Kampf gegen Bauwut macht erfinderisch

Wie berichtet stößt der unverminderte Bauboom bis zur Grenze des Möglichen inzwischen auch dem Rottacher Gemeinderat bitter auf. So sensibilisiert, wurde nun ein Plan für die Georg-Hirth-Straße auf Herz und Nieren geprüft und zurückgestellt.

Einziger Gewerbebetrieb in der Wohnbebauung: das Landhotel Bergspatz.

Die öffentliche Kritik an der „Veränderung des Ortsbildes“ veranlasste offensichtlich auch den noch krankgeschriebenen Bürgermeister Christian Köck (CSU), das Ruder bei diesem Tagesordnungspunkt selbst in die Hand zu nehmen. Es ging am Dienstagabend um die Erstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet „Georg-Hirth-Straße/Oberach- und Pflegerweg“. Dies sei ein locker bebautes Wohngebiet im Innenbereich mit Ein- und Zweifamilienhäusern, so Bauamtsleiterin Christine Obermüller.

Doch wie so oft in Rottach, sind bei ihr bereits viele Anträge auf Vorbescheid eingegangen. „Diese zeigen, dass nun dort stattdessen Mehrfamilienhäuser mit Tiefgaragen entstehen sollen“. Um dieser Bauwut vorzubeugen, sei für das Gebiet bereits eine Veränderungssperre erlassen worden. Nun soll ein Bebauungsplan Schlimmeres verhindern. Köck war es wichtig zu betonen:

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Wir sollten durchaus ein Zeichen setzen, um dem nicht Vorschub zu leisten, was uns oft vorgeworfen wurde, dass wir diese massive Bebauung in Rottach nicht verhindern wollen. Wir haben die letzten Jahre sehr massiv etwas dagegen getan.

Dennoch konnte die Gemeinde in der Vergangenheit nicht verhindern, dass Bauwerber das Letzte aus den teuren Grundstücken herausholten. Meist waren größere Gebäude in der Umgebung der Bezugspunkt der neuen Bebauung.

Rottach will „moderate“ Bebauung erreichen

Anders gelagert ist der Fall für das Gebiet des vorgestellten Bebauungsplans im Gemeinderat. Hier ragt nur ein Gebäude aus der „homogenen“ Bebauung: das Landhotel „Bergspitz“, 1958 erbaut. Inzwischen hat es 20 Zimmer. Es unterliegt nicht der Fremdenverkehrssatzung, so Obermüller, weil es in einem reinen Wohngebiet stehe. „Sollte der Hotelbetrieb aufgegeben werden“, erklärte Sitzungsleiter Josef Lang (CSU), „gebe es für das Grundstück nur vier Baufenster mit je zwei Wohneinheiten“.

Grundsätzlich sehe der Bebauungsplanentwurf des Architekturbüros Wagenpfeil eine maßvolle Verdichtung vor. Pro Baufenster seien maximal zwei Wohneinheiten mit einer Wandhöhe von sechs Metern erlaubt. Die Länge der Gebäude darf 19 Meter nicht überschreiten. „Mit dieser Beschränkung soll das Wohngebiet offen gestaltet werden“, betonte Obermüller.

Doch dem Architekten Andreas Erlacher (FWG) war der Entwurf noch zu indifferent. „Eine Bauleitplanung dient der Erhaltung eines Gebietes und seiner Eigenart“. Daher wolle er einen „schönen Grüngürtel“ am Oberachweg erhalten wissen. Für ihn sei dieser westseitige bis zu 13 Meter breite Grünstreifen ein städtebauliches Merkmal, das es in diesem Entwurf nicht mehr gebe. „Ob wir diesen Grüngürtel auf Dauer erhalten können, sei dahingestellt“, entgegnete Köck.

Das entscheidende Motiv für uns ist, dass wir eine moderate Bebauung erreichen, und es keine Bezugsfälle mehr gibt.

Grundsätzliche aber gelte, dass die Gemeinde keine Verhinderungsplanung mache. Dass dort gebaut werden dürfe, stehe außer Frage. „Aber die Art und Weise der Bebauung, auch in der zweiten oder dritten Reihe, muss in dieses Viertel passen. Und da sind wir auf einem guten Weg. Das ist für mich das Entscheidende“.

Nicht im „Trüben stochern“

Doch Erlacher ließ nicht locker. Er glaube auch nicht, „dass dieser Bebauungsplan mit einer Wandhöhe von sechs Metern einen guten Städtebau ermöglicht“. Für ihn müssten dort auch Gebäudehöhen von vier Metern möglich sein, denn „ein gedrungenes Haus hat auch seinen Reiz“, stellte sich der Rottacher Architekt gegen den Bebauungsplan von Obermüller. Diese erwiderte: „Sechs Meter sind die maximale Obergrenze, die man ja nicht erreichen müsse. Man könne auch kleiner bauen“.

Trotz Veränderungssperre im Oberachweg: es wird kräftig erneuert.

Wichtig war Erlacher auch eine Baugrenze am Oberachweg. Hier sei der Bebauungsplan von Bauwerbern noch juristisch anfechtbar. Damit die Zweifel und Fragen zu den Baufenstern durch das Planungsbüro ausgeräumt werden können, plädierte Josef Kaiser (CSU) für die Wiedervorlage des Bebauungsplans: „Sonst stochern wir nur im Trüben herum“.

So sah es auch Köck: „Man kann den Entwurf durchaus noch heilen“ und eine „Nachbesserung“ vornehmen. „Wir müssen den Auslegungs- und Billigungsbeschluss heute nicht fassen“, fasste Lang die Diskussion zusammen. Zeitlich werde nichts versäumt. Einstimmig folgte der Gemeinderat dem Vorschlag zur erneuten Vorlage des Bebauungsplans in einer der nächsten Sitzungen.

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