Rund 40 Häuser stehen derzeit in Gmund Steinberg. In zwei Jahren werden wohl weitere dazukommen. So hat es der Bauausschuss am Dienstag auf seiner Sitzung beschlossen. Steinberg soll wachsen.
Hinter der Vergrößerung der Siedlung stehen erstmal ortsplanerische Gesichtspunkte. Aber mehrere bisher wertlose Grundstücke werden plötzlich ein zigfaches mehr wert. Auch der Gemeinde gehören drei Grundstücke. Und Gmund braucht das Geld – dringend.
Im nordwestlichen, nordöstlichen sowie im südlichen Geltungsbereich des neuen Bebauungsplanes sind in der Steinbergsiedlung neue Parzellen für Grundstücke vorgesehen. Diese Gebiete liegen bisher im Außenbereich. Alles unbebaute Grünflächen.
Aus zwei Euro pro Quadratmeter werden 220 oder mehr
Bisher waren aus dem Grund auch nur sogenannte privilegierte Bauten, beispielsweise für landwirtschaftliche Zwecke, möglich. Das Land war damit sehr wenig Wert. „Zwei bis drei Euro pro Quadratmeter“, schätzt Gmunds Kämmerer. Gemeindliche Brachflächen seien darüber hinaus im Haushalt sowieso nicht vermerkt.
2.850 Quadratmeter dieser Brachflächen werden nun aber nach den neuen Plänen bestes Bauland. Durchschnittlich 218 Euro kostete 2010 laut Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft ein Quadratmeter in Gmund. 2005 waren es noch 291 Euro. Das Landratsamt Miesbach hat 2011 einen durchschnittlichen Wert von 340 Euro pro Quadratmeter Baugrund ermittelt. Von einer „etwa 60-fachen“ Wertsteigerung spricht Gmunds Geschäftsleiter Alfons Besel. Möglicherweise auch mehr.
Genaueres wissen die Gemeindevertreter derzeit noch nicht. Letztlich entscheidet der Markt, was man beim Verkauf eines Grundstücks erzielen kann. Und natürlich die Art der Bebauung. “Diese wurde auf der Bauausschusssitzung noch nicht festgelegt“, betont Bauamtsleiterin Christine Lang und ergänzt: „Hierzu werden wir nun ein Planungsbüro beauftragen, welches erste Konzeptionen erstellt und mit den Behörden die Rahmenbedingungen abklärt.“
Außerdem sei gerade bei den Grundstücken der Gemeinde noch nicht klar, ob und wie sie bebaut werden können. Das hat zwei Gründe, wie Lang erläutert: „Zum einen sind die Grundstücke zu klein, um sie selbständig bebauen zu können und zum anderen müssen noch naturschutzrechtliche Fragen abgeklärt werden.“
Schulden minimieren oder Ortsflächen entwickeln?
Ohne die genauen Hintergründe zu kennen, geht Besel auf alle Fälle davon aus, dass keine monetären, sondern eher ortsplanerische Ziele hinter der Siedlungsvergrößerung stehen.
Dagegen stehen jedoch die nackten Zahlen: Bis 2015 will Gmund gut fünf Millionen Euro pro Jahr in die eigene Zukunft stecken. Die größten Posten werden dabei die Investitionen in die Grund- und die Realschule sowie in die geplante Krippe sein.
Die Gesamtsumme von 16 Millionen geht allerdings nicht spurlos am Schuldenstand der Gemeinde vorbei. Dieser soll von aktuell 3,6 auf 7 Millionen Euro im Jahr 2015 ansteigen.
Damit die Schulden nicht schlagartig in die Höhe schnellen, plant der Kämmerer über Grundstücksverkäufe etwa fünf Millionen Euro zu erlösen. Da liegt es nahe auch Flächen zu nutzen, die bisher nur wenig Wert hatten. Theoretisch zumindest ist das nachvollziehbar. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Ausweisung von Bauland ein langwieriger Prozess ist.
Wie wird eine Fläche überhaupt zu Bauland?
Im Innenbereich eines Ortes ist es relativ einfach. Dort regelt alles der Paragraph 34 des Baugesetzbuches über das sogenannte Einfügungsgebot, dass wir beispielsweise bei einem Artikel zu den Rottacher Bausünden beschrieben beschrieben haben.
Im Außenbereich ist der Bau von Wohnhäusern dagegen eigentlich unmöglich. Eigentlich. Denn die Gemeinde kann den Flächennutzungsplan überarbeiten und in dem Zug Gebiete des Außenbereichs dem Innenbereich zuweisen. „Hier hat jede Kommune Planungshoheit und kann den Flächennutzungsplan überarbeiten. Das ist derzeit in Gmund der Fall,“ sagt Geschäftsleiter Besel.
Der ganze Prozess ist relativ langwierig. Vorab diskutiert erstmal der Gemeinderat, was die Gemeinde für ortsgestalterische Ziele hat. „Also ob man beabsichtigt neue Baugebiete oder Gewerbegebiete auszuweisen“, so Besel weiter. Dann werden in Absprache mit einem Architekten geschaut, wo Flächen verfügbar wären. Am Ende werden diese dann in dem neuen Flächennutzungsplan festgehalten.
„Der Charakter der Siedlung soll erhalten bleiben“
Damit der Charakter eines Ortes oder einer Siedlung aufrecht erhalten bleibt, reicht laut Bürgermeister Georg von Preysing “ein Flächennutzungsplan alleine nicht aus.“ Preysing spielt damit auf das erwähnte Einfügungsgebot an. Im konkreten Fall der Steinbergsiedlung komme daher nur das zusätzliche Aufstellen eines Bebauungsplans in Frage. Das ganze sei so auch mit dem Kreisbaumeister Werner Pawlovsky vom Landratsamt Miesbach abgestimmt.
Und Bauamtsleiterin Lang erklärt das Prozedere: „Im weiteren Verfahren werden alle aktuellen Grundstücksbesitzer der Siedlung angeschrieben und befragt, welche Änderungswünsche sie haben.“
Neue Straßen – hohe Kosten für die Anwohner?
Ungeklärt blieb auf der Bauausschusssitzung die Frage nach dem Ausbau der Straßen in der Steinbergsiedlung. Dort gibt zum Teil nur wenige und teilweise schmale Feldwege. Ein kostenintensiver Ausbau, an dem zu großen Teilen auch die Anlieger beteiligt werden müssten, könnte noch die Folge sein. „Das müssen wir heute nicht abschließend klären können“, meinte von Preysing.
Zwei von elf Gemeinderäten stimmten am Ende gegen das Vorhaben der Siedlungsvergrößerung.
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