Zwei Männer aus Bad Wiessee verurteilt
Bewährungsstrafen für Teilzeit-Kiffer

Im Bierland Bayern haben Kiffer schlechte Karten. Das mussten auch zwei Herren aus Bad Wiessee lernen, die regelmäßig 50 bis 100 Gramm beim Dealer ihres Vertrauens shoppten.

Zwei Männern wird vorgeworfen, in mehr als zehn Fällen Marihuana von einem Tegernseer Dealer gekauft zu haben.

Während das komatöse Konsumieren von Alkohol zur Traditionspflege in Bayern gehört, gilt das Kiffen bei Polizei und Justiz immer noch als Hardcore-Straftat. Vor dem Schöffengericht Miesbach mussten sich zwei Männer aus Bad Wiessee (35 und 30 Jahre) verantworten. Der Vorwurf: Sie haben zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 in mehr als zehn Fällen Marihuana von einem Dealer in Tegernsee erworben. Meist ging es um Mengen von 50 Gramm, zweimal auch um 100 Gramm. Zur Einordnung: Ein Kauf von 200 Gramm wurde mit einem Preis von 1700 Euro beziffert. Die Herren sind geständig, streiten aber vehement ab, dass sie das Dope weiterverkauften. Sie pochen stattdessen auf den Eigengebrauch (lange Tage im Weed-Nebel). Richter Leitner bleibt skeptisch und setzt für die beiden Wiesseer ‘lediglich’ eine Bewährungsstrafe fest. Der 35-Jährige bekommt ein Jahr und vier Monate, der 30-Jährige ein Jahr und zwei Monate.

Urteile, die bald Geschichte sein dürften: Das Bundeskabinett hat im Dezember 2022 Eckpunkte für eine Cannabis-Legalisierung in Deutschland beschlossen. Darunter:

  • Straffreiheit: Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Der Erwerb und Besitz von maximal 20 bis 30 Gramm „Genuss-Cannabis“ zum Eigenkonsum sollen straffrei sein.
  • THC-Gehalt: Auf eine THC-Grenze soll wegen zu großen Aufwands bei möglicher Strafverfolgung verzichtet werden.
  • Privater Eigenanbau: Dieser wird in begrenztem Umfang erlaubt – „drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person“. Diese müssen vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden.
  • Verkauf: Dieser soll in ‘lizenzierten Fachgeschäften’ – Zutritt erst ab 18 – und eventuell Apotheken ermöglicht werden.

Das lehnt der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) ab und forderte Anfang des Monats die Bundesregierung auf, ihre Pläne zur Legalisierung von Cannabis umgehend zu verwerfen. Er habe da Studien. Aber Bayerns oberster Gesundheitsmann hat ebenso eine zweifelhafte Nähe zum Homöopathie-Hokuspokus. Da gibt es übrigens keine Studien, zumindest keine ernstzunehmenden.

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Längst sind sich Richterverbände und große Teile der Politik einig, dass die Kriminalisierung des THC-Konsums kalter Kaffee sei. Die Richter-Vereinigung NRV dazu: „Das europäische Recht steht einer Straffreiheit des Besitzes von Cannabis zum Eigenkonsum nicht entgegen.“ Daher sei der Gesetzgeber jetzt aufgerufen, das Gesetz anzupassen und den Besitz von Cannabis von bis zu 30 Gramm straffrei zu stellen. Und weiter: „Dies würde Polizei und Justiz massiv entlasten – schließlich verfolgt sie 180.000 konsumbezogene Delikte pro Jahr – und es würde die länderspezifische Ungleichbehandlung der Konsumierenden beenden.“

Hinzu kommt ein Faktor, der im Oberland eine wesentliche Rolle spielt: Die wachsende Gruppe der Älteren und Pflegebedürftigen könnte mit Cannabis viele ihrer geriatrischen und palliativen Leiden lindern. Für chronisch Kranke ist es ein mühsamer Hindernislauf, um an die beruhigende und lindernde Substanz zu kommen. Stattdessen werden sie gerne mit wehrlosen Kügelchen (sinnloser Homöopathie-Kram) abgespeist.

Ironie der Geschichte: Die beiden Verurteilten müssen zusätzlich jeweils 2000 Euro an die Caritas Miesbach zahlen. Vielleicht wären deren Klientel mit ein paar Joints besser geholfen.

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