„Meines Wissens haben noch keine Arbeiten im Haus stattgefunden“, erklärte Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) im Oktober auf TS-Anfrage. Denn eigentlich sollten bereits Anfang 2018 etwa 40 Flüchtlinge im früheren Drei-Sterne-Hotel in Seelage einquartiert werden. So war der Plan im Juli. Damals hieß es bereits, die vorbereitenden Maßnahmen wie der Antrag auf Nutzungsänderung, der Brandschutznachweis und der Eingabeplan für den Umbau seien schon angelaufen. Zu sehen ist bis dato davon nichts.
Doch für das Landratsamt ist „der Baufortschritt beim Bastenhaus in Tegernsee erfreulich“, wie Pressesprecher Birger Nemitz, anders als der Bürgermeister, ebenfalls vor zwei Monaten verkündete. Wenngleich Nemitz im nächsten Satz einräumen musste, dass „wir nun bald mit der Ausschreibung der Aufträge für die Handwerksbetriebe beginnen können“. Mit anderen Worten: Es ist also noch nichts geschehen.
Nemitz begründete den Verzug damit, dass „momentan die Auftragsbücher der Unternehmen sehr voll sind“. Doch man hoffe, die Arbeiten spätestens Mitte 2018 beenden zu können. Und da ist in dem alten Haus einiges zu investieren. Den Aufwand für die Umbauarbeiten schätzen die Behörden auf 80.000 Euro. Weitere 300.000 Euro dürfte der Brandschutz verschlingen, der den aktuellen Anforderungen bei einer Nutzungsänderung von einem Hotel in ein Flüchtlingsheim entsprechen müsse. Deshalb sei ein Brandschutzkonzept erforderlich.
Mehr als eine halbe Million für das Flüchtlingsheim?
Dies war wohl alles nicht absehbar, als das Landratsamt im Auftrag der Regierung von Oberbayern im Frühjahr 2016 in aller Eile einen Pachtvertrag über zehn Jahre abschloss, ohne Rücktrittsrecht gegenüber dem Eigentümer. „Das Objekt ist vom Freistaat Bayern zu einem Zeitpunkt angemietet worden, als es einen enormen Zuzug von Geflüchteten gab“, begründete Nemitz die Entscheidung vom vergangenen Jahr.
Seitdem sind jeden Monat 10.000 Euro zu berappen. Bis heute sind es schon 190.000 Euro für den Leerstand. Beim Bezug Mitte nächsten Jahres dürften etwa 240.000 Euro allein an Pacht ausgegeben worden sein, bis der erste Flüchtling über die Schwelle tritt. Dennoch ist sich das Landratsamt sicher, „dass das Bastenhaus sowohl in Bezug auf die Länge des Mietvertrages wie auch die Höhe des Mietzinses ein sehr gutes und sehr preiswertes Objekt ist“. Diese Aspekte seien von der Regierung von Oberbayern „sorgfältig geprüft worden, bevor die Zusage für die Anmietung erteilt wurde“, so Nemitz vor zwei Monaten.
Doch mittlerweile hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) Wind von der Sache rund um das Bastenhaus bekommen. Der BdSt bringt jährlich ein Schwarzbuch heraus, in dem Fälle von Steuerverschwendung, unnötigen Subventionen und Bausünden aus ganz Deutschland dokumentiert werden. Beim Bastenhaus geht es vor allem um die beschriebene Kostenexplosion und die Nichtnutzung des Gebäudes.
Rzehak erklärt Umstände
Auf Anfrage des BdSt hat Landrat Wolfgang Rzehak nun nochmals ausführlich begründet, wie es zum Anstieg der Kosten kam. Neben den geänderten Rahmenbedingungen, so Rzehak laut aktueller Berichterstattung im Merkur, sei der teure Brandschutz durch die angepasste Nutzung als Asylunterkunft nötig geworden. Parallel kam die Stadt dem Freistaat entgegen und akzeptierte die befristete Nutzungsänderung bis 31.05.2026. Es sei, so die Tegernseer Verantwortlichen, im öffentlichen Interesse, Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. Turnhallen, Container oder Traglufthallen seien dafür ungeeignet.
Das Bastenhaus sei also per se eine menschenwürdige Unterkunft, in der aufgrund der Umstände noch keine Flüchtlinge untergebracht werden konnten. Für den BdSt erscheint die Antwort aus dem Landratsamt plausibel. Eine Verschwendung von Steuergeldern sowie die drohende Auflistung im Schwarzbuch ist erstmal vom Tisch. Man wolle allerdings, so der BdSt, den Fall trotzdem weiter beobachten. Die Tegernseer Stimme wird dies auch tun.
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