Aufnahmestopp in Seniorenresidenz

Nicht nur die Bundesregierung beklagte jüngst den Mangel an ausgebildeten Altenpflegekräften. Auch in der Seniorenresidenz Wallberg in Rottach-Egern wirkt er sich praktisch aus. Seit 1. Juli besteht dort ein Aufnahmestopp für weitere Senioren.

In der Rottacher Seniorenresidenz Wallberg sind derzeit zu wenig ausgebildete Pflegekräfte vorhanden, so dass keine neuen Bewohner aufgenommen werden können.
In der Rottacher Seniorenresidenz Wallberg sind derzeit zu wenig ausgebildete Pflegekräfte vorhanden, so dass keine neuen Bewohner aufgenommen werden können.

Zunächst war es nur ein Gerücht, das die Tegernseer Stimme erreichte. Doch weitere Recherchen untermauerten den Verdacht. Freimütig räumt der Betreiber des Altenheims, Peter Wisgott, ein, dass seit Anfang Juli keine weiteren pflegebedürftigen Menschen mehr in seinem 100-Betten-Haus aufgenommen werden dürfen. So laute der Bescheid der Heimaufsicht des Landratsamtes.

„Stationäre Pflegeeinrichtungen müssen nach den geltenden Bestimmungen eine Fachkraftquote von mindestens 50 Prozent einhalten. Hilfskräfte dürfen – ohne Rücksicht auf deren Herkunftsland – bei der Berechnung der Fachkraftquote nicht berücksichtigt werden“, teilt die Fachaufsicht auf Anfrage mit. Und damit hapert es bei Wisgott derzeit, der ausdrücklich betont:

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Wir haben keinen Pflegeskandal. Aber wir haben momentan genau 50 Prozent an Pflegekräften und können deshalb seit 1. Juli keine weiteren pflegebedürftigen Menschen mehr aufnehmen.

Durch persönliche Veränderungen zweier Mitarbeiterinnen sei diese Situation entstanden. „Doch inzwischen haben wir wieder zwei examinierte Pflegekräfte einstellen können, so dass ab 1. September wieder neue Heimbewohner aufgenommen werden können“, so Wisgott. Da grundsätzlich auf diesem Sektor ein Fachkräftemangel bestehe, sei es schwer, schnell gleichwertigen Ersatz zu finden. In diese Situation komme laut Wisgott jedes Heim einmal.

Heimaufsicht fordert mehr Fachkräfte

„Wenn ich derzeit weitere Senioren aufnehmen würde, würde ich mich nach dem Heimgesetz strafbar machen“. Diese vorgegebenen mindestens 50 Prozent an Fachkräften würden sich an den Pflegestufen im Altenheim orientieren. Würde er dies ignorieren, „müsste ich mit einer Strafe der Heimaufsicht von bis zu 5.000 Euro rechnen“.

Das Landratsamt macht für sich geltend, dass neben „den turnusmäßigen Prüfungen, die Personalstruktur der Einrichtungen im Landkreis Miesbach vierteljährlich geprüft wird“. Dies gelte auch für die Seniorenresidenz Wallberg, die hinsichtlich Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität mindestens einmal jährlich geprüft werde. „Zuletzt durch die Heimaufsicht am 09.12.2015“, so Pressesprecher Gerhard Brandl.

Die letzte Prüfung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MdK) sei laut AOK am 01. Juni erfolgt. Nicht mitgeteilt wird, ob es bei den Prüfungen Beanstandungen gegeben habe. Dies betreffe „interne Angelegenheiten zwischen dem Pflegeheim und dem Landratsamt“ und könne nicht mitgeteilt werden.

Peter Wisgott bekommt derzeit keine ausgebildeten Pflegekräfte / Archivbild
Peter Wisgott fehlten ausgebildeten Pflegekräfte / Archivbild

Sein Dilemma begründet Wisgott mit dem Pflegenotstand, weil niemand mehr diesen Beruf ausüben wolle. Er räumt ein, „dass der Beruf für seine körperliche wie physische Belastung schlecht bezahlt wird und ein schlechtes Image hat“. Dafür würden auch die Medien sorgen, die immer nur über Skandale in Pflegeheimen berichten würden, aber kaum über den Alltag.

Das Pflegepersonal, das sich in der Öffentlichkeit wie Schwerverbrecher dargestellt sieht, stehe ständig unter Druck, wenn Kontrollen kämen. Noch steht Wisgott beim AOK-Ranking der Pflegeheime mit „sehr gut“ da. Ein anderes im Tal hat nur die Note „gut“. Will Wisgott diese Position halten, muss er zwangsläufig in mehr examinierte Fachkräfte investieren. Für den ausgebildeten Altenpfleger steht fest: „Pflegen kann nicht jeder, das müsse man aushalten können“.

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