Auch der Rottacher Radwan verdient dazu

Jeder vierte Bundestagsabgeordnete hat eine bezahlte Nebentätigkeit neben seinem Mandat als gewählter Volksvertreter. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Otto-Brenner-Stiftung hervor. Gerade im Landkreis Miesbach ist man jedoch sensibel geworden, was Politiker und deren Einkünfte angeht.

Wir haben daher die Einkommen der Abgeordneten des Wahlkreises, Klaus Barthel und Alexander Radwan, unter die Lupe genommen. Vor allem letzterer darf sich über ein üppiges Zusatzgehalt freuen.

Mindestens jeder vierte Bundestagsabgeordnete hat einen Nebenverdienst. Bild: Jürgen Matern/Wikipedia
Mindestens jeder vierte Bundestagsabgeordnete hat einen Nebenverdienst / Bild: Jürgen Matern/Wikipedia

631 Abgeordnete sitzen im vor sechs Monaten neu gewählten Bundestag. Mindestens 123 von ihnen beziehen nach eigenen Angaben 1.000 Euro oder mehr an Nebeneinkünften im Monat. Wer im Jahr unter 1.000 Euro monatlich oder unter 10.000 Euro jährlich dazuverdient, muss das überhaupt nicht angeben.

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Und dabei sollte man eigentlich meinen, dass die durchschnittliche Diät in Höhe von 99.024 Euro brutto im Jahr, die jeder Abgeordnete für seine Aufgabe als Volksvertreter erhält, gut ausreicht, um über die Runden zu kommen. Trotzdem haben einige Abgeordnete ein Zubrot, das bei Weitem ihr reguläres Gehalt übersteigt.

Spitzenverdiener Gauweiler

Spitzenreiter ist der CSU-Politiker Peter Gauweiler. Laut abgeordnetenwatch.de hatte der Rechtsanwalt allein in den ersten fünf Monaten der Legislaturperiode zusätzliche Einkünfte von 509.000 Euro. Auch sonst sind Unionspolitiker in diesem Ranking fast geschlossen auf den ersten Plätzen zu finden. So folgen Albert Stegemann mit 290.500 Euro und Hans Michlbach (beide CDU) mit 250.000 Euro auf den nächsten Rängen. Erst auf Platz neun rangiert mit Achim Post (SPD) der einzige Nicht-Unionspolitiker unter den ersten 10. Der SPDler kassierte 75.000 zusätzlich.

Wie die Otto-Brenner-Stiftung in ihrer aktuellen Studie „Aufstocker im Bundestag“ herausgefunden hat, lassen sich 43 Prozent aller CSU-Politiker im Bundestag für ihre Nebenjobs bezahlen. Dahinter folgen die CDU (29 Prozent), SPD (19 Prozent), Linke (15 Prozent) und schließlich die Grünen mit elf Prozent. Welcher Abgeordnete wie viel verdient, lässt sich auf der Homepage des Deutschen Bundestages einsehen. Dort hat jeder Abgeordnete in seinem Profil seine Einkünfte offengelegt. Völlig transparent ist die Auflistung allerdings nicht, sondern nach einzelnen Einkommensstufen zwischen 1.000 und mehr als 250.000 Euro codiert.

Radwan: Abgeordneter und Anwalt

Auch der Rottacher Alexander Radwan, seit dieser Legislaturperiode CSU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis 224 und damit auch fürs Tegernseer Tal, hat auf seiner Homepage einige Tätigkeiten angegeben. Zum einen sind hier seine Aufgaben als Parlamentarier zu nennen. So sitzt Radwan im Ausschüssen für Äußeres, für Vereinte Nationen und Internationale Organisationen sowie im Finanzausschuss.

Zudem ist er unter anderem für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und den Bayerischen Sparkassenverband tätig. Außerdem sitzt Radwan künftig im Miesbacher Kreistag und engagiert sich in zahlreichen Vereinen.

Doch damit nicht genug. Darüber hinaus ist Radwan auch weiterhin als Anwalt für die Münchner Kanzlei GSK Stockmann & Kollegen tätig. Radwan erhält dort im Monat von der Kanzlei und zwei Mandanten Zuwendungen der Stufe 1 (Einkünfte über 1.000 bis 3.500 Euro), sowie der Stufe 2 (von 3.551 bis 7.000 Euro).

Alexander Radwan ist der CSU Bundestagsabgeordnete für das Tegernseer Tal. Auch er hat einige Nebentätigkeiten. Archivbild
Alexander Radwan ist der CSU-Bundestagsabgeordnete für das Tegernseer Tal. Auch er hat einige Nebentätigkeiten / Archivbild

Konservativ gerechnet hat Radwan damit allein in den ersten fünf Monaten seit der Wahl mindestens 30.000 Euro brutto zusätzlich zu seiner Abgeordnetendiät verdient. Setzt man die Summe im oberen Bereich an, könnten es sogar 83.982 Euro sein. Die komplette Abrechnung der zusätzlichen Zuwendungen läuft über die Kanzlei GSK.

