Unmittelbar hinter dem schmalen öffentlichen Badeplatz Friedl in Abwinkl soll eine Wiese verschwinden, womöglich auch noch eine Birke auf der Grundstücksgrenze. Ein Bebauungsplan soll voll ausgeschöpft werden. Im Klartext bedeutet dies: die Ausnutzung der Baufläche auf dem knapp 1.600 Meter großen Grundstück mit einem Einfamilienhaus und darunter eine Tiefgarage für fünf Fahrzeuge.
Oberirdisch sollen drei weitere Stellplätze entstehen. Das Haus war längst durch den Bebauungsplan genehmigt. Da aber nun einen Tiefgarage entstehen soll, kam das Projekt zur Wiedervorlage in den Gemeinderat, da die Baugrenzen damit „unterirdisch überschritten werden“. Zwar sah Klaudia Martini (SPD) bei der überdimensionalen Tiefgarage „einen massiven Eingriff in die Natur“, doch letztlich stimmte eine große Mehrheit für den Antrag des Bauherren.
“Geld regiert die Welt”
Dies erregt Angela Brogsitter-Finck, die kämpferische Vorsitzende der SGT, wie sie der Tegernseer Stimme mitteilt. Man habe sich schon vor Jahren gegen die Bebauung dieses und des Nachbargrundstücks am See zur Wehr gesetzt, auch mit einem Anwalt. Doch Brogsitter musste zur Kenntnis nehmen, dass für die beiden Grundstücke, die einst zwei Schwestern des ehemaligen Gemeinderates Stefan Hagn gehörten, Baurecht besteht.
Mit dieser Option wurde das südliche Grundstück offenbar an einen betuchten Bauherrn verkauft. Das Nachsehen haben nun Einheimische, wie Brogsitter beklagt, wenn „so mit ihrer Heimat umgegangen wird“ und wieder einmal dem Wachstumswahn gefrönt werde. „Geld regiert die Welt“, schreibt sie. „Die Situation wird sowieso immer dramatischer, da im Grunde auch Gemeinden nichts mehr zu melden haben, wenn das Landratsamt trotz “grünem” Landrat anders entscheidet. Traurig aber wahr“.
„Die Karawane zieht weiter“
Einen letzten Versuch startet Brogsitter nun beim Wasserwirtschaftsamt, um zu retten, was vielleicht noch zu retten ist. Denn die Rosenheimer Behörde entscheidet als letzte Instanz über die Tiefgarage am See. „Wie kann es sein“, schreibt Brogsitter dem Amtsleiter, „dass so nah am Wasser gebaut werden darf, wo man heute weiß, welche Hochwasser eventuell drohen.
Und mit welchem Aufwand alles ausbetoniert werden muss, um diesen Gefahren zu trotzen. Dann noch Tiefgaragen, die bis an die Grundstücksgrenze zum Nachbarn reichen. Wohin sollen die unterirdischen Wasserströme entweichen“. Für die SGT, sowie „vieler besorgter Tegernseer Bürger“, bittet sie um eine „kritische“ Begleitung dieser Planung. Ihr Argument:
Wenn jeder grüne Flecken innerörtlich versiegelt wird, zieht die Karawane der Gäste zu dem Ort weiter, der noch Luft zum Atmen bietet.
Brogsitter verweist auf ein Zitat des emeritierten Professors für Kulturgeographie der Universität Erlangen. Mit Blick auf das Oberland meinte er: „Der Ausverkauf der Heimat führe nur zu einem kurzfristigen Reichtum der Grundstückeigner, langfristig aber trage er nicht zum Wohlfühlen bei. Auch nicht für die Einheimischen“. Diese werden davon ein Lied singen können, wenn sie in den nächsten Sommern wieder am Friedl baden wollen. Sie werden sich mit weniger begnügen müssen.
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