Aus Eins mach Drei

Die Flächen in Rottach-Egern werden durch Investoren immer weiter zugebaut, ohne dass die Gemeinde etwas dagegen unternehmen kann. Denn im Zweifel gilt die Bayerische Bauordnung und nicht die Satzung der Gemeinde, sodass diese Interessen oft hinten anstehen müssen.

Denn wie ein aktuelles Beispiel aus der Baumgartenstraße zeigt, hat hier das Landratsamt das letzte Wort.

Auf einen Grundstück in der Baumgartenstraße entstehen auf engstem Raum drei Wohnhäuser. Die Gemeinde ist machtlos.
Auf einem Grundstück in der Baumgartenstraße entstehen auf engstem Raum drei Wohnhäuser. Die Gemeinde sieht das kritisch.

Obwohl Rottach seit über 30 Jahren kein neues Bauland mehr ausgewiesen hat, sieht man sich einer zunehmenden Flächenverdichtung ausgesetzt. Aus den unterschiedlichsten Gründen können und wollen viele, die in Rottach-Egern ein Haus erben, es nicht weiter behalten und sehen sich daher nach einem Käufer um. Da sie einen möglichst hohen Preis erzielen wollen, bieten sie das Grundstück oft Bauträgern und externen Investoren an. Diese kaufen das Anwesen und reißen es meistens ab.

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Das Ziel „maximaler Profit“ bedeutet in der Realität: Dort, wo bislang ein einzelnes Haus stand, werden mehrere Häuser oder möglichst viele Eigentumswohnungen errichtet. „Das Problem ist, dass Bauträger die vorhandenen Flächen immer weiter verdichten”, erklärte Rathauschef Franz Hafner am 10. April auf der Rottacher Bürgerversammlung.

Fügt sich das Bauvorhaben auch in die Nachbarschaft ein, muss die Gemeinde in fast allen Fällen eine Genehmigung erteilen. Die Bauträger versuchen dabei meistens, die vorhandene Ortssatzung so weit wie möglich auszureizen. „Gegen Bundesrecht ist unsere Satzung sowieso null und nichtig”, so Hafner schon im März 2013.

Landratsamt sitzt am längeren Hebel

Denn ausschlaggebend für eine gültige Baugenhemigung ist die Bayerische Bauordnung. Wird ein Antrag bei der Gemeinde eingereicht, kann der Gemeinderat zwar darüber beraten und abstimmen, entscheidend ist sein Votum aber nicht. Das endgültige Urteil fällt das Landratsamt in Miesbach. Als zuständige Baugenehmigungsbehörde kann es die Entscheidung der Gemeinde ersetzen. Oft kommt es dann zu Unstimmigkeiten zwischen den Kommunen und dem Kreisbaumeister im Landratsamt.

Ein aktuelles Beispiel bietet sich derzeit in der Baumgartenstraße. Auf dem großzügigen Grundstück stand früher ein Einfamilienhaus. Das wurde vor Jahren jedoch abgerissen. Nun entstehen dort ein Mehrfamilien- und zwei Einfamilienhäuser mit zwei Stockwerken und Dachgeschoss. Der Gemeinde Rottach ist das allerdings ein Dorn im Auge. „Die Gemeinde hatte zunächst wegen der zu dichten Bebauung des hinteren Hauses das Einvernehmen verweigert”, erinnert sich der Rottacher Bauamtsleiter Walter Hübsch.

Den Verantwortlichen im Rathaus war der Bau in dieser Lage zu massiv. Doch wie unschwer zu erkennen ist, darf das sogenannte „Baumgartenchalet“, wie es vom zuständigen Rottacher Immobilienmakler genannt wird, dennoch gebaut werden.

Rottach fühlt sich im Stich gelassen

Der Grund: Das Landratsamt Miesbach war anderer Meinung als der Gemeinderat und ersetzte die Rottacher Entscheidung kurzerhand. Das Landratsamt war der Auffassung, dass die Bebauung entlang der Bundesstraße prägend für dieses Grundstück ist. „Diese ist bereits sehr massiv. Daher hat man daraus einen Bebauungsanspruch abgeleitet“, so Hübsch weiter. Und auch die Sprecherin des Landratsamts, Gabriele Dorby, erklärt, dass die Zustimmung erfolgte, da die Prüfung durch das Bauamt und den Kreisbaumeister ergeben habe, dass die geplante Bebauung nicht zu dicht sei und sich damit in die Umgebungsbebauung einfüge.

In Rottach hingegen findet man, dass der Bau in der Baumgartenstraße als gesondert zu betrachten ist, da die Bebauung in den Augen der Verantwortlichen an der Bundesstraße eben nicht ausschlaggebend sei. Letztlich musste man sich der übergeordneten Behörde in Miesbach allerdings fügen.

So sah das Grundstück auf der Baumgartenstraße früher aus. Bild: Hans Jürgen Menge
So sah das Grundstück in der Baumgartenstraße früher aus. Jetzt enstehen dort drei große Häuser.

In der Gemeinde fühlt man sich im Stich gelassen. Der scheidende Bürgermeister Franz Hafner hatte daher bereits vergangenes Jahr mehr Rückendeckung vom Kreisbaumeister gefordert. Doch wie es scheint, bleibt das ein frommer Wunsch der Gemeinde. Die zunehmende Bauwut war daher auch ein wichtiges Thema im Kommunalwahlkampf.

So warf in der Stichwahl der parteifreie Bürgermeisterkandidat Josef Bogner den Verantwortlichen vor, zu wenig gegen die zunehmende Bauwut und die immer größer werdende Flächenverdichtung im Ortsgebiet zu unternehmen. Und auch der neue CSU-Bürgermeister Christian Köck betonte immer wieder, dass er mit dem Landratsamt den Dialog suchen wolle, damit solche Entscheidungen nicht mehr gegen die Gemeinde gefällt werden.

Gemeinden wehren sich

Dass es auch in den anderen Talgemeinden zuweilen Streit mit dem Landratsamt gibt, was die Auslegung der Bauvorschriften betrifft, zeigt ein Fall in Kreuth aus dem vergangenen Jahr. Ein Bauherr hatte ein Haus im Ortsteil Point 35 Zentimeter höher gebaut, als ursprünglich von der Gemeinde genehmigt. Das Landratsamt sah darin, anders als die Kreuther, jedoch kein Problem für das Ortsbild und genehmigte den Bau gegen den Willen der Gemeinde. Kreuth wollte sich damit jedoch nicht abfinden und hat das Landratsamt verklagt. Das Gerichtsverfahren läuft noch, das Ergebnis bleibt offen.

In Bad Wiessee hingegen hat man sich für eine radikalere Variante entschieden. Da man keinen anderen Ausweg sah, will man nun einen Großteil des Gemeindegebietes mit Bebauungsplänen versehen. Denn dann kann das Landratsamt die Entscheidung der Gemeinde nicht mehr einfach ersetzen. In Rottach ist diese Lösung allerdings rechtlich schon nicht möglich, da es kaum homogene Gebiete gibt, die Voraussetzung für einen Bebauungsplan wären. Hier ist man also weiterhin auf das Wohlwollen des Landratsamtes angewiesen.

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