Begrenzte Natur

Lange hatte man von Angela Brogsitter-Finck nichts mehr gehört, obwohl so manches umstrittene Projekt im Tegernseer Tal durch die Medien geisterte und Kommunalpolitiker ihre liebe Not damit hatten. Doch nun legt die Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) in einem Schreiben an ihre Mitglieder wieder ihren Finger in die Wunde, aber auch Lob spricht sie aus.

Das Pfarrhaus in Bad Wiessee wurde unter Denkmalschutz gestellt - zur Freude der Schutzgemeinschaft
Das Pfarrhaus in Bad Wiessee wurde unter Denkmalschutz gestellt – zur Freude der Schutzgemeinschaft.

Besonders gut weg kommt in ihrem Rundbrief Rottachs Bürgermeister Christian Köck (CSU). „Er und sein Gemeinderat nutzen die einzig verbliebene Möglichkeit, eine weitere Verstädterung zu verhindern, sie stellen längst fällige Bebauungspläne auf, damit seine Heimatgemeinde nicht vollends ihr Gesicht verliert“, so Brogsitter-Finck. Köck räumte kürzlich ein, dass nicht der Gemeinderat bei zu massiven Bauten mit einem ablehnenden Bescheid das letzte Wort habe, sondern das Landratsamt. Dies sei sehr frustrierend.

Brogsitter-Finck sieht dies ähnlich: „Wie kann man Gemeinderäte zur Mitarbeit motivieren, wenn deren Entscheidung durch das Landratsamt ersetzt wird?“ Weiter schreibt die streitbare Vorsitzende: „Was unsere ausgeprägte Geschäftstüchtigkeit mit unserem Tal anrichtet, versetzt wohl jeden sensiblen Menschen in Schrecken.“ Ihre SGT würde sich wünschen, „wenn auch das Landratsamt als Entscheidungsträger die Gemeinden in ihren Bemühungen zur Selbstbeschränkung unterstützen würde“.

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Brogsitter-Finck beruft sich bei ihrer Kritik an Entscheidungen des Landratsamts in letzter Zeit auf eine nicht namentlich genannte Professorin für Architektur an der TU München. Diese habe ihr versichert, dass auch der berüchtigte Paragraph 34 (der den Maßstab setzt nach der bebauten Umgebung, der Nachbarbebauung) trotzdem ein Auslegungsparagraph mit Ermessensspielraum sei, vor allem in einem landschaftlich begrenzten Raum.

SGT sieht „Ende des Tunnels“ für Bad Wiessee

„Einen Lichtstrahl am Ende des Tunnels“ sieht Brogsitter-Finck für Bad Wiessee. Fast euphorisch schwärmt sie von dem kleineren Hotel, das auf dem Jodbad-Gelände entstehen soll. Dabei zitiert sie Bürgermeister Höß, der glaubt: „Das wird ein Leuchtturm.“ Vier Jahre nach dem Kauf des Jodschwefelbad-Geländes habe sich der Gemeinderat nun für ein konkretes Konzept entschieden, das ganz auf die Bedürfnisse erholungsbedürftiger Gäste ausgerichtet sei.

Die denkmalgeschützte Wandelhalle werde damit in das Konzept des Hotels einbezogen. „Der Gemeinderat entschied sich für eine Schweizer Investorin, für die Architektur sorgt das Büro Matteo Thun & Partner“, schreibt Brogsitter-Finck. Unerwähnt lässt sie, dass dies bestenfalls eine Absichtserklärung des Gemeinderates sein kann. Denn die entscheidende Frage ist noch nicht geklärt: Erbpacht oder Kauf des Geländes. Darin liegt noch viel Zündstoff. „Toi, toi, toi“, wünscht sie jedenfalls schon mal der Gemeinde.

Sichtlich ein Stein vom Herzen fällt der engagierten Umweltaktivistin, dass das alte Pfarrhaus in Bad Wiessee nun unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Gmund sei Vorreiter bei der Bodenversiegelung

Doch beim Blick über den See erschrickt Brogsitter-Finck offensichtlich. Sie reibt sich an der Baustelle „unseres sympathischen National- und FC Bayern-Torwarts. Wie viel Beton wird nötig sein, um dieses dreigeschossige Haus plus Tiefgarage und Schwimmbad im Hang des Leebergs zu halten?“

Brogsitter-Finck wäre nicht Brogsitter-Finck, wenn nicht auch ihr Reizthema zur Sprache kommen würde, das umstrittene Almdorf-Projekt. Den Bebauungsplan hatte der Stadtrat im Februar nach zweijährigem Streit genehmigt. Dort oben wolle man „ein Heile-Welt-Gefühl mit dem nötigen Luxus vereinen“, bedauert Brogsitter-Finck, „schade wieder um eine große grüne Fläche im Landschaftschutzgebiet“. Dessen ungeachtet soll im Herbst mit dem Bau begonnen werden.

Auch für Gmund bleibt nur ihre Mahnung, die Realität hat sie schon überholt. Denn Gmund hat inzwischen weitere vier Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet nehmen lassen. Ihren eigenen Wohnort sieht die SGT-Vorsitzende im Moment als Vorreiter in Sachen Bodenversiegelung.

Die Firma Stang will eine neue Lagerhalle errichten. Naturschützer sind strikt dagegen.
Die Firma Stang will eine neue Lagerhalle errichten. Naturschützer sind strikt dagegen.

Dabei verweist sie auf das Landbaderfeld und das Maximilian, in Seeglas auf die „Umsiedlung“ des Mercedes-Autohauses, in Moosrain auf die neue Lagerhalle der Firma Stang und die Erweiterung der Kreuzstraße.

Vor- und Nachteile erwarte die Galionsfigur der SGT auch bei den neuen Plänen des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim zur Eindämmung von Hochwassergefahren. Eine unterirdische Druckleitung ist nun statt des Ausbaus der Mangfall und des Schuhmacherwehrs vorgesehen. Dies werde zumindest die Gemüter beruhigen. „Trotzdem zeigt sich wieder einmal, Schnellschüsse bringen keine perfekten Lösungen“, so ihr Fazit.

Vielleicht hatte Brogsitter-Finck in ihrem Rundumschlag zu viele offene Baustellen im Visier, wenn sie eine gewisse Nachhaltigkeit erzielen will. Etwas mehr Tiefgang als bloßes Aufzählen über das, was Medien ohnehin schon berichtet haben, hätte ihrem Mitgliederschreiben vielleicht etwas mehr Zündstoff verliehen.

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