AfD kritisiert Holzkirchner Gymnasium

Das Gymnasium Holzkirchen organisierte für Schüler der neunten Klasse einen Workshop zu Rechtsradikalismus. Die AfD schrieb daraufhin einen Brief an die Eltern. Der Direktor weist nun alle Vorwürfe zurück – und ist geschockt.

Mit einem offenen Brief wendet sich die AfD an den Elternbeirat des Holzkirchner Gymnasiums.

Das Dritte Reich und der Nationalsozialismus sind Themen des Unterrichts in der neunten Klasse des Gymnasiums. Um auch die aktuellen politischen Entwicklungen zu thematisieren, organisierte das Holzkirchner Gymnasium für Ende April daher einen dreitägigen Workshop für die Schüler. Finanziert wurde der vom Förderverein und von den Eltern der 81 Neuntklässler.

Für den Workshop holte Fachschaftsbetreuerin Barbara Krenner das Münchner Netzwerk ‘Pastinaken’. Derzeit besteht die Gruppe aus etwa 25 jungen Politologen, Historikern, Pädagogen und Volkskundlern. Sie verstehen sich als ein Bildungs-Netzwerk, das sich der Demokratiebildung verschrieben hat und Radikalisierungs-Tendenzen in der Gesellschaft verhindern will.

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Koordiniert wird deren Arbeit von der AG Friedenspädagogik, die Stadt München bezeichnet die ‘Pastinaken’ laut Merkur außerdem als ein „ausgezeichnetes Projekt“. Sie bieten Workshops und Seminare für Projekttage und Schullandheim-Aufenthalte an. Ende April wurden nun die beiden Themen „Wir und die anderen: Argumentationstraining“ und „Rechte Subkulturen“ am Gymnasium Holzkirchen behandelt.

AfD wendet sich an Elternbeirat

Sowohl Krenner als auch Schuldirektor Axel Kisters informierten im Vorfeld alle Eltern in einem Schreiben über den Workshop, dessen Themen und die Dozenten. „Auf den Brief hin gab es keine Rückmeldung der Eltern, geschweige denn Kritik“, so Kisters gegenüber dem Merkur. Das war vor den Osterferien.

Doch in diesen zwei Wochen wurde die AfD auf das geplante Projekt am Holzkirchner Gymnasium aufmerksam. Constantin Prinz von Anhalt-Dessau, Vorsitzender des AfD-Kreisverbands Oberbayern-Süd, schrieb am letzten Ferientag – einen Tag vor Workshop-Beginn – einen offenen Brief an den Elternbeirat, die Schulleitung wie auch das Kultusministerium.

In dem Schreiben zweifelt er den Leumund der ‘Pastinaken’ an und bringt das Netzwerk mit linksradikalen Gruppen in Verbindung. Er wendet sich direkt an die Eltern der Neuntklässler:

Wollen Sie Ihre Kinder im Rahmen der normalen Schule politisch einseitig indoktrinieren lassen?

Fast zeitgleich springt ein ähnlich politisch-motiviertes Onlineportal auf den Zug auf. Die Internetseite thematisiert des Öfteren die vermeintliche Verharmlosung linksradikaler Kräfte und spricht in diesem Zusammenhang ebenfalls den Fall am Holzkirchner Gymnasium auf. Auch das wird im Schreiben der AfD für deren Argumentation genannt.

Eine eigene Meinung bilden

Direktor Kisters ist erschüttert: „Das sind schwere Vorwürfe und sie gehen alle in Leere“, erklärt er gegenüber dem Merkur. Daher holte er sich Unterstützung im Kultusministerium, ließ sich von der Stadt München eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für die ‘Pastinaken’ geben und setzte sich selbst in den Workshop für Schüler.

Es fand hier absolut keine politische Beeinflussung statt. Vielmehr ging’s darum, wie man sich eine eigene Meinung bildet und radikales Gedankengut erkennt.

Dass der Schwerpunkt auf Rechtsradikalismus lag, sei dem Lehrplan geschuldet. „Nächstes Jahr geht’s um RAF-Terror, dann wird Linksradikalismus beleuchtet“, so Kisters. Die Kritik der AfD sei daher haltlos.

Auch der Elternbeirat reagierte auf das Schreiben. Vorsitzender Joachim Widmann nahm ebenfalls einen Tag lang an einem der Workshops teil, um sich ein Bild zu machen. „Das war alles sauber.“ Rechtsradikale Gewalt sei in der Gesellschaft derzeit präsent, „da ist es gut, wenn Jugendliche ein Gespür dafür bekommen“, so Widmann gegenüber dem Merkur. Außerdem habe die AfD in ihrem Schreiben mit Fake-News und zweifelhaften Quellen gearbeitet. „Eltern sollen manipuliert werden.“

Aufmerksamkeit für den Wahlkampf

Widmann wünscht sich dennoch für die Zukunft, dass der Elternbeirat bei derart sensiblen Themen früher eingebunden wird. Schulleiter Kisters weist jedoch darauf hin, dass die Schule einem Bildungsauftrag verpflichtet sei und man dazu die Eltern nicht um Erlaubnis fragen muss. Und dennoch habe man im Vorfeld ausführlich über den Workshop informiert.

Mich erschüttert, dass solche politischen Gruppierungen jetzt offenbar in Schulen hineinwirken wollen.

Christoph Rössler, Koordinator der ‘Pastinaken’ berichtet, dass das Netzwerk seit vier Jahren an Schulen arbeitet – doch Kritik aus politischen Lagern gab es bisher nie. Wundern tut es ihn allerdings nicht. Die im AfD-Brief genannten angeblichen Verbindungen zu staatsfeindlichen oder linksradikalen Gruppen seien altbekannte, aber haltlose Vorwürfe aus der rechten Szene. „Wir sind im Wahlkampf – die AfD will Aufmerksamkeit generieren“, so Rössler abschließend.

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