Bauen in zweiter Reihe: Anwalt überzeugt

Ergänzung vom 20. November / 11:09 Uhr
Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel. So auch in Tegernsee, wo ein Antragsteller nun quasi in zweiter Reihe bauen darf. Und dass obwohl die Frage der Straßenerschließung bis dato nicht geklärt ist.

Dabei geht es um eine mehrfach vom Tegernseer Bauausschuss behandelte Bauvoranfrage für die Neureuthstraße. Zunächst hatten die Stadträte das Vorhaben abgelehnt. Doch ein vom Bauherrn beauftragter Rechtsanwalt hat das Landratsamt nun doch noch überzeugen können.

Darf hier nun doch gebaut werden?
Darf hier nun doch gebaut werden?

Noch im April dieses Jahres hatten sich die Stadträte bei einem Termin vor Ort ein Bild gemacht. Damals kam man laut Bürgermeister Peter Janssen zu dem Schluss: „Die Erschließung für das Grundstück ist nicht gegeben.“

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Und da die Stadt Bauen in zweiter Reihe grundsätzlich ablehnt, um nicht einen Dominoeffekt an Anträgen auszulösen, verweigerte das Gremium dem Bauherrn einen positiven Befund. Und auch im Juli gab es kein grünes Licht für den Antragsteller. Bürgermeister Peter Janssen meinte damals sinngemäß: „Wir würden einen Präzedenzfall schaffen und damit Baurecht in zweiter Reihe für alle in Tegernsee.“

Allerdings war und ist im Fall Neureutherstraße bis dato kein Geh- und Fahrtrecht über das Nachbargrundstück am Lindenhügel geklärt. Und eine Serpentinen-Lösung kann sich der Stadtrat ebenfalls nicht vorstellen. Dieses Wegerecht ist aber nicht zuletzt auch für Rettungskräfte unabdingbar.

Noch liegt kein endgültiger Bauantrag vor

Das Landratsamt Miesbach vertritt neuerdings jedoch die Meinung, dass im aktuellen Fall nur eine bestehende Baulücke aufgefüllt wird und es sich eben nicht um einen Bau in zweiter Reihe handeln würde. Von Seiten der Stadt Tegernsee ist wiederum zu vernehmen, dass Bauen in zweiter Reihe ja grundsätzlich nicht ausgeschlossen sei. „Solange keine neue Baureihe aufgemacht wird“, schiebt Janssen wohl wissend nach, um weiteren potentiellen Anfragen in dieser Richtung einen Riegel vorzuschieben.

Rein rechtlich muss laut Janssen die Frage der Grundstuckserschließung auch erst beim endgültigen eingereichten Bauantrag geklärt werden. Aber grundsätzlich, so die Meinung des Bauausschusses würde sich das Bauvorhaben gut in das Landschaftsbild einfügen. Dazu wurde letzte Woche auch kurzerhand ein einstimmiger Beschluss gefasst.

Ob nun tatsächlich gebaut werden darf, muss sich also noch zeigen. Von Seiten des Bauherrn nähert man sich aber langsam aber sicher den Vorgaben der Stadt und den zuständigen Behörden. Oder wie es Janssen formulierte: „Tippelchen für Tippelchen kommt man voran.“

Ursprünglicher Artikel vom 23. Juli mit der Überschrift: Bauen in zweiter Reihe: Ein Verbot mit Ausnahmen
Immer wieder müssen sich die politischen Gremien rund um den Tegernsee mit eingehenden Anträgen von Bürgern beschäftigen, die beabsichtigen, in zweiter Reihe zu bauen. Also Häuser errichten wollen, die bis dato keine direkte Anbindung an die bereits vorhandene Straße haben.

Die Antwort auf die Bauabsichten fällt allerdings grundsätzlich immer gleich aus: Antrag abgewiesen. Und das meist einstimmig. Ein Grund dafür ist, dass durch die Genehmigung eines solchen Antrags alle umliegenden Grundstücke plötzlich Bauland wären.

“Erstmalige Genehmigung würde Domino-Effekt auslösen”

Tegernsees Erster Bürgermeister Peter Janssen spricht hier wörtlich von einem “Domino-Effekt”, den die Stadt mit der erstmaligen Genehmigung eines solchen Antrags auslösen würde. Und meint: “Dadurch würden wir Baurecht an Stellen schaffen, wo es die Stadt nicht will.”

Jüngstes Beispiel war ein Antrag eines Grundstücksbesitzers der Neureuthstraße. Zunächst war der Wunsch wegen der nicht vorhandenen Zufahrt zu Beginn dieses Jahres abgewiesen worden.

Platz für ein neues Haus am Hang wäre an der Neureuthstraße auf den ersten Blick durchaus vorhanden.
Platz für ein neues Haus am Hang wäre an der Neureuthstraße auf den ersten Blick durchaus vorhanden.

Beim zweiten Versuch des Grundstücksbesitzers, mit dem sich der Tegernseer Bauausschuss nun in der Juli-Sitzung beschäftigte, konnte eine Zufahrt zwar über Serpentinen nachgewiesen werden. Die Stadträte votierten dennoch einstimmig gegen das Bauvorhaben.

In der offiziellen Begründung, die zu Protokoll gegeben wurde, hieß es, dass das Gelände für eine Bebauung zu steil ist und daher als “problematisch” angesehen wird. Oder zu deutsch: “Bauen in zweiter Reihe wollen wir nicht”, wie es Bürgermeister Peter Janssen in diesem Zusammenhang formuliert.

Landratsamt Miesbach stützt Tegernseer Handhabe

Wie hier im Einzelnen und bei Anträgen zum Bauen in zweiter Reihe verfahren wird, sei laut Janssen letztlich eine Frage, mit der sich jede Gemeinde einzeln auseinandersetzen müsse. Denn: Ein ausdrückliches gesetzliches Verbot gegen diese Bauabsichten gäbe es nicht.

„Dies regelt der Paragraf 34 des Baugesetzbuchs“, erklärt Rottach-Egerns Bauamtsleiter Walter Hübsch und ergänzt: „Dort geht es um das sogenannte Einfügungsgebot.“

Das Landratsamt Miesbach – als Genehmigungsbehörde für sämtliche Bauvorhaben im Landkreis – ist derzeit der gleichen Auffassung wie Hübsch, und auch Janssen und beruft sich bei solchen Anträgen auf eben genannten Passus im Baugesetzbuch.

Wenn also beispielsweise alle bisherigen Häuser entlang des Straßenverlaufs errichtet wurden, sei es laut Hübsch sicher nicht der Regelfall, dass ein solcher Antrag genehmigt wird. Die Art der Bebauung ist dann prägend für das jeweilige Ortsgebiet. Selbst wenn die Grundstückstiefen laut Hübsch das Bauen in zweiter Reihe zum Teil sogar erlauben würden.

Eine Ausnahme gibt es nur, wenn in der Vergangenheit bereits ein solches Vorhaben vom Gemeinderat genehmigt wurde. In Rottach-Egern ist das beispielsweise in der Nähe der Popperwiese oder dem Weissachdamm der Fall. Wie so oft bestätigt sich auch hier: keine Regel ohne Ausnahme.

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