„Ein Armutszeugnis, alles auf die Bahn zu schieben“

Eine Podiumsdiskussion zu den Ausfällen der Bayerischen Oberlandbahn während des Katastrophenfalls im Januar sollte gestern Mittag in Gmund stattfinden. Gekommen waren aber weder Verantwortliche der BOB, noch der Bahn. Allein Heino Seeger als Chef der Tegernsee Bahn stand Rede und Antwort. Mit Kritik sparte er nicht.

Die FWG traf sich gestern zum Kommunalpolitischen Frühjahrsempfang. Hauptthema: das BOB-Chaos.

„Das Chaos bei der BOB während der schneereichen Wochen zu Beginn des Jahres wäre vermeidbar gewesen.“ Dieses Fazit zog Heino Seeger, Geschäftsführer der Tegernsee Bahn, auf einer Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft Schienenverkehr“. Zu der Veranstaltung, die im Rahmen des Frühjahrsempfangs der Freien Wähler in Gmund stattfand, waren zwar alle Landräte der umliegenden Landkreise und etliche Bürgermeister gekommen, nicht aber Verantwortliche von BOB und Deutscher Bahn.

Unwidersprochen blieb daher auch das Urteil Seegers, der als ehemaliger Geschäftsführer der BOB über einen reichen Erfahrungsschatz verfügt: „Es ist ein Armutszeugnis der BOB-Manager, auf der Bahn rumzuhacken.“ Die Geschäftsleitung der Bayerischen Oberlandbahn hatte im Rahmen eines Krisengipfels jüngst zwar Fehler eingeräumt, beispielsweise das Fehlen „eines Managementplans bei Großstörungen“, im Wesentlichen die Schuld aber auf das Deutsche-Bahn-Netz geschoben. BOB-Chef Fabian Amini vertrat die Auffassung, „dass für jährlich zehn Millionen Trassenerlöse, die an die Bahn gehen, ein anständiger Winterdienst zu erwarten ist“.

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Mit eigenen Loks die Strecke frei gehalten

Seeger, der die Geschäfte der BOB zwischen 1999 und 2013 leitete, kennt die Schwächen des Bahnnetzes: „Dass die Bahn erst die Hauptstrecken und dann den Hauptbahnhof in München fahrbereit hält, ist wirklich schon sehr lange bekannt. Darauf muss man eingestellt sein.“ Die Gleise der Tegernsee Bahn wären während der anhaltenden Schneefälle jedenfalls fahrbereit gewesen. „Wir haben einfach frühzeitig dafür gesorgt, dass wir im Krisenfall gut aufgestellt sind.“

Weder BOB noch DB-Vertreter kamen der Einladung der Freien Wähler nach / Foto: Sandra Freudenberg

Seeger hatte zu seiner Zeit bei der BOB zwei Lokomotiven angeschafft, die bei starkem Schneefall in der Nacht die Strecke abfuhren und damit frei hielten. Bei Bedarf war eine Lok mit Schneepflug unterwegs. Die Deutsche Bahn übernahm damals die Kosten für den Einsatz und war dankbar für die vorausschauend geleistete Unterstützung.

Führungsriege ohne Fachkompetenz

Kreisbrandmeister Anton Riblinger hatte laut eigener Aussage der BOB während der Chaostage Hilfe angeboten. „Wir sind zwar nicht der Hausmeister der Bahn, aber wir hätten geholfen, die Weichen zu enteisen.“ Auf sein Angebot habe er von Seiten der BOB aber keine Antwort erhalten. Fachmann Seeger war zudem der Meinung, dass „die Weichen nur liegend gestellt sein müssen, dann kann der Schneedruck ihnen weniger anhaben“. Die BOB hätte dies nur an die Fahrdienstleiter weitergegeben müssen. Zwar könne die BOB den Fahrdienstleitern der DB keine direkten Anweisungen erteilen. Empfehlungen auszusprechen sei jedoch durchaus möglich.

Die Weichen sollten außerdem in den Hauptfahrtrichtungen liegen bleiben. Sie sollten bei großem Schneefall, wenn von oben mehr Schnee auf die Weichen fällt als von unten die Weichenheizung freitauen kann, nicht mehr gestellt werden müssen. “Dann ist das kleinere Übel das Umsteigen der Fahrgäste, weil dann das Kuppeln und Flügeln in den jeweiligen Stunden aufgegeben werden muss. Aber wichtig ist, dass die Züge fahren und die Menschen nach Hause oder in die Arbeit oder Schule kommen”, ist sich Seeger sicher.

Die Ursache für die Fehler sieht Seeger „im Mangel an Fachkompetenz in der Führungsetage: Die sparen die kompetenten Leute weg, auch in der Werkstatt in Lenggries.“ Für den Eisenbahner vom Tegernsee ist dies die falsche Philosophie. Am wichtigsten sei, „dass die Bahn auch fährt, wenn sie fährt“. Nur so lasse sich das Vertrauen der Fahrgäste aufrechterhalten.

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