Der Golfclub in Bad Wiessee braucht Wasser für seine Rasenfläche. Der Speichersee im nördlichen Bereich muss gefüllt werden. Dafür braucht der Club das Wasser aus dem Breitenbach. Aber der Gemeinderat stellt sich quer – wohl nicht nur aus Naturschutzgründen …
“Abschlag mit Aussicht” – so wirbt der 1959 gegründete Tegernseer Golfclub (TGC) in Bad Wiessee für seinen 18-Loch-Platz. Zwischen Breitenbach und Holz liegt das Gelände und bietet in der Tat einen schönen Blick über den Tegernsee.
Wasserzoll oder Wasserverschwendung?
“Das teils anspruchsvolle und bewegte Gelände verlangt ein strategisches Spiel und stellt für Golfer jeder Klasse eine abwechslungsreiche Herausforderung dar”, schreiben die Golfer weiter über den Platz. Und damit sind unter anderem viele Quadratmeter Grünfläche gemeint. Kein Golfer spielt auf verdorrtem Rasen. Grün braucht also Wasser. Viel Wasser. Der Wasserverbrauch für einen 18-Loch-Platz in Mitteleuropa, der während der Sommermonate gewässert werden muss, liegt typischerweise bei etwa ca. 35.000 m3 pro Jahr. Nun haben wir in unseren Breiten immer genug Regen gehabt. Der TGC hat 2020 den Platz noch einmal modernisiert, Drainagen legen lassen, die das von den Bergen kommende Wasser unter anderem in einen Speicherteich am Nordende fließen lassen.
Aber vor drei Jahren war der Sommer über Wochen auch hier bei uns trocken. So sehr, dass die Bäche kaum noch Wasser führten, der Speichersee fast trocken lief und der Club Wasser bei der Gemeinde kaufen musste.
Denn die Kommune sitzt auf einem reichen Schatz. Hochbehälter am Bucherhang und an der Prinzenruh und weitere Quellen im Söllbachgebiet versorgen die Gemeinde mit reichlich Wasser.
Auf diesen Einkauf will der Club verzichten. Nicht weit vom Areal entfernt fließt der Breitenbach in West-Ost-Richtung durch Bad Wiessee in den Tegernsee. Die Wassermengen, die er transportiert, sind immens und mit dem Zeiselbach weiter südlich zu vergleichen. Der Club möchte eine Leitung vom Bach Richtung Norden zum Speicherteich legen lassen.
Wer darf das Wasser haben?
Aber ist das denn rechtlich möglich? “Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern erfordern stets eine wasserrechtliche Erlaubnis, sobald Pumpen zum Einsatz kommen”, schreibt es das Umweltministerium in Bayern vor. Der Club hatte beim Landrastamt als Genehmigungsbehörde angefragt, die wiederum die Fachbehörden hinzuzog. So wurde auch Wasserwirtschaftsamt angefragt. Die Behörde hat keine Einwände, wie sie uns gegenüber mitteilt. Sieht es jetzt sehr gut für eine Entnahme aus? Es gibt einen Schönheitsfehler. Die Leitung müsste über gemeindliches Gebiet gelegt werden. Und hier stellt sich die Kommune quer. Einstimmig hat man wohl im Rat gegen dieses Vorhaben gestimmt, wie zu hören ist. Eine Wasserentnahme aus einem Wildbach könne “das Biotop Breitenbach, so glaubt man, im Unterlauf massiv schwächen. Man verweist auf die Vorteile der Entnahme aus gemeindeeigenen Quellen. Man habe deutlich mehr Reserven. Zudem traue man nicht der Selbstkontrolle durch den Club.
Der hat einen im Tegernseer Tal durchaus bekannten Experten hinzugezogen: Der Ingenieur Rasso Bumiller hat diverse Bodengutachten zu Bauten, privat wie auch öffentlich, im Tal erstellt. Er kennt die Beschaffenheit der Region.
Trinkwasser für Rasenflächen?
“Wir haben mit dem Klimawandel ein Problem für solche Flächen wie den Golfplatz bekommen. Schon vor Jahren habe ich für den Platz in einem der zufließenden Bäche ein Thomson-Wehr errichten lassen. So konnten wir sehen, dass die Mengen zuweilen immer kleiner werden, nicht mehr ausreichen für die Füllung des Speichersees. Es brauchte eine Alternative. Wir wollen bewusst auf das Wasser der Gemeinde verzichten. Denn das ist Trinkwasser!” Damit hat er einen Punkt. In Zeiten knapper Wasserressourcen in einigen Teilen des Freistaats mutet es dekadent an, wenn Trinkwasser hektoliterweise über den Rasen gesprengt wird. Nun passiert das meist auch, wenn wir auf die Toilette gehen, duschen oder Wäsche waschen. Aber hier ist das schon nah am Begriff der großen Verschwendung, möchte man meinen. Die Gefahr für den Breitenbach sieht Bumiller nicht. “Schauen Sie: Zum einen sind die Auflagen durch das Wasserwirtschaftsamt sehr klar: Wir müssen jede Entnahme dokumentieren. Zudem hat der Club kein Interesse, zu viel Wasser zu entnehmen. Genau dafür ist der Speicherteich ja da.” Das heißt: Der Teich soll rechtzeitig aufgefüllt werden, um in trockenen Zeiten das Bachbiotop nicht zu gefährden.
Wenn die das dürfen, dann …
Man kann das Dilemma in vielfältiger Form beschreiben. Da ist eine Gemeinde, die mittels des Wegerechts quasi einen Wasserzoll durch die Hintertür erhebt: Kauf mein Wasser, und wir halten still. Da ist der Golfclub, der mit dem Trinkwasser-Argument natürlich auch massiv Kosten sparen will. Im Gemeinderat Bad Wiessee sitzen auch Landwirte, die gern Wasser aus Bächen entnehmen würden. Die finden die Wasserleitung aus dem Breitenbach nicht statthaft. Nun ist ein Golfclub ein Sportverein wie jeder andere auch. Die einen schlagen mit einem Stöckchen gegen ein Bällchen, die anderen mit dem Fuß gegen einen Kunststoffball. Braucht man das? Ja, wenn man Sport auch als weiteres Angebot für Einwohner und Touristen sieht. Oder die Wasserentnahmen in Ostin, am Hirschberg oder in der Spitzingseeregion. Wasser aus Quellen und Bächen ist kein Luxus-Wunsch eines prominenten Golfclubs am Westufer des Tegernsees. Und genau deswegen braucht man es nicht: Nein, sagen jene, die diese großflächige Veränderung von Natur aus ideologischen Gründen ablehnen. Aber in der Konsequenz müsste das auch für unsere Skigebiete gelten.
Am Ende bleibt erst einmal ein Wege- und nicht ein Wasserrechtsstreit, den man bei einem guten Essen im Golfclub abschlagen könnte.
SOCIAL MEDIA SEITEN