Mal unter der Woche schnell nach der Arbeit von Rottach nach Gmund zum Einkaufen fahren? Nachmittags zum Kaffeetrinken nach Wiessee gehen? Derzeit eine reine Tortur. Es staut sich bei schönem Wetter rund um den See. Und das dürfte man als Einheimischer eigentlich gewohnt sein, schließlich ist das an Sommerwochenenden Dauerzustand. Doch heuer leidet das Tal auch unter der Woche unter dem enormen Verkehr.
Doch was ist der Grund? Die einzig logisch erscheinende Erklärung sind die Baustellen rund um den See. In Wiessee wird bis Oktober die Zeiselbachbrücke im Ortszentrum saniert. Das Bauwerk aus dem Jahr 1967 hat mit 52 Jahren schon mehr als die Hälfte der Lebensdauer einer durchschnittlichen Brücke dieser Art überschritten. Doch dafür muss die Hauptverkehrsader durch Wiessee halbseitig gesperrt und der Verkehr mit einer Ampel geregelt werden. Um den Megastau in Wiessee zu vermeiden, fahren einige Autofahrer deshalb über Gmund und Tegernsee. Doch auch hier gibt es immer wieder Beeinträchtigungen und Staus.
Warum Bauarbeiten in den Sommerferien?
Die Frage, die sich jeder stellt: Warum müssen solche großen Arbeiten immer im Sommer während der Ferienzeit stattfinden? Florian Deininger, Baurat im Staatlichen Bauamt Rosenheim, erklärt: „Im Normalfall wird für unsere Baumaßnahmen im Vorhinein eine sogenannte “Verkehrsbesprechung” abgehalten. Je nach Maßnahmengröße bzw. -umfang findet diese Besprechung drei bis sechs Monate vor der Ausführung statt. Dazu eingeladen werden alle von der Maßnahme und möglichen Umleitungen betroffene Kommunen, Straßenbaulastträger und Träger des ÖPNV sowie die weiteren Fachbehörden wie Polizei und Verkehrsbehörde des Landratsamts.“
Im Rahmen dieser Verkehrsbesprechungen werden dann Umleitungsmöglichkeiten eruiert und abgestimmt, „mit dem Ziel für alle Beteiligten eine verträgliche Lösung unter Abwägung der verschiedenen Belange zu finden.“ Doch warum denn dann ausgerechnet in der Ferienzeit? „Mit Rücksicht auf die Linien- und Schulbusse wird dabei regelmäßig geprüft, Arbeiten in die Ferienzeiten zu legen, da die Umleitung des ÖPNV sehr aufwendig und für die Schüler und Fahrgäste mit größeren Umständen verbunden ist. Das Gleiche gilt jedoch genauso für den Berufs-Pendelverkehr, welcher ebenfalls nach Möglichkeit wenig beeinträchtigt werden sollte.“
Bleibt noch die Alternative der Nachtarbeiten wie zuletzt in Kreuth. Zwar war hier der Aufschrei von Berufspendlern groß, doch das tägliche Verkehrschaos blieb aus. „Soweit vertretbar werden unsere Straßenbaumaßnahmen im Regalfall aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht als Nachtbaustellen betrieben. Im Einzelfall, wie zuletzt beim Deckenbau auf der B 307 nördlich Kreuth, können aber insbesondere aus verkehrlichen Gründen, Arbeiten auch nachts stattfinden“, so Deininger.
Die Planung der auf einer Baustelle eingesetzten Arbeitskräfte wiederum sei den tätigen Baufirmen überlassen. „Dabei ist im Straßenbau oft nicht die Anzahl der Arbeiter entscheidend, sondern der vorhandenen Geräte wie Asphaltfräsen, Asphaltfertiger, Walzen und so weiter.“ Seitens der Baufirmen werde immer angestrebt, die Maschinen möglichst effizient einzusetzen, da diese teuer in der Anschaffung sind. Außerdem sei es oft mangels Platz nicht möglich, mehrere Geräte gleichzeitig einzusetzen.
Doch was hat das mit der Möglichkeit der Nachtarbeit zu tun? Deininger erklärt: „Als Straßenbaulastträger versuchen wir den Baufirmen, welche in einem Wettbewerb ihre Angebote auf unsere Bauausschreibungen abgeben, realistische Ausführungszeiten vorzugeben, um wirtschaftliche Angebote zu erhalten.“ Sprich, werden Baustellen tagsüber ausgeführt, erhält das Staatliche Bauamt Rosenheim bessere Angebote der Baufirmen.
Soweit alles ganz logisch. Doch gefühlt werden jedes Jahr im Sommer Baulöcher aufgerissen, Straßen saniert oder Brücken erneuert. Muss das denn alles sein? Welchen Grund gibt es für die gefühlt jährlich stattfindenden Bauarbeiten, die zu Verkehrskollaps und Geduldsproben führen? „Es ist Teil einer systematischen Erhaltungsplanung, dass Streckenabschnitte in regelmäßigen Zeitabständen erneuert werden“, erklärt Deininger schlicht. Bei normaler Beanspruchung gehe man davon aus, dass zirka alle zehn bis 20 Jahre zumindest die obersten Asphaltschichten erneuert werden müssen.
Straßenbauamt ist Verordnungen unterlegen
Neben dieser Erhaltungsplanung gibt es aber noch weitere Gründe für Baustellen: „Die sich fortentwickelnde Sicherheitstechnik wie Schutzplanken, Beschilderungen etc., der sich steigernde Anspruch an die Straße, wie beispielsweise die stetige Linienführung ohne plötzliche Kurven, sowie Kanalarbeiten für Wasser, Abwasser, Gas, Telekommunikation und Co. sind die Häufigsten“, so der Baurat. „In unseren Projektplanungen ist es unser Anspruch, diese verschiedenen Ursachen in Deckung zu bringen, um Baustellen und somit Verkehrsbeeinträchtigungen einzusparen.“ Heißt: Muss eine Straße saniert werden, werden gegebenenfalls auch gleich notwendige Kanalarbeiten durchgeführt.
Aber wie sieht es mit den Wochenenden aus? Für viele ist der Stau an den Werktagen schon schlimm genug, kommen am Wochenende dann auch noch die Tagesausflügler aus München und Co. dazu, braucht man von Gmund nach Rottach rund 45 Minuten. Kann an Wochenenden mit schönem Wetter und damit erwartbar vielen Verkehrsteilnehmern die Ampelschaltung beispielsweise in Wiessee nicht ausgestellt und die Straße freigegeben werden? „Für den Baustellenbereich müssen bestimmte Breiten der Fahrspuren eingehalten werden. Der Baustellenbereich ist, unabhängig vom Wochentag, immer eine Einschränkung der Fahrbahnbreite“, so Deininger.
Um die Sicherheit für den Verkehr zu erhalten ist es daher leider manchmal notwendig, den Verkehr auch am Wochenende einzuschränken, selbst wenn keine Bautätigkeiten stattfinden.
Auch an diesem Wochenende wird es also mit Sicherheit wieder voll am See. Da gibt es nur eine Lösung: Einfach das Auto mal stehen lassen und mit dem Rad fahren.
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