Der größte Verein im Tal: Mittwochs ist immer Stammtisch und die Hütte ist voll – auf 1.299m

Mittwochnachmittag. Es ist kalt. Es regnet. Sollen wir jetzt auf die Auer-Alm oder nicht? Lieber kurz beim Hüttenwirt anrufen, ob heute Abend überhaupt was los ist.

„Bei uns ist voll. Außer es sagen noch welche ab – ansonsten haben sich drei Stammtische mit insgesamt 30 Mann und weitere Gäste für später angekündigt“, so Jens Kästner, seit einigen Jahren Pächter und Wirt der Almhütte.

Wir gehen also los: Eine Stunde Fußmarsch ab dem Sonnenbichl-Parkplatz am Zeiselbach entlang. Bis wir da sind, sind wir pitschnass. Und tatsächlich – die Auer-Alm ist voll! Es riecht nach Essen. Schweißgeruch liegt schwer in der Luft. Und einen freien Tisch direkt am Karmin gibt es auch noch. Glück gehabt.

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„Da dürft ihr euch nicht hinsetzen“, ruft uns Wirt Jens mit sächsischem Akzent aus seiner Küche hinterher: „Da sitzt nachher der Stammtisch des Auer-Alm-Vereins!“ Wie jeden Mittwoch.

„Lieber Auer-Alm-Vereinsgründung als DAV-Eintritt“

„Magst du Mitglied beim Deutschen Alpenverein werden?“, wurde Josef Prestel vor über zwölf Jahren gefragt. „Nein! Aber wenn es einen Auer-Alm-Verein geben würde – in den würde ich eintreten.“ Gesagt, getan, und so ließen sich die acht Stammtischfreunde Stift und Papier reichen und setzten eine Gründungsurkunde auf. Es war – wie sollte es anders sein – ein Mittwoch. Der 18. Februar 1998. Und es passierte „eigentlich aus dem Spaß heraus“.

„Mei, waren des damals noch Zeiten, als die Sparkasse und mein Elektrogeschäft mittwochs immer früher geschlossen hatten. Da hamma no viel öfters Zeit g’habt, um auf’d Auer-Alm zu geh’n“, erzählt Prestel. Das erklärt auch, warum der Stammtischtag gerade auf den Mittwoch gelegt wurde.

2.800 Mitglieder – ein Präsident – viel Prominenz

Heute, fast 13 Jahre später, ist aus der „Gaudi“ ein über 2800 Mitglieder großer Verein geworden, dem einige Prominenz und Politiker, wie z. B. Ilse Aigner, angehören. Aigner war sogar schon bei der Hauptversammlung, die jedes Jahr am 10.10. um 10.10 Uhr beginnt.

„Wenn es mal 30 Mitglieder werden, dann haben wir schon was erreicht“, lacht Vereinsvorsteher Prestel. Das dachten die Gründer zumindest am Anfang. Überzeugt davon, ein „bedeutender Verein zu sein“, waren sie trotzdem. Darum hat der Auer-Alm-Verein auch keinen Vorstand, sondern einen Präsidenten. Im Vereinsregister eingetragen wurde er aber nie.

5 Euro (oder früher 10 Mark) beträgt der Vereinsbeitrag. Die Hälfte davon geht bis heute an die Bergwacht. So wie 1998 beschlossen. Mit der Bergwacht konnte mittlerweile sogar ein „Auer-Alm-Vereinsbonus“ ausgehandelt wurde. Auer-Alm-Vereinsmitglieder werden bevorzugt gerettet und behandelt.

„Mit der Wasserwacht stehen wir derzeit in ähnlichen Verhandlungen“, scherzt Prestel und spielt auf Unfälle an, die der Bergwacht oder der Wasserwacht gleichzeitig gemeldet werden.

Das restliche Geld wird nach bestimmten Auswahlkriterien an Rettungsorganisationen, Behinderteneinrichtungen oder jugendfördernde Vereine oder Institutionen in Form von Sachspenden gestiftet. Nur ein kleiner Teil bleibt für die Mitglieder: auf der Hauptversammlung bekommt jeder ein Getränk und eine Kleinigkeit zu essen.

Geburtstagskarten und die Vereinshymne als Klingelton

Oft wurde Prestel schon gefragt: „Wie habt ihr das nur gemacht? 2.800 Mitglieder zu finden?“ Seine Antwort ist ganz einfach: „Wem schaden schon 5 Euro im Jahr – und das Ganze kommt darüber hinaus einem guten Zweck zugute.

Aber in der Form, wie es wir mit dem Auer-Alm-Verein geschafft haben, das wird es so kein zweites Mal geben.“ Nach einer kurzen Pause lacht er und scherzt:

„Wisst Ihr, vielleicht sind es auch die Geburtstagskarten, die jedes Mitglied zu einem Runden bekommt. Mir ist in Reutberg mal einer untergekommen, der hat seinen Freunden vollmundig erzählt, er hätte mit Absicht ein falsches Geburtsdatum in seinem Auer-Alm-Vereins-Mitgliedsantrag angegeben, und ein paar Wochen später lag eine Glückwunschkarte von uns in seinem Briefkasten.“

Plötzlich ertönt irgendwoher aus dem Speiseraum der Auer-Alm bayerische Musik. Prestel zückt sein Handy aus der Tasche und meint: „Des hat halt auch nur der Präsident des Auer-Alm-Vereins – die eigene Vereinshymne als Klingelton … Bis bald. Ich muss es packen.“

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