Weil sich die Menschen nicht richtig informiert fühlen, rufen gerade im lokalen Umfeld viele Projekte Misstrauen und Gegenbewegungen hervor.
Egal ob ein Lanserhof Marienstein oder ein Bahnhof in Stuttgart. Am Ende geht es schnell um ernsthafte Anfeindungen, wie der F.A.Z.-Blogger Don Alphonso in einem Kommentar zur “Schlacht” um das Gut Kaltenbrunn treffend bemerkt:
Wie das ist, wenn hier die Anwälte in Stellung gebracht werden kann man ja googlen unter “Kaltenbrunn” und “Schörghuber” und “Bürgermeister”. Ich denke, dagegen ist Stuttgart21 ein Klacks gewesen, wenn man es auf eine kleine Gemeinde wie Gmund runterrechnet. Und man darf auch nicht übersehen, dass man sich hier täglich über den Weg läuft. Wenn Stuttgart21 eine Feldschlacht ist, dann war das hier Grabenkrieg mit Spaten und Fäusten, Bis zu den obersten Gerichten.
Dass es so weit kommen muss, liegt auch mit daran, dass die Gemeinden am Tegernsee immer wieder versuchen, unbequeme Themen tendenziell unter den Tisch fallen zu lassen. Nach dem Motto “Aus den Augen, aus dem Sinn” entscheiden sich die Verantwortlichen regelmäßig dafür, Dinge geheim zu halten, die nicht geheim sein sollten.
Kritische Themen werden dann einfach unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Doch am Ende bleibt immer ein Beigeschmack:
Hinter verschlossenen Türen hatte der Stadtrat den TKV-Jahresabschluss 2010 in allen Einzelheiten durchgekaut. Das genügt, findet Bürgermeister Peter Janssen (Bürgerliste). Zur öffentlichen Sitzung hatte E-Werk-Direktor Norbert Kruschwitz als Chef der TKV zwar dicke Ordner dabei, doch sie blieben zugeklappt. Präsentiert wurden nur ein paar dürre Zahlen. Demnach beträgt der Jahresüberschuss 2010 genau 171 912,68 Euro, die den Rücklagen zugeführt werden.
Was bei diesem Vorgehen vergessen wird: Die Bürger haben das Recht auf Information. In vielen Bundesländern wurde das inzwischen auch erkannt und in umfangreichen Informationsfreiheitsgesetzen umgesetzt. Gerade Bayern ist – wie wir hier im Tal immer wieder zu sehen bekommen – in diesem Punkt aber leider absolut rückständig:
In Bayern gab seit 2001 es bisher sieben vergebliche Gesetzesinitiativen von den Grünen, der SPD, aber auch 2010 von den Freien Wählern. Diese wurden aber alle im Landtag von der CSU Mehrheit und ab der Landtagswahl 2008 auch von der CSU-FDP-Koalition abgelehnt. Dennoch etablieren sich Informationsfreiheitssatzungen auf kommunaler Ebene. Auf die Initiativen von lokalen Parteien und Bündnissen sind inzwischen in 27 Städten (so in München, Nürnberg, Regensburg, Würzburg, Ingolstadt etc.) Informationsfreiheitssatzungen in Kraft, welche Informationsfreiheit zumindest für den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde garantieren.
Dass der politische Umgang mit Transparenz aber nicht nur am Tegernsee problematisch ist, zeigt eine Initiative in Hamburg. Dort gibt es zwar bereits ein Informationsfreiheitsgesetz, allerdings – wie in vielen Bundesländern – sind Anfragen an die Verwaltung mit Kosten für die Bürger verbunden.
Unter dem Motto “Transparenz schafft Vertrauen”, wollen die Initiatoren dort ein Transparenzgesetz durchsetzen, mit dem der Zugang zur kostenlosen Dateneinsicht für alle ermöglicht wird:
Hamburg hat, wie zehn andere Bundesländer und die Bundesrepublik selbst, ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Diese Gesetze basieren auf dem Prinzip: Bürgerinnen und Bürger müssen einen Antrag stellen und eine Gebühr bezahlen. Das ist mühselig, teuer und nicht immer erfolgreich. Dieses Prinzip wollen wir mit einem zentralen Informationsregister umkehren. Dafür brauchen wir ein Transparenzgesetz. Ziel ist es, uns Bürgerinnen und Bürgern Informationen einfach zugänglich zu machen.
Nach dem Motto: “Wir haben ein Recht zu erfahren, was mit unseren Steuergeldern passiert – Demokratie braucht Transparenz und Vertrauen” wollen die Initiatoren folgendes erreichen:
- Korruption erschweren
- Steuerverschwendung vorbeugen
- Misstrauen abbauen
- Vertrauen in Politik und Verwaltung stärken
- Verwaltungsabläufe vereinfachen
- Mitbestimmung erleichtern
Um dies zu schaffen, will man die Politik dazu bringen, dass Verträge, Gutachten, Statistiken und Verwaltungsvorschriften der öffentlichen Hand aufgeführt und im Internet verfügbar gemacht werden.
Dass solche Forderungen meist gegen den Willen der Politik durchgesetzt werden müssen, sollte alleine schon aufhorchen lassen. Wer ernsthaft an einem Thema arbeiten will, muss den Steuerzahlern und Wählern auch verraten, an was er arbeitet.
Die Politik selbst würde sich mit mehr Transparenz den größten Gefallen tun. Geht es am Ende doch darum, dass die entsprechenden Projekte für alle erfolgreich laufen. Wer aber nichts von seinen Problemen verrät, dem kann auch niemand helfen.
Und schlimmer noch. Manchmal werden grundsätzlich positive Entwicklungen so zu vermauschelten Stammtischthemen. Leider haben das in und am Tegernsee aber noch nicht alle begriffen.
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Mehr zum Thema gibt es auf dem [x Politics]. Dort geht es um Trends und Bewegungen, die fernab der parteipolitischen Tagesagenda die gesellschaftliche Zukunft gestalten und verändern.
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