Knapp 700 Kilometer trennen Köln von Holzkirchen. Ist das weit? Kommt auf die Perspektive an. Auf die reine Wegstrecke reduziert: ja. Bei dem, was in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof passiert ist, wohl kaum. Jetzt hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger die neuesten Zahlen zu den Übergriffen in der Silvesternacht vorgelegt.
Wie Focus Online berichtet, sind die bislang 30 Tatverdächtigen allesamt nordafrikanischer Abstammung, 15 davon Asylbewerber. Informationen wie diese werden allerdings gerne auf andere Migranten übertragen.
Die Aufregung in Deutschland ist dabei noch immer ungebrochen, seit bekannt wurde, dass etwa 1000 Männer vermutlich arabischer Herkunft Frauen in Köln umzingelten und zum Teil beraubten und sexuell belästigten. Die Vorbehalte gegen Asylbewerber sind seitdem nicht weniger geworden. Wie soll man mit dieser neuen Situation umgehen?
Vertrauen schaffen durch Gespräche
Bürger, aber auch die Ehrenamtlichen der Helferkreise stellen sich seit den Vorfällen Fragen wie diese. Deutlich wird: Endgültige Antworten, eine Art Masterplan, gibt es nirgends. Wohl aber Reaktionen und den Ansporn zu handeln. Erste vorsichtige Maßnahmen wurden bereits in einigen Gemeinden in die Wege geleitet. Sie sollen das Zusammenleben zwischen Deutschen und Flüchtlingen noch einmal klarer definieren – aber auch mögliche Missverständnisse von vornherein ausschließen, wie das Beispiel Holzkirchen zeigt.
“Die Ehrenamtlichen und die Integrationsbeauftragten der Gemeinde führen, speziell mit den jungen Männern, viele Gespräche über den Umgang mit Frauen in Deutschland, über unsere Werte und Gesetze”, erklärt Ewgenia Boger, Beauftragte der Öffentlichkeitsarbeit im Holzkirchner Rathaus.
Den Flüchtlingen sei durchaus bewusst, welche Konsequenzen auf unrechtmäßiges Verhalten folgen würden, so Boger weiter. Doch wie gehen die Asylbewerber mit der Situation um? Wie fühlen sich die Unschuldigen, die doch unbewusst von vielen durch die Vorfälle in der Silvesternacht beurteilt werden? Boger erklärt:
Die Asylbewerber sind wütend und traurig über die vorgefallene Situation und haben das Gefühl, dass auch auf sie Rückschlüsse gezogen werden.
Der Holzkirchner Helferkreis steht in ständigem Austausch mit den Asylbewerbern – und mit anderen Helferkreis im Landkreisgebiet. Die Ehrenamtlichen sehen die gemeinsamen Gespräche als Basis einer funktionierenden Integration, wie Boger berichtet: “Von Anfang an wird mit ihnen über die Gleichberechtigung der Frauen und über adäquates Verhalten Frauen gegenüber und viele weitere Themen gesprochen.” Das Fazit lautet daher: Vertrauen schaffen durch Gespräche. Damit sei man bisher auch erfolgreich, so Boger.
Der Helferkreis in Valley ist mit den bisherigen Integrationsmaßnahmen ebenfalls zufrieden. Wie auch die anderen Helferkreise hat man mit den Flüchtlingen über die Vorfälle in Köln gesprochen. “Sie haben anfangs nichts von den Vorkommnissen gewusst. Doch dann haben sie sich selbst informiert und waren entsetzt”, so Thomas Zetterer, Sprecher des Helferkreises.
Als Unterorganisationen des Helferkreises Asyl im Landkreis Miesbach stehen die Helfer zudem im ständigen Austausch und beraten über ihr Vorgehen. Ein Asylbewerber habe sich auch auf Facebook von den Ereignissen distanziert und sein Entsetzen ausgedrückt, so Zetterer. Der Helferkreis betreut fast ausschließlich junge Männer. “Dabei kam es noch zu keinerlei unangenehmen Situationen. Unsere weiblichen Helfer fühlen sich sicher”, erklärt er.
Waakirchen: Vortrag zum Thema Werte
Auch im benachbarten Tegernseer Tal reagiert man auf die Vorkommnisse an Silvester: „Aktuell tragen wir Informationen für einen Vortrag zusammen. Darin wollen wir den Asylbewerbern unsere gesellschaftlichen Werte und Wertevorstellungen vermitteln. Ein weiter inhaltlicher Bestandteil soll der Stand der Frau in unserer Gemeinschaft sein“, sagt Silvia Hartl, Integrationsbeauftragte der Gemeinde Waakirchen und Sprecherin des Helferkreises.
Anfangs initiierte Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel, dass man als Frau nicht ohne Begleitung in die Halle gehen solle, seien ihrer Meinung nicht erforderlich. „Ich gehe da auch alleine rein und ich kann Ihnen sagen: Ich habe kein schlechtes Gefühl dabei oder gar Angst.“
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