“Das Problem ist der leergefegte Immobilien-Markt”

Zum Jahresanfang war den Gmundern ein Fragebogen auf den Tisch gesegelt. Ein Projekt zur Baukultur soll gestartet werden und auch Gemeinden aus dem Tegernseer Tal können mitmachen. Hört sich erstmal gut an. Warum es trotzdem erhebliche Zweifel gibt.

Auch im Hinblick auf das neu zu gestaltende Bahnhofsareal könnte eine Teilnahme bei dem Leader-Projekt interessant sein. / Quelle: Archiv

„Baukultur ist in den letzten zehn Jahren immer mehr ins öffentliche Blickfeld gerückt. Sie wird immer mehr auch zum Standortfaktor vor allem für Regionen mit touristischer Ausrichtung. Gerade dort ist sie Teil einer nachhaltigen Qualitätssicherung.“ So heißt es in der Ideenbeschreibung zu dem EU-Förderkonzept aus dem sogenannten „Leader-Projekt“.

Angestoßen hatte das landkreisübergreifende Projekt Michael Pelzer angestoßen, der u. a. Altbürgermeister von Weayern ist. Simon Kortus, LEADER Manager und Geschäftsleiter der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) Kreisentwicklung Miesbacher Land e.V. berät bei allen Fragen zur Förderung von der Standortmarketing-Gesellschaft (SMG). Projektträger ist der Landkreis Miesbach mit den Kooperationspartnern Landkreis Bad Tölz- Wolfratshausen und dem Landkreis Rosenheim sowie den teilnehmenden Gemeinden.

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Bessere Baukultur für mehrere Landkreise

Mitmachen kann jeder Bürger – so zum Beispiel im Rahmen von Workshops. Denn ein Ziel ist es, dass die Öffentlichkeit für das Thema Bauen sensibilisiert werden soll. Erreichen wollen die Verantwortlichen eine Baukultur-Strategie für das Voralpenland, die hilft, Zielkonflikte zu vermeiden. Die gibt es zwangsläufig, wenn viele Leute bauen wollen, aber nur wenig Fläche zur Verfügung steht.

Und das möglichst landkreisübergreifend, weshalb auch Rosenheim und Bad Tölz-Wolfratshausen einbezogen werden. Die Gemeinden der Landkreise konnten sich selbst für die Teilnahme entschieden. Vorgeschlagen waren 14 Gemeinden: 5 aus Rosenheim und jeweils 3 aus Miesbach, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, dem Landkreis Rosenheim und dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen.

Kreistag stimmt zu – Schliersee ist raus – Holzkirchen macht mit

Bis zum eigentlichen Projektbeginn Anfang 2020 ist es nicht mehr weit hin. Deshalb sollte bald feststehen, welche Gemeinden letztendlich das vier Jahre währende Projekt mitmachen. Der Kreisausschuss hatte bereits seine Zustimmung bekundet.

Die Gemeinde Schliersee jedoch ist raus. Sie hatte sich zwar beworben, weil man jedoch keine freien Kapazitäten zur Mitwirkung in der Rathaus-Verwaltung sieht, hatte der Gemeinderat die Teilnahme abgelehnt. Holzkirchen hatte sich für die Teilnahme an dem Projekt ausgesprochen. Letzte Woche diskutierte man auch in Gmund, ob man nun mitmachen möchte. „Vor allem im Hinblick auf das Bahnhofsareal fanden wir es interessant“, moderierte Bürgermeister Alfons Besel (FWG) das Thema an.

Welches Bild soll Gmund abgeben?

Will man sich – betreut von einem Fachbüro – mit Themen befassen wie Siedlungsmanagement, Mobilität bis hin zu alternativen Wohnkonzepten? „Welche Leute passen zusammen – brauche ich was für Senioren oder junge Familien – bin ich mit Genossenschaften am Puls der Zeit?“ Diese Fragen stellte Besel in den Raum. Aber es gehe auch um Infrastruktur und Verkehr, Landschaftsschutz und Flächenbeanspruchung.

Mehrere Workshops sind anberaumt, für die man Kapazitäten haben müsste. Es werden aber nicht alle Gemeinden auf einmal betreut. Im ersten Jahr die erste Hälfte, dann nach und nach die weiteren. Es könne also sein, dass man in Gmund erst 2021 dran sei, so Besel.

Kosten von 20.000 Euro, verteilt auf die vier Projektjahre mit je 5.000 Euro, kämen auf die Gemeinde zu. Potential zur Teilnahme sei ein Gmund in jedem Fall vorhanden, so der Rathauschef. Bisherige Projekte glänzten durch eine rege Bürgerbeteiligung. „Wie begegnet man dem Flächenverbrauch?“ und „Was sind geeignete Wohn- und Bauformen für uns?“ Das seien die zentralen Fragen auch für Gmund.

Diskussion mit zahlreichen Zweifeln

Es sollte kein uneingeschränktes „Ja“ geben, so zeigte sich das Stimmungsbild an diesem Abend. Michael Huber (SPD) will sich nur dafür aussprechen, „wenn wirklich was Konkretes dabei rauskommt.“ Die Ziele im Konzept seien zwar alle gut, aber auch wenig greifbar für ihn. Er wünscht sich, dass schriftlich fixiert wird, dass eine örtliche Ortsgestaltungssatzung damit verknüpft wird. Außerdem auch mehr Hinweise für die Gemeinde zum Siedlungsmanagement für Einheimische. Huber:

Das Problem ist der leergefegte Immobilien-Markt.

Franz von Preysing (CSU) sah das ähnlich. Er wünscht sich mehr Rückhalt vom Landkreis: „Der muss hinter uns stehen und nicht hintenrum den Bauherren die Türen öffnen.“ Besel ergänzte, dass man es auch durchsetzen müsse: „Dann kann man dem Landratsamt gegenüber selbstbewusster auftreten, weil es auch von ihnen ein Stück weit mitgetragen werden muss.“ Wenn es nach ihm geht, soll man dabei sein, aber konkrete Ergebnisse einfordern.

Georg Rabl (FWG) äußerte erhebliche Zweifel. Vor allem weil man nicht bei der Auswahl des Fachbüros mitentscheiden könne: „Wir müssen das dann aushalten! Da müssen wir uns stark aufstellen, um nicht überfahren zu werden.“ Rabl will ausdrücklich „mitmachen, aber nur wie wir uns das vorstellen.“

Gmund macht mit

Herbert Kozemko (CSU) sprang Rabl bei und zweifelte an, ob man nicht von außen gesteuert werde und dabei noch einen Haufen Arbeit obendrauf bekomme. Er sprach sich für bestehende Partner aus und zeigte deutlich eine kritische Einstellung einem „fremden Büro“ gegenüber.

Christine Zierer (FWG) dagegen möchte dem Neuen ausdrücklich eine Chance geben: „Ein aussenstehendes Büro kann auch eine Chance sein.“ Außerdem seien ja auch die Bauamtsleiter eingebunden. „Lassen wir sie mal machen – ich bin davon überzeugt, dass was Positives dabei herauskommt.“

Zweifel offenbarten die sieben Gegenstimmen bei der Entscheidung. Doch der Weg ist frei für eine Teilnahme bei dem Projekt. Konkrete Inhalte sollen die Gestaltungssatzung sowie die Bauentwicklung sein.

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