Grenzt Kennzeichenerfassung im Tal aus?
Big Brother nichts für Blinde

Endlich kein Gewese mehr mit Tickets und Kleingeldsuche beim Parken im Tal. Die Kennzeichenerfassung sollte den Nutzern das Leben erleichtern. Aber eine Gruppe schließt das Verfahren wohl aus.

Grenzt das digitale Parksystem Menschen mit Sehbehinderung aus?

Sie fahren ihr Auto auf den Parkplatz, ein Scanner erfasst ihr Kennzeichen. Sie gehen nach dem Wandern oder Essen zum Automaten, geben das Kennzeichen ein und der Automat zeigt an, wie viel zu bezahlen ist. Installiert wurde das neue Digital-System am Sonnenbichl und am Gut Kaltenbrunn. Die Münchner Firma Avantpark hat das Produkt für Bad Wiessee und Michael Käfer installiert.

Aber jetzt taucht ein Problem auf. Dr. Stefan Insam vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund meldete sich nach der Lektüre unseres Artikels. Er begrüße es sehr, wenn der Parkdruck im Tal mit geeigneten Maßnahmen eingedämmt werde. Aber: “Menschen mit Behinderung haben bei Vorliegen von gesetzlich genau vorgeschriebenen Bedingungen Anspruch auf einen Parkausweis, mit dem sie auf einem sogenannten Behindertenparkplatz gut erreichbar und kostenfrei parken dürfen.” Das allerdings ist bei dem Scanner-System derzeit jedoch nicht möglich. Es kann ein Fahrzeug einem Menschen mit Behinderung nicht zuzuordnen, da ja nur die Kennzeichen erfasst werden. Insam weiter:

“Grundsätzlich begrüße ich es sehr, wenn der Parkdruck im Tegernseer Tal durch geeignete Maßnahmen eingedämmt wird. Allerdings stellt die derzeitige Art der Kennzeichenerfassung eine neue Barriere für Menschen mit Behinderung dar. Menschen mit Behinderung haben bei Vorliegen von gesetzlich genau vorgeschriebenen Bedingungen Anspruch auf einen Parkausweis, mit dem sie auf einem sogenannten Behindertenparkplatz gut erreichbar und kostenfrei parken dürfen. Bei den derzeitigen videobasierten Parksystemen ist es jedoch nicht möglich, ein Fahrzeug einem Menschen mit Behinderung zuzuordnen, da ja nur die Kennzeichen erfasst werden. Zwar kann man in den genannten System gewisse Kennzeichen hinterlegen, die dann keine Strafzettel bei Nichtzahlung der Parkgebühr erhalten sollen. Allerdings müsste dies bei jedem Anbieter und für jeden Ort gemacht werden. Und nachdem im Tegernseer Tal bereits jetzt mehrere Anbieter unterwegs sind, müsste man bei jedem potenziellen Anbieter und für jeden Parkplatz sein Kennzeichen registrieren lassen.”

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Zwar könne man in dem Scanner-System gewisse Kennzeichen hinterlegen. So vermeide man Strafzettel bei Nichtzahlung der Parkgebühr. In Kaltenbrunn sind das immerhin 40 Euro. Allerdings müsste dies bei jedem Anbieter und für jeden Ort gemacht werden. Etwas umständlich, wenn nicht unmöglich. Denn: Im Tegernseer Tal gibt es bereits jetzt mehrere Anbieter. Die Betroffenen müssten sich bei jedem potenziellen Anbieter und für jeden Parkplatz ihr Kennzeichen registrieren lassen.

Für Insam ist das nicht das einzige Problem. Der Parkausweis für Behindertenparkplätze ist personengebunden. “Da eine blinde Person nicht selbst mit dem Auto fahren kann, greift sie üblicherweise auf den Familien- und Freundeskreis zurück. Damit müssten dann für eine blinde Person gegebenenfalls bis zu fünf Kennzeichen registriert werden.” Diese Fahrzeuge würden allerdings auch dann kostenfrei parken, wenn die blinde Person nicht dabei ist. Hier könnte wieder der deutsche Fetisch “Gleichbehandlung um jeden Preis” zum Zuge kommen.

Wir haben den Betreiber des Systems vor über zehn Tagen dazu angeschrieben, wollten seine Position hören. Bis heute herrscht von dessen Seite dazu Stille. Fürchtet man bei Kommunen ein neues Problembewusstsein und damit schwindende Umsätze? Dr. Stefan Insam hingegen begrüßt die Entscheidung des bayerischen Innenministeriums. Die hatten kürzlich dem Tegernseer Bürgermeister einen Strich durch seine digitalen Parkideen gemacht. Es bleibt schwer, im Tal ein ordentliches, oder gar einheitliches System für parkende Autofahrer zu finden.  

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