Aus Angst vor Begehrlichkeiten

Sieg für die Gemeinde Otterfing: Eine 434 Hektar große Fläche im Hofoldinger Forst hat der Kreisrat mit knapper Mehrheit zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Niederlage für die Privatwaldbesitzer: Sie fühlen sich in ihrem Eigentum beschränkt.

Das neue Schutzgebiet im Hofoldinger Forst umfasst 434 Hektar. / Quelle: Landratsamt

Das Ja zum Landschaftsschutzgebiet fiel mit 27 zu 25 Stimmen knapp aus. Otterfings Bürgermeister Jakob Eglseder (CSU) hatte vor der Abstimmung noch einmal für eine Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes gedrängt. Damit solle seine Kommune vor den Begehrlichkeiten Dritter geschützt werden, so Eglseder.

Immer wieder hätte es in den vergangenen 50 Jahren Planungen diverser Art gegeben – vom Flughafen über einen Autorastplatz bis hin zum Kiessabbau. Als Landschaftsschutzgebiet wolle die Gemeinde das Waldgebiet als Erholungsfläche für die Nachwelt erhalten.

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Waldbesitzer sehen ihr Eigentum in Gefahr

Sehr zum Leidwesen der Privatwaldbesitzer. Denn die sehen das gar nicht gern, wenn man ihr Hab und Gut beschränkt, und ihnen ein Landschaftsschutzgebiet „überstülpt“. Die CSU-Fraktion hatte deshalb gefordert, das Schutzgebiet zunächst auf die Staatsforsten zu beschränken.

Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider (CSU) erklärte, seine Fraktion verstehe zwar, was Otterfing mit der Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets bezwecke, im Vordergrund stünde aber der „Schutz des Eigentums“. Viele Landwirte hätten in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht, wenn es beispielsweise um FFH-Gebiete (Flora-Fauna-Habitat) gehe.

SPD-Fraktionssprecher Martin Walch sah keinen Sinn darin, zwischen privaten und staatsforstlichen Flächen zu trennen.

Wenn der Wald schon geschützt wird, dann der ganze.

Nachteile für die Forstwirtschaft sah er keine. Förster und Waldbesitzer Gerhard Waas (Grüne) konnte das nur unterstreichen: „Ich habe in dreißig Jahren keinen Waldbesitzer erlebt, der in seiner Nutzung eingeschränkt gewesen wäre.“ Und er betonte: Das Schutzgebiet sei eine Schranke gegenüber Dritten.

CSU-Kreisrätin und Ortsbäuerin Maria Dießl (CSU) sprach stellvertretend für 150 Waldbesitzer. „Viele wissen gar nicht, dass ein Landschaftsschutzgebiet über sie gestülpt wird.“ Außerdem seien die Waldbesitzer viel zu spät informiert worden. Erst kürzlich habe sich die Staatsregierung im Pakt für land- und forstwirtschaftliches Eigentum zu den Bauern bekannt.

„Vor wem wird die Landschaft geschützt“, fragte sie provokativ. „Wir brauchen keinen Schutz. Wir schützen unsere Wälder selbst. Die Eigentümer müssen geschützt werden.“ Das fand auch Grundstücksbesitzer Johann Hacklinger (CSU). Eigentum müsse ein hohes Gut sein. Dass 60 Mitglieder des Kreistags einen Beschluss über die Eigentümer fassen, das „traue“ er sich nicht zu.

Mit knapper Mehrheit dafür

Michael Lechner (FWG), Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung, stützte sich auf das Bayerische Waldgesetz. Es sei „modern und abgewogen“, weshalb seiner Ansicht nach die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets völlig unnötig sei. Holzkirchens Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) gab zu Bedenken, dass bei Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets für eine Fläche zwei Behörden zuständig seien: Die Forstverwaltung und das Amt für Umwelt. Er sprach von einer „Aufmotzung der Bürokratie“, weshalb er sich nur schweren Herzens entscheiden könne.

Im Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltung stimme er deshalb „nur knapp“ dem Otterfinger Bürgermeister Jakob Eglseder zu. Bevor sich die Kreisräte letztendlich mit knapper Mehrheit für eine Ausweisung des Schutzgebiets aussprachen, hatte Robert Wiechmann, Förster und Grünen-Kreisrat, erklärt: „Es gibt keinen Nachteil für die Waldbesitzer – und keine sachlichen Argumente gegen eine Ausweisung.“ Das Einzige, was dagegen spreche, seien Befürchtungen. An der Bewirtschaftung der forstwirtschaftlichen Flächen ändere sich nichts.

Windrad-Idee wird zurückgestellt

Aus Angst vor „Begehrlichkeiten Dritter“ hatte die Gemeinde Otterfing im September 2014 die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets im Hofoldinger Forst beantragt. Einen Monat später beschloss der Kreistag eine „einstweilige Sicherstellung“. Im Mai 2016 wurde die Sicherstellung um weitere zwei Jahre verlängert.

Diese erneute Verlängerung lag darin begründet, dass zeitgleich darüber nachgedacht wurde, im Hofoldinger Forst Windräder aufzustellen. Zwei Drittel der im geplanten Schutzgebiet liegenden Flächen wären davon betroffen gewesen. Eine Standortprüfung ergab, dass nur ein Standort in diesem Gebiet in Frage gekommen wäre.

Dieser Standort ist nun in der Planung unter der folgenden Bedingung ausgeklammert worden: Sollte langfristig doch ein Windkraftstandort in besagtem Schutzgebiet ins Auge gefasst werden, wird diese Fläche eben aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen. Und auch nur, wenn es ausreichend Wind gibt, und die Anlagen sich rentieren. Dem Landkreis Miesbach gehören 11,5 Prozent des Forstes, dem Landkreis München 88,5 Prozent.

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