Damit befindet sich Radwan zwar nicht im Kreis der Spitzenreiter, verfügt aber so oder so über einen gewissen Bonus. Für Martin Reyher von abgeordnetenwatch.de ist das deutlich zu viel:

In der Zeit, die Herr Radwan als Anwalt aufwendet, steht er nicht als Volksvertreter zur Verfügung.

Und auch aus der Sicht der Otto-Brenner-Stiftung sind „Bezahlte Nebentätigkeiten letzten Endes ein Betrug am Wähler – weil dieser damit nicht die versprochenen ‘100 Prozent Volksvertreter’ bekommt“, so lautet die Kernthese der vor wenigen Tagen veröffentlichen Studie „Aufstocker im Bundestag“.

Alexander Radwan sieht das hingegen anders: „Die von mir für meine Nebentätigkeiten aufgewendete Zeit ist nicht fix und beeinträchtigt daher meine Tätigkeit als Abgeordneter des Deutschen Bundestages in keiner Weise“, erklärt Radwan auf Nachfrage.

Er habe sowohl in seiner Zeit als Abgeordneter des Europäischen Parlaments, des Bayerischen Landtages und auch jetzt im Deutschen Bundestag stets angegeben, dass er anwaltlich tätig sei, so Radwan weiter. Zudem sieht Radwan es als wichtig und richtig an, dass Abgeordnete nicht reine „Berufspolitiker“ sind, sondern ihre als Mandatsträger benötigte Expertise auch im Berufsleben sammeln.

Wie Seilschaften entstehen können

Für Reyther von abgeordnetenwatch.de ist das allerdings nur die eine Seite der Medaille. Er kritisiert, dass man nicht wisse, für welche Mandanten Herr Radwan arbeite und aus welcher Branche diese kommen. Dass hier schnell Verwicklungen oder Abhängigkeiten entstehen können, zeigt das folgende Beispiel: Aufgrund der deutlichen Kritik an der Sponsoring-Praxis hat die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee im März eine Anwaltskanzlei damit beauftragt, die internen Vorgänge in der Bank lückenlos aufzuklären.

So hatte die Sparkasse unter anderem die Geburtstagsfeier von Noch-Landrat Jakob Kreidl (CSU) mit 77.000 Euro unterstützt. Mit der Untersuchung wurde die Kanzlei GSK Stockmann & Kollegen beauftragt. Jenes Anwaltsbüro also, für das auch Radwan tätig ist. Dieser ist derzeit aber noch immer kommissarischer Kreisvorsitzender der Miesbacher CSU. Anfang April hatte Sparkassen-Pressesprecher Peter-Friedrich Sieben einen Zusammenhang zwischen der politischen Tätigkeit Radwans und seiner Tätigtkeit für GSK gegenüber der Tegernseer Stimme allerdings zurückgewiesen:

Herr Radwan war weder in die Vergabe des Mandats an GSK, noch in die Untersuchungen involviert.

Die Kanzlei Stockmann sei aufgrund ihrer großen Erfahrung in den Rechtsgebieten Compliance, Bankaufsichtsrecht und Unternehmensintegrität beauftragt worden, so Sieben weiter. Und auch Alexander Radwan selbst erklärt: „Ich bin weder in der Akquise, noch an der Untersuchung beteiligt gewesen. Über den Verlauf der Untersuchung habe ich keinerlei Informationen.“

Ob das in der Tat so ist, lässt sich allerdings nur schwer nachprüfen, zumindest ein fader Beigeschmack bleibt trotzdem.

„Mehr Fachwissen vorhanden“

Anders als Radwan geht der andere Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises, Klaus Barthel (SPD), mit Nebeneinkünften um. „Außer seiner Aufgabe im Kreistag von Bad Tölz-Wolfratshausen hat Herr Barthel keinerlei bezahlte Nebentätigkeiten“, betont Roland Fischer aus dem Wahlkreisbüro des Abgeordneten.

Barthel ist seit 1994 Mitglied des Deutschen Bundestages und sitzt derzeit unter anderem im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Zudem ist er im Beirat der Bundesnetzagentur und Mitglied der Deutsch-Brasilianischen Gesellschaft in Berlin.

Auch in unserem Wahlkreis zeigt sich also der bundespolitische Trend, den auch die Otto-Brenner-Stiftung in ihrer aktuellen Studie aufzeigt. Während CSU-Abgeordnete weniger Hemmungen mit dem Thema Nebeneinkünften haben, sind Abgeordnete der SPD zumindest etwas zurückhaltender. Der Rottacher Alexander Radwan erklärt dies allerdings folgendermaßen:

Ich halte es für sehr wichtig, dass somit im Bundestag auch Unternehmer, Selbstständige und Landwirte vertreten sind. Wir brauchen deren Expertise im Bundestag ebenso wie die von Krankenschwestern und Beamten.

Wenn dann diejenigen Abgeordneten, die die höchsten Nebeneinkünfte haben, der zahlenmäßig größten Fraktion angehörten, dann sei offensichtlich auch das Fachwissen in dieser Fraktion am höchsten, so Radwan abschließend.

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