Holzkirchens rüstige Aushilfssheriffs

Holzkirchens Polizeibeamte sind chronisch überarbeitet. Das bayerische Innenministerium will nun gegensteuern, plant ein ungewöhnliches Pilotprojekt: Rentner raus aus dem Massagestuhl. Einberufene Senioren sollen die Beamten bei Aufgaben wie Verkehrsüberwachung und Ahndung von kleineren Verstößen ablösen.

Engagierte Rentner wird man in Holzkirchen jetzt öfter sehen - sie unterstützen die Polizei
Engagierte Rentner wird man in Holzkirchen jetzt öfter sehen – sie unterstützen die Polizei

Mit Warnweste, Verkehrskelle und Atemalkoholmessgerät ausgestattet, so steht Egi S. Eder auf dem Parkplatz vor der Polizeistation. Ihm ist der Stolz ins Gesicht geschrieben. Endlich aussehen wie die echten Polizisten. Die Geriatrie-Gruppe sind die Pioniere im Polizeieinsatz. Einzig die Runzeln im Gesicht offenbaren, dass Holzkirchens neue Ordnungshüter bereits ein paar Semester älter sind als die meisten Kollegen von der Polizeiinspektion Holzkirchen.

Doch auch mit den Lokalen Aushilfspolizisten (kurz LAPs), wie sie laut einem internen Bericht des bayerischen Innenministeriums heißen, der der HS vorliegt, ist nicht zu spaßen. Motorisierte Verkehrsteilnehmer, die mit durchgedrücktem Fuß auf dem Gaspedal durch den Ort heizen oder sich eines anderen regelwidrigen Verhaltens auf der Straße schuldig machen, sollten nicht auf die Altersmilde der Polizei-Opis hoffen. Solange er nicht vergisst, warum er ein Auto angehalten hat.

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Anzeigen wegen zu schnellen Fahrens dürfen nämlich auch die Rentner-Polizisten in die Wege leiten und darüber hinaus Geldstrafen noch direkt vor Ort verhängen. „Ein freundlich bis gütig-weiser Gesichtsausdruck ist für die Tätigkeit als Lokaler Aushilfspolizist nicht von Nachteil, sofern er kompromisslos und unnachgiebig eingesetzt wird“, heißt es dazu in dem Dokument des Ministeriums.

Mit sanfter Strenge ans Ziel

Und weiter: „Die wissenschaftliche Untersuchung, die dem Pilotprojekt zugrunde liegt, belegt, dass mit dem Gesetz in Konflikt geratene Verkehrsteilnehmer von der sanften Strenge der LAPs nachhaltig beeinflusst und geläutert werden.“ Heißt im Klartext: Alter in Jahren suggeriere eine gewisse Lebenserfahrung und würde sich daher positiv auf das Verhalten von Verkehrssündern auswirken. Von mehr Respekt und von einem deutlichen Rückgang an verbalen Entgleisungen gegenüber der Staatsmacht ist in dem Dokument die Rede.

Auf der PI Holzkirchen hat die praktische Einarbeitungsphase der Senioren bereits begonnen. Dazu gehören neben den Kerngebieten Verkehrs- und Alkoholkontrolle auch Bereiche aus der taktischen Ermittlungsarbeit wie Zeugenbefragungen und Indiziensicherung. Kopfzerbrechen bereitet den Beamten allerdings der Fitness-Check als Kriterium für die Aufnahme in den Polizeidienst.

„Von 20 interessierten Bewerbern haben nur fünf die körperlichen Voraussetzungen erfüllt“, heißt es intern aus der PI. Wegen Bluthochdruck, zu hohem Cholesterinspiegel und Überschreitung der Altersgrenze von 80 Jahren habe man die anderen 15 Kandidaten leider nicht in Betracht ziehen können. Dennoch sei man optimistisch, mehr LAPs in der nächsten Zeit rekrutieren zu können.

Projekt gegen Altersdepressionen und Vereinsamung

Die Vorteile, wie sie das Bundesministerium in einer eigenen Stellenanzeige auf seiner Homepage auflistet, seien schließlich nicht von der Hand zu weisen. Anbieten könne man ein abwechslungsreiches Arbeitsumfeld, verantwortungsvolle Tätigkeiten an der frischen Luft sowie einen lukrativen Nebenverdienst zur Rente. Ein Sprecher aus dem Bundesministerium machte darauf aufmerksam, dass es sich um eine sehr sinnstiftende Freizeittätigkeit handle, die sich belebend auf Körper und Geist auswirke.

Zudem sei die Arbeit, die auf Minijob-Basis ausgeübt werde, als gesundheitliche Präventivmaßnahme gegen Altersdepressionen und Vereinsamung zu verstehen. Allerdings könne nicht jeder Interessent auch tatsächlich in Betracht gezogen werden: „Nur wer über ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis verfügt, deutscher Staatsbürger ist und das rentenfähige Alter erreicht hat, wird zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.“

Auf der Polizeiinspektion Holzkirchen wartet man nun mit Spannung auf den Abschluss der praktischen Einarbeitungsphase der Testkandidaten. „Alle fünf sind mit Herzblut und Leidenschaft bei der Sache. Moralisch verhalten sie sich einwandfrei. Das zeigte auch das Beispiel, als die Ehefrau eines Polizeianwärters wegen unerlaubten Telefonierens im Auto angehalten wurde und der Ehemann hier keine Nachsicht hat walten lassen.“

“Wir sind dankbar über jede personelle Unterstützung”

Natürlich sei man nicht glücklich über die Situation, dass auf Polizeiakademien geschulter Nachwuchs fehle. „Doch in Anbetracht leerer Staatskassen sind wir froh und dankbar über jede personelle Unterstützung“, sagte ein Beamter der PI, der namentlich nicht genannt werden möchte. Die Arbeitsbelastung sei schlicht zu hoch, hinzu kämen unbesetzte Planstellen, viel zu viele Überstunden sowie Urlaubsvertretungen und andere Ausfälle.

Noch steht allerdings nicht fest, wie und wo die Neu-Kollegen im Holzkirchner Raum zum Zuge kommen sollen. „Aus sicherheitsrechtlichen Gründen können wir den Aushilfs-Polizisten nur ein Fahrrad und keinen Einsatzwagen zur Verfügung stellen. Das heißt, dass sie nur in einem eingeschränkten Radius tätig sein können.“ Überlegt werde daher, dass die mobilen Senioren ausschließlich in den kleineren Ortschaften wie etwa Warngau, Oberwarngau, Valley oder Großhartpenning ihren Dienst versehen.

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