Auf dem Oktoberfest kostet die Maß in diesem Jahr zwischen 12,60 und 13,80 Euro. Eine Preissteigerung von über 15 Prozent im Durchschnitt. Als Gründe führen die Wirte unter anderem die Inflation, gestiegene Personalkosten und stark erhöhte Energiepreise an. In Zukunft könnte es jedoch sein, dass unser Bier nicht nur teurer wird, sondern ganz von den heimischen Wohnzimmer- und Esstischen verschwindet. Der Grund hierfür ist die stark eingeschränkte Produktion von Kunstdünger in Chemiefirmen. Die Herstellung ist in Zeiten steigender Energiekosten – sprich Gas – nicht mehr rentabel.
Ammoniak und ein Helles
Wie aber wirkt sich die gedrosselte Produktion von künstlichem Dünger auf die Verfügbarkeit des bayerischen Grundnahrungsmittels aus? Gar nicht eigentlich, denn Bier aus dem Landkreis Miesbach ist rein und natürlich und das bleibt auch so, wie uns Markus Hoppe von Hoppe Bräu und Tilo Ruttmann von der Hopf Brauerei bestätigen. Und doch gibt es auch hier einen Zusammenhang, wie uns beide Geschäftsführer unabhängig voneinander bestätigen. So berichtet Hoppe:
Bei der Produktion von Ammoniak, der für den Kunstdünger benötigt wird, entsteht als Nebenprodukt Kohlensäure. Und die brauchen wir zum Brauen. Ohne geht’s nicht.
Ruttmann von der privaten Brauerei Hopf in Miesbach berichtet: „Wir bekommen zwar noch Kohlensäure geliefert. Jedoch sind die Mengen eingeschränkt – Stand jetzt.“ Ebenso geht es seinem Kollegen in Waakirchen. Doch beiden ist die Sorge anzumerken, dass sich der Kohlensäuremangel auf dem Markt auf die Produktionsmengen in ihren Brauereien niederschlägt. Denn Kohlensäure unverzichtbar, um unter anderem Tanks und Flaschen vorzuspannen, um das Schäumen des Bieres und auch den Kontakt mit der Luft zu vermeiden, wie uns Hoppe erklärt.
Deutscher Brauerbund warnt
Schon vor einem Monat warnte der Deutsche Brauerbund vor dem Engpass und prognostizierte steigende Preise für den Verbraucher. Inzwischen fuhren etliche kleinere Produzenten von Mineralwasser bereits ihre Produktion zurück. Auch einige Brauereien aus dem Allgäu berichteten über eine Einschränkung bei der Herstellung nicht alkoholischer Getränke, um die Produktion von Bier aufrechterhalten zu können.
In Miesbach und Waakirchen nehmen die Brauprozesse hingegen ihren normalen Gang – jedenfalls noch. „Als Kleinproduzenten sind wir auf die Lieferung der Kohlensäure angewiesen“, erklärt Hoppe. Großbrauereien haben Verfahren, bei denen sie die bei dem Brauprozess selbst entstehende Kohlensäure auffangen und wiederverwerten können. Doch sei das aufwendige Verfahren für kleine Unternehmen wie die Hoppe Brauerei zu kostenintensiv.
Wir sind abhängig von der Lieferung der Kohlensäure,
bestätigt auch Ruttmann von der Hopf-Brauerei. Doch nicht nur der Mangel der Kohlensäure bereitet den heimischen Bierproduzenten Sorge. Die Chefs beider Unternehmen berichten, dass ihnen natürlich auch die zum Teil massiv steigenden Kosten für die Zutaten als auch die Produktionsmittel zu schaffen machen. Hoppe, wird deutlich: „Alles wird teurer. Allein beim Malz haben wir in den letzten Monaten neun Preiserhöhungen erhalten. Und das nicht etwa nur wegen der gestiegenen Energiepreise, sondern wegen Problemen in den Produktionsgebieten.“
Nicht nur die Kohlensäure wird teurer – alle Preise exportieren
Besonders betroffen werden die Unternehmen auch von den Nebenkosten, die durch Lieferengpässe in der Pandemie, steigende Energiepreise und die Inflation nach oben schnellen. Seien es die Kosten für die Etiketten, Kästen, Kleber und auch Holzpaletten, wie Hoppe aufzählt.
Allein der Preis für die Paletten ist in der Krise um sagenhafte 87 Prozent gestiegen.
Ein weiteres Problem stellt für unsere heimischen Brauer der Produktionsprozess selbst dar. Allerdings leiden beide Unternehmen nicht unter dem Fachkräftemangel, der sonst im Landkreis Miesbach für viele Probleme verantwortlich ist. „Wir haben keinerlei Probleme mit unseren Mitarbeitern, ganz im Gegenteil“, wie Hoppe betont.
Selbst eigene Energieproduktion und effiziente Prozesse reichen nicht aus
Schon seit längerer Zeit habe man in der Hoppe Brauerei die Produktionsprozesse optimiert, um den Energieverbrauch zu senken. Was allerdings zu einer deutlichen Mehrbelastung der Mitarbeiter führe. Es werde tagelang durchgearbeitet, um die Ressourcen zu schonen und Energie zu sparen. Das sei, wie der Unternehmer betont, ohne sein tolles und engagiertes Team gar nicht möglich. Trotzdem verursachen dem Waarkirchner Unternehmer die hohen Gas- und Strompreise Bauschmerzen:
Auch wenn wir durch unsere Fotovoltaik-Anlage schon länger 27 Prozent unseres Stroms selbst produzieren und den Rest über den Verband der Brauer aus 100 % Ökostrom abdecken, ist unsere Produktion ohne Gas nur mit Strom unmöglich
Auch in Miesbach denkt man seit Jahren zukunftsorientiert. Neben der neuen energieeffizienten Abfüllanlage hat man sich auch sonst in der Hopf Brauerei, die in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag feiert, dem Thema das Energiesparens verschrieben, wie Ruttmann nicht ohne Stolz verkündet: „Auf dem Dach betreiben wir eine Fotovoltaik-Anlage und der gesamte Betrieb ist öko-zertifiziert.“ Als Hersteller eines Produktes, das dem deutschen Reinheitsgebot verpflichtet ist, wundert es nicht, dass die beiden Brauereien sehr grün und umweltbewusst daherkommen.
Preisanpassungen im Kreis wohl nicht zu verhindern
Doch trotz aller Anstrengungen befürchten Hoppe wie Ruttmann, eine Anhebung ihrer Bierpreise auf Dauer nicht verhindern zu können. „Wir versuchen wirklich alles, aber ich befürchte, irgendwann in der nächsten Zeit werden wir gezwungen sein, den Bierpreis unseren gestiegenen Kosten anzupassen“, erklärt stellvertretend der Geschäftsführer der Hoppe Brauerei.
Preiserhöhungen hat auch der Platzhirsch und größte Brauer im Landkreis Miesbach, die Herzogliche Brauerei Tegernsee, in der lokalen Zeitung in einem Interview am Freitag angekündigt. Auch hier ist man auf Kohlensäure-Lieferungen angewiesen. Für die Anfragen der TS hatten die Talbrauer bisher keine Zeit. Energetisch sieht es dort noch nicht ganz so optimal aus: Aktuell sollen die Tegernseer Brauer noch immer mit der Zulassung einer Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach kämpfen.
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