Aus Platzmangel zur Steuerspitze

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts müssen alle Tal-Gemeinden ihr Modell zur Zweitwohnungssteuer ändern. Mittlerweile haben das auch alle einheitlich getan. Alle, bis auf die Tegernseer. Denn der Stadtrat beschloss gestern einstimmig, dieses Modell nicht anzuwenden.

Die Stadt Tegernsee hat Platzprobleme. Und will über die Zweitwohnungssteuer neuen Wohnraum für Einheimische schaffen.

Wie berichtet, kämpften die Gemeinden Bad Wiessee und Schliersee bis vor dem Bundesverwaltungsgericht für das bisherige Stufenmodell der Zweitwohnungssteuer. Allerdings ohne Erfolg: im Dezember 2017 kam das BVG zu dem Urteil, dass das siebenstufige Modell nicht mit dem Verfassungsgrundsatz der gleichmäßigen Besteuerung nach Leistungsfähigkeit vereinbar wäre.

Damit mussten sowohl Bad Wiessee als auch Schliersee ihren Ansatz zur Besteuerung überarbeiten. Und nicht nur die, auch alle anderen Gemeinden haben in den vergangenen zwei Monaten ihr Modell angepasst. Talweit wurde unter den Kämmerern der fünf Gemeinden, das besagte Stufenmodell in ein lineares Modell umgewandelt. Konkret bedeutet das: Der Steuerpflichtige, der eine Zweitwohnung am Tegernsee besitzt, soll künftig zwölf Prozent von der Netto-Jahres-Kaltmiete als Zweitwohnungssteuer abgeben.

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Tegernsee schert aus talweitem Modell aus

Doch diese zwölf Prozent sind der Stadt Tegernsee zu wenig. So entschied der Stadtrat gestern, dass man rückwirkend zum 1. Januar 2018 einen Zweitwohnungssteuersatz von 20 Prozent erheben werde. Das sind acht Prozent mehr als die vier anderen Gemeinden beschlossen haben. Die 20 Prozent bedeuten in der Spitze eine Steigerung der Belastung von über 150 Prozent für einige Mieter der Zweitwohnungen. Alleine 572.000 Euro Einnahmen kamen beim bisherigen Steuersatz für Tegernsee zusammen.

Doch eine deutliche Steigerung der Einnahmen, sei trotzdem nicht erwartbar, wie Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn bei der gestrigen Stadtratssitzung erklärte. Man werde vielmehr noch intensiver mit den Finanzbehörden zusammenarbeiten müssen, um die Abgabe zu kontrollieren. Die Mehreinnahmen dürften daher zu einem Gutteil durch die Kontrollen und den steigenden Verwaltungsaufwand aufgefressen werden.

Dabei betonte Hagn, dass man sich die Entscheidung nicht einfach gemacht habe. Man verfolge als Stadt allerdings ein wichtiges Hauptanliegen, und das sei bezahlbaren Wohnraum für Einheimische zu schaffen. Die Zweitwohnsitze würden mittlerweile fast ein Fünftel der Wohnungen in Tegernsee ausmachen. Das Problem sei, dass die Stadt sich – im Gegensatz zu anderen Gemeinden wie Gmund oder Rottach-Egern – aufgrund der bergseitigen Lage, nur schwerlich ausbreiten kann.

“Mit dieser Steuer wollen wir steuern”

Damit gebe es auch nur begrenzt Mögichkeiten, neuen und vor allem bezahlbaren Wohnraum auf den Markt zu bringen. Die Zweitwohnungssteuer sei daher, so Hagn, für die Stadt die Chance, lenkend einzugreifen. So habe es in den letzten Jahren eine weitere Zunahme der Zweitwohnungen in Tegernsee gegeben. Und das sei “eindeutig auf Kosten des lokalen Wohnungsmarktes erfolgt”. Hagn betonte:

Wir werfen keine Würfel, sondern haben das alles umfassend geprüft. Aber unser Ziel ist ganz klar: wir wollen mehr Wohnungen für unsere Bürger.

Eine Sicht, die vom gesamten Stadtrat fraktionsübergreifend befürwortet wurde. So erklärte Andreas Obermüller (FWG): “Mit dieser Steuer wollen wir steuern. Und das wird mit dieser deutlichen Erhöhung erst möglich.” Und CSU-Stadtrat Bernhar Mayer stimmte von der anderen Seite des Tisches zu und betonte: “Wir haben die Grünflächen nicht, um Tegernsee zu vergrößern. Die 20 Prozent sind ein richtiges Zeichen.”

Einzig Thomas Mandl erklärte im Hinblick auf das von allen Gemeindekämmerern ausgehandelte Modell in Höhe von zwölf Prozent: “Ich hätte gerne eine taleinheitliche Steuer gehabt”. Ein Argument, das Hagn mit dem Hinweis auf die talweit unterschiedliche Handhabe bei der Fremdenverkehrsabgabe und den Gewerbesteuersätzen entkräftete. Die Zusammenarbeit unter den Gemeinden im Tegernseer Tal sei eher zufälliger Natur. Und im vorliegen Fall auch sachlich überhaupt nicht begründbar. Der Stadtrat stimmte Hagn zu und am Ende einstimmig für das neue Tegernseer Modell.

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