Adieu, schöne Aussicht…

Ein riesiges Hotelprojekt nach dem anderen wurde in den vergangenen Jahren im Tal genehmigt. Gleichzeitig sorgen die immer größeren Dimensionen für lauter werdende Kritik. Jüngstes Beispiel: Das Barefoot Hotel in Bad Wiessee mit den extragroßen Maßen. Unsere Feierabend-Politiker in den Gemeinden scheint das allerdings nicht zu jucken. Was läuft da schief? Ein Kommentar.

Der Ausblick wird sich wohl bald ändern…

Ein Kommentar von Laetitia Schwende

Das war es dann wohl mit der schönen Aussicht von unserer Terrasse. Der Wallberg, wie er im Sommer im letzten Sonnenlicht erstrahlt und im Winter seinen weißen Hut zeigt – dieses Bild wird bald ersetzt durch einen überhohen Klotz, der wieder nette Touristen, vorzugsweise aus allen Ecken Deutschlands, auf der Suche nach Erholung am gar so schönen und überfüllten Tegernsee beherbergen soll. Das Barefoot Hotel in Bad Wiessee, hinter dem Til Schweiger mit seinem Namen steht, wurde als Gerüst abgesteckt, um die Dimensionierung zu veranschaulichen.

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Die Maße trafen auf einigen Widerspruch, besonders von den Anwohnern. Natürlich wird man, wie so oft, erst aktiv, wenn es einen – wie nun auch in meinem Fall beim Barefoot Hotel – selbst betrifft, aber die zunehmende Anzahl der Hotelbau-Projekte im Tal hat bei mir und vielen anderen Einheimischen schon immer für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt. Wo soll das hinführen?

Alles nicht so ganz durchdacht

Ein pseudoindividuelles Hotel- und SPA-Projekt jagt das nächste, die Akteure meistens immer schon alte Bekannte. Unter teils völlig unpassenden Mottos, wie beim genannten Beispiel Barefoot Hotel im Malibu-USA Küstenstil, wird das Gesicht des Tals immer weiter verzerrt. Äußerst nachhaltig will man das Ganze dann gestalten, mit natürlichen Materialien aus der Region, um auch ja möglichst klimaneutral zu bleiben.

Wie wäre es denn einfach mal, komplett überdimensionierte Bauprojekte zu unterlassen, die nichts weiter Positives bewirken, als den sowieso schon überreichen Investoren und eventuell der Gemeindekasse den Geldbeutel weiter aufzupolstern? Das wäre wohl die “nachhaltigste” Entscheidung.

Denn zu Ende gedacht erscheint keines von den zahlreichen Megahotels, die hier am Tegernsee entstehen. Haben wir nicht bereits jetzt ein massives Problem mit der bestehenden Infrastruktur und dem Verkehr? Besteht nicht schon jetzt ein massiver Mangel an bezahlbarem Wohnraum? Wo sollen die ganzen Angestellten denn wohnen? Müssen sie dann doch wieder pendeln und den See mit noch mehr Autos verstopfen?

Stau, Stau und Wohnraummangel

Es ist noch nicht allzu lange her, da galt noch die Regel: Am Wochenende lieber nur wenn nötig mit dem Auto raus. Jetzt steht man schon an normalen Arbeitstagen am Seeufer entlang im Stau. Die fremden Auto-Kennzeichen, die sich da meterlang aneinanderreihen, lassen bei so manch Einheimischem den Puls hochgehen. Doch die Wut setzt da an der falschen Stelle an.

Natürlich kommen Touristen, wenn sie dazu eingeladen werden und immer mehr „Lebensraum“ für sie geschaffen wird – ist ja auch wirklich schön bei uns. Aber verantwortlich für diese Magneten in Form von trendig modernen Hotelanlagen sind im Grunde genommen doch eigentlich nicht die Investoren, sondern die Ignoranz unserer Gemeinden und Tourismus-Manager?

Bad Wiessee ganz vorne mit dabei

Gerade in Bad Wiessee nimmt der Bürgermeister mit geradezu kindlicher Freude jegliche Bauvorhaben an – sei es das immer wieder wechselnde Konzept auf dem Strüngmann-Areal oder das aktuell überhohe Barefoot Hotel. „Eine tolle Chance und Modernisierung für die Gemeinde”, sieht Robert Kühn meist in den Projekten.

Man bekommt fast den Eindruck, als übernehme sich der junge Bürgermeister in seinem Bestreben, besonders neu, frisch und veränderungsgebend zu sein. Spätestens bei den nächsten bürgernahen Gesprächen auf seiner roten Bank an der Seepromenade könnte dann der Bumerang kommen – in Form von wütenden Anwohnern, denen der Verbau der Aussicht und immer noch mehr Stau einfach zu viel ist.

Viel Bla Bla und keine Handlungen

Gerade so weiter geht es bei den Verantwortlichen der TTT. Mit fadenscheinig theoretischen Aussagen zur „Bekämpfung“ des Übertourismus und marginal effektiven Maßnahmen, wie die Bewerbung für Veranstaltungen in größerer Distanz, wie Augsburg oder München einzustellen, wird versucht die aufgeregten Gemüter der Einheimischen zu beschwichtigen.

Jeder redet von Problemlösung, von einem guten Miteinander, ganz hoch im Kurs derzeit auch die Worte “Sensibilisierung” und “Aufklärung”. Passieren tut dann meistens so gut wie nichts. Denn man will ja niemanden vergraulen, ganz besonders nicht die, wenn alles nach deren Gutdünken läuft, gar so großzügigen Geldgeber.

Fest steht: Es wird immer schlimmer werden, die Überfüllung, der Verkehr, die Gereiztheit der Menschen, weil einfach alles zu viel ist. Doch bis sich etwas ändert, muss wohl, wie so oft, erst die Schmerzgrenze erreicht werden. Doch wurde die nicht schon längst überschritten?

Wie dem auch sei, ich sehe unsere Politiker in der Verantwortung- und natürlich jeden Bürger selbst mit der Wahl dieser Vertreter.

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