Heute nun wurden vor dem Miesbacher Amtsgericht schließlich die Urteile gegen die drei Angeklagten gefällt. Während zwei von ihnen straffrei bleiben, sprach der Richter einen 24-Jährigen schuldig.
Nach über fünf Stunden und diversen Zeugenaussagen war die Verhandlung gegen die drei Beklagten am 9. Oktober noch vertagt worden. Vor allem die Tatsache, dass es kaum verwertbare Beweise gibt, die die Beschuldigten eindeutig mit dem Brand in Verbindung bringen, sorgte für einen ungewissen Prozessfortgang.
Heute stand im Rahmen des zweiten Prozesstages die Befragung weiterer Zeugen im Mittelpunkt. Doch auch sie konnten keine entscheidenden Erkenntnisse liefern. Der ehemalige Arbeitgeber eines 23-jährigen Rottachers bestätigte zwar, dass er als einer der Angeklagten am Tatabend bis 24 Uhr in seinem Restaurant gearbeitet hatte.
Da der Brand jedoch erst einige Stunden später gegen halb vier ausbrach, konnte diese Aussage den Beschuldigten nicht entlasten. Am Ende wurde die Beweisaufnahme schließlich geschlossen, und Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten die Gelegenheit für ihre Schlussplädoyers.
Staatsanwaltschaft ist sich sicher
„Ich habe keine Zweifel daran, dass die Angeklagten den Brand fahrlässig verursacht haben“, betonte der Staatsanwalt. Diese Einschätzung stütze er im Wesentlichen auf das von einem der Beschuldigten gegenüber der Polizei abgegebene Geständnis. Demnach ist der 24-Jährige am Tatabend zusammen mit einem 33-jährigen Münchner und dem 23-jährigen Rottacher in einer Diskothek in Rottach-Egern gewesen.
In der Diskothek sollen die drei dann den Entschluss gefasst haben, auf dem Aldi-Parkplatz einen Joint zu rauchen. Der 24-Jährige selbst sei zu diesem Zeitpunkt schon sehr betrunken gewesen und habe große Erinnerungslücken. Vor Ort sei den Beschuldigten, so die Aussage des 24-Jährigen gegenüber der Polizei, dann kalt geworden. Daher entzündeten sie mithilfe eines Stapels Zeitungen ein Feuer.
Das griff jedoch bald auf die Lärmschutzwand des Supermarktes über und führte später zu dem Vollbrand des Gebäudes. Die drei Männer trennten sich daraufhin und liefen nach Hause. Seinen Fluchtweg konnte der 24-Jährige indes ganz genau beschreiben und zeichnete ihn den Beamten im Rahmen des Verhörs sogar auf. Der Staatsanwalt war sich daher heute sicher:
Ohne dieses Geständnis wäre man wohl nicht zu einer Anklage gekommen.
In seinen Augen enthält die von dem 24-Jährigen abgegebene Aussage Täterwissen, wie beispielsweise die genaue Ausbruchstelle des Brandes. Auch der geschilderte Verlauf des Feuers stimme mit dem Brandgutachten überein.
Dass der Beschuldigte sein Geständnis jedoch erst nach einem kurzen Aufenthalt in einer Arrestzelle abgegeben hatte, war dagegen für die Staatsanwaltschaft kein Problem. Die Polizei hatte den Beschuldigten nach ersten widersprüchlichen Angaben auf dem Revier in einer Zelle in Gewahrsam genommen und ihm gleichzeitig die Möglichkeit verweigert, zu telefonieren. Für den Staatsanwalt sei das Vorgehen der Polizei allerdings nicht zu beanstanden.
Nur so konnte verhindert werden, dass der Beschuldigte in Kontakt zu den anderen Angeklagten trat und sich mit ihnen absprach.
Nach einem kurzen Aufenthalt in der Arrestzelle entschloss sich der Angeklagte dann doch zu einer Aussage und gestand die Tat. Auf Nachfrage des Polizisten soll er dann auch die Beteiligung der beiden anderen Angeklagten bestätigt haben.
Der Staatsanwalt forderte daher für die beiden heute 23- und 24-jährigen Rottacher eine Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Da der ebenfalls auf der Anklagebank sitzende 33-jährigen Münchner schon vor dem Brand im Jahr 2009 zu einigen Bewährungsstrafen verurteilt worden war, sah die Anklage für ihn eine Strafe von zwei Jahren ohne Bewährung als angemessen an.
