Weil in der Tegernseer Turnhalle noch immer Flüchtlinge unterbracht sind, platzte am Ende der jüngsten Stadtratssitzung, Marcus Staudacher (Grüne), mit einer Idee heraus: Wie wäre es stattdessen mit Containern?
Kommunale Politik lebt davon, dass einfache Menschen aus der Mitte für und mit der Gemeinschaft Sach-Entscheidungen jenseits von Ideologie und Glauben fassen. Aber was, wenn die Parteien zu weit weg sind von ihren Bürgerinnen und Bürgern? Von ihren Ängsten, ihren Sorgen? Und dann fernab diffuse Lösungen erfinden?
Container statt Turnhalle
Der Umgang mit Flüchtlingen im Tegernseer Tal ist exemplarisch. Warum nicht Container für die Geflüchteten auf dem Bolzplatz neben der Turnhalle in Tegernsee aufstellen? Das schlugen die Grünen im Tegernseer Stadtrat am vergangenen Dienstag vor. Marcus Staudacher wolle damit die Turnhalle leer bekommen. Und sein Sitznachbar, Thomas Mandl von der SPD, unterstützte ihn dabei. Schließlich kämen demnächst ja noch die Klima-Flüchtlinge. Da müsse man doch Kapazitäten schaffen.
Vorbild Tegernsee Stadt: Bastenhaus
Eine Gemeinde hat von Anfang an viel Verantwortung und damit Räume zur Verfügung gestellt. Das war Tegernsee. Seit Jahren ist die dortige Turnhalle, eigentlich für den Sportunterricht der benachbarten Schule gedacht, mit Menschen aus aller Welt belegt. Der Landrat zuckt nur mit den Schultern, sieht keine Alternativen, um diese Sportstätte jemals wieder für die Kinder zu öffnen. Derweil ducken sich andere Gemeinden im Landkreis weg, verweisen auf fehlende Unterkunftsmöglichkeiten und sind vermutlich im Stillen froh, mit Tegernsee einen “Dummen” gefunden zu haben. Kommunale Solidarität 2023.
Container für Klima-Flüchtlinge
Und jetzt kamen am Dienstag Marcus Staudacher und Thomas Mandl auf die Idee, doch auf den Bolzplatz, der ‘Turnwiese’, nebenan Container aufzustellen. Das könne doch entlasten. Thomas Mandl fand, eine vorausschauende Kommunalpolitik müsse sich auf mehr Klima-Flüchtlinge einstellen. Was er nicht sagte, aber wohl meinte: Jetzt schon Platz machen für viele weitere Geflüchtete.
Man sah fassungslose Gesichter im Stadtrat. Viele Räte werden von Tegernseer Bürgern, so hört man, wöchentlich gefragt, wann der Landkreis gedenkt, diese “Lösung” mit der Turnhalle zu beenden.
Auch in anderen Gemeinden ist der Unmut über das Schulterzucken im Landratsamt groß. Wie schnell sich Stimmungen ändern können, sieht man in Marienstein. Hier konnten wenige Agitatoren eine feindselige Stimmung im Ortsteil erzeugen.
Ein Treffen mit Verantwortlichen des Landratsamts fand dann auch mal ohne Chef Olaf von Löwis statt. Ergebnis: Bei der Landtagswahl wählten dort viele die AfD. Mit viel Mühe müssen jetzt ehrenamtliche Helferkreise aus Waakirchen die Scherben einer wirren Flüchtlingspolitik ausbaden.
Hilft viel viel?
Wenn ein Sozialdemokrat und ein Grüner nun mehr Platz für Flüchtlinge in Tegernsee fordern, ist das entweder ein bewusstes Schüren von Ressentiments oder ein naives “Viel hilft viel”-Fordern um der eigenen moralischen Überlegenheit wegen. Die Müdigkeit und zuweilen auch Wut vieler Bürger wird außer Acht gelassen. Stattdessen wird Bürgermeister Johannes Hagn dem Landratsamt in Miesbach Staudachers und Mandls Idee weiterleiten.
Hagn wirkte gefasst, erinnerte aber auch an die außergewöhnlichen Anstrengungen der Stadt: ” Mit Bastenhaus und Turnhalle leisten wir einen großen Beitrag zur Unterbringung von Flüchtlingen.” Eine noch größere Zahl von Asylbewerbern würde die Stadt überfordern: „Wir haben den Raum einfach nicht.“ Sophie Stadler vom Landratsamt in Miesbach kann der Stadt auch nicht helfen. Gegenüber dem Merkur sagt sie nur, dass die Behörde die schwierige Situation mit der Turnhalle kenne: “Nur ändern können wir daran überhaupt nichts.”
Ein wesentlicher Teil des Tegernseer Hartplatzes sei, so Stadler, übrigens mit Sanitärcontainern belegt, sodass dort nicht ausreichend Platz wäre für alle Geflüchteten in der Turnhalle.
Aber das heißt ja nicht, dass man die Kapazitäten dorthin erweitern könne … so weckt man schlafende Hunde.
SOCIAL MEDIA SEITEN