufhören, jedem Hinweis nachzugehen. Das ist unser Selbstverständnis.
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