Hotelprojekte im Tegernseer Tal haben zwei hervorstechende Eigenschaften: Sie kommen in die Welt, mit viel Marketing Tamtam, um kurz darauf das ein um das andere Mal verschoben zu werden. Vielfacher Grund: Investoren-Wunsch trifft auf Politik-Realität. Das mussten gestern wieder die Macher des Almdorf-Projekts in Tegernsee erleben. Sie präsentierten ihre neuen Tektur-Vorschläge. Kam so mittel an.
Ein Tekturantrag ist ein Änderungswunsch für ein bereits genehmigtes Bauvorhaben. Bei Hotelbauten ist das nicht unüblich. Neue Marktbedingungen, ein zusätzlicher Investor, Kostenentwicklungen – es gibt genug Gründe für einen Bauträger sein Vorhaben mit Änderungen zu belegen. Dumm nur, dass diese Änderungen von kommunalpolitischen Gremien begutachtet werden – und im Zweifel abgelehnt werden.
Im Bauausschuss Tegernsee ging es um das Almdorf, ein Hotelprojekt auf dem Gelände des ehemaligen Café Bergschwalbe, hoch oben über der Stadt am Ostufer. Die Tegernseer Ernst Tengelmann Projekt GmbH hatte vor vielen Jahren das 4500 Quadratmeter große Gelände teils in Erbbaurecht, teils in Eigentum erworben. Hier sollten Erholungssuchende in mehreren Häusern urlauben können – oder wie es der Bauträger nahezu lyrisch auf seiner Website formuliert: “Das Almdorf Tegernsee wird ein Sehnsuchtsort für Genießer mit Lust auf Natur. Wer hier wohnt, kann alle Elemente genießen. Sonne, herrliche Bergluft, duftende Wiesen, Wälder und reines Wasser.” Allein – es wird noch dauern mit diesem Genuss.
Geplant waren 76 Betten in 21 Wohneinheiten (auf der Website der Firma ist noch von 80 die Rede), gruppiert in zehn Häusern um einen Natur-Badeteich, dazu Gastro und Personalappartements. Auch eine Tiefgarage soll in das abfallende Gelände am Fuße der Neureuth gegraben werden. Das war die Idee im letzten Jahr.
Gestern aber kam der Bauwerber mit neuen Ideen. Die Bettenzahl soll um über 20 Prozent auf 50 Betten reduziert werden, hinzu kamen neue Ideen über größere Terrassen mit integriertem Whirlpool und Außendusche sowie eine neue Aufteilung der Häuser, nichts Bewegendes. Aber: Es war eben nicht der erste Änderungswunsch. Das Almdorf beschäftigt den Stadtrat bzw. Bauausschuss schon seit Ewigkeiten, Bürgermeister Johannes Hagn hat das Projekt an der Neureuthstraße 60 vom Vorgänger geerbt. Immer wieder wurde neu entworfen, neu eingereicht. Das war nun den geduldigsten Räten im Bauausschuss zu viel. Rudi Gritsch von der CSU sah die Gefahr einer möglichen Bauruine, wollte wissen, wer denn nun hinter dem Hotelprojekt stünde, das der Bauträger ja nur entwickle.
Skepsis auch bei den anderen Kollegen. Generell kamen Bedenken ob der Wirtschaftlichkeit des Objekts. Mit dieser Bettenzahl sei doch ein wirtschaftlicher Erfolg nicht zu erzielen, so der Tenor des Gremiums. Steht da am Ende nicht ein Objekt, das vom Hotel dann zu schlichten Eigentumswohnungen umgewandelt werden kann? Der Bürgermeister widersprach, zum einen gäbe es einen städtebaulichen Vertrag mit der Firma. Wenn also nicht fristgerecht mit dem Bau begonnen werde, hätte das grundsätzliche Konsequenzen. Zum anderen hätte die Stadt bei der Umwandlung von einem Hotel zu Wohnungen das alleinige Entscheidungsrecht. Das ginge nicht so einfach. Die Änderungswünsche seien allesamt nicht schwerwiegend anders, glichen in einigen Punkten einem Nullsummenspiel. Weniger Betten würden auch zu weniger Verkehr und Belastungen führen.
Gleichwohl konnten sich die Ausschuss-Mitglieder nicht zu einem Durchwinken des Tekturantrags entscheiden. Er wurde abgelehnt. Es ist also wieder ein Hotelprojekt, bei dem der Baubeginn in weite Ferne gerückt ist. Ist die Zeit der Traumschlösser am See vielleicht bald vorbei? Der Markt hat sich gedreht. Zinsen sind nicht mehr günstig zu bekommen, Baustoffpreise sind noch immens hoch. Es wird nicht leichter für die Verkäufer von “Sonne, herrlicher Bergluft, duftender Wiesen, Wälder und reinem Wasser…”
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