Verteidigung fordert Freispruch
Die Anwälte der Beklagten sahen das jedoch anders und plädierten in allen drei Fällen auf Freispruch mangels klarer Beweise. “Es ist nicht unsere Aufgabe, die Unschuld der Beklagten nachzuweisen, die Staatsanwaltschaft muss ihnen die Schuld belegen”, betonte Silke Beinroth, die Anwältin des 23-jährigen Rottachers.
Und objektive Beweise gäbe es eben nicht, machte der Anwalt des 33-Jährigen deutlich. Nach Ansicht der Verteidiger stützt sich die Anklage vor allem auf Vermutungen und Gerüchte, die einzelne Zeuginnen bei der Polizei und vor Gericht geäußert hatten. Frank Zahnert, der Anwalt des 24-jährigen Rottachers, betonte deshalb:
Es gilt hier noch immer der Grundsatz: im Zweifel für die Angeklagten.
Besonders die Aussage der Exfreundin des 23-jährigen Rottachers sei von Widersprüchen geprägt, so die Anwältin weiter. Besagte Exfreundin, mit der der 23-Jährige zur Tatzeit liiert gewesen war, hatte 2011 bei der Polizei eine in Teilen andere Aussage gemacht als vor einigen Tagen im Gerichtssaal.
Geständnis ungültig?
Zudem merkten die Verteidiger auch Fehler in der Polizeiarbeit an, durch die das Geständnis des 24-jährigen Rottachers zustande gekommen war. “Von der Vernehmung gibt es weder ein wörtliches Protokoll noch eine Tonbandaufnahme”, so Frank Zahnest, der Anwalt des 24-Jährigen. Der Hauptkommissar hatte den Vernehmungsverlauf nur sinngemäß schriftlich zusammengefasst und das in der Verhandlung am 9. Oktober auch vor Gericht bestätigt.
“Wir können also nicht nachprüfen, ob alles auch so gesagt wurde”, so Zahnert weiter. Neben dem Vernehmungsprotokoll existieren heute nur noch ein handgeschriebener Zettel des Beklagten und eine Skizze, auf der er die Umgebung und die genaue Ausbruchstelle des Brandes beschreibt.
Um ein endgültiges Urteil fällen zu können, zogen sich der zuständige Richter Klaus-Jürgen Schmid und die beiden Schöffen schließlich zu einer 30-minütigen Beratung zurück. Am Ende kamen sie zu folgendem Schluss: Der geständige 24-Jährige wurde auf Basis seines Geständnisses zu 100 Sozialstunden verurteilt. Dazu Richter Klaus-Jürgen Schmid:
Bei einer Vernehmung zwei Jahre nach der Tat ist es schon bemerkenswert, dass der Beklagte den Brandverlauf und die Ausbruchstelle des Feuers exakt so beschreiben kann wie es ein Sachverständiger auch nachgewiesen hat.
Da der Beklagte das Geständnis jedoch von sich aus abgelegt hatte, zur Tatzeit stark unter Drogeneinfluss stand und zuvor noch nicht straffällig geworden war, sah der Richter von einer härteren Bestrafung ab.
Die anderen beiden Angeklagten wurden hingegen freigesprochen. Nach Ansicht des Richters gelang es der Staatsanwaltschaft nicht, den beiden eine Beteiligung an der Tat zweifelsfrei nachzuweisen. Anders als der 24-Jährige, hatten die beiden anderen Beschuldigten die Tat stets bestritten und waren auch vor Gericht zu keiner Aussage bereit.
Am Ende steht mit 100 Sozialstunden auf der einen und zwei Freisprüchen auf der anderen Seite also ein relativ mildes Urteil zu Buche. Da dem 24-Jährigen neben den 100 Sozialstunden auch die Kosten des Verfahrens und die alleinige Schuld am Ausbruch des Feuers zugesprochen wurde, könnte auf ihn allerdings eine erhebliche finanzielle Belastung zukommen. Denn vor Schadenersatzforderungen für die verursachten Brandschäden wird er wohl nicht gefeit sein.
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