Booster trifft auf Omikron

Wieder einmal werden wir von der aktuellen Entwicklung überholt. In den meisten westlichen Ländern werden die Menschen geboostert und erhalten die dritte Impfung gegen das Coronavirus. Doch noch während die Delta-Variante die Intensivstationen an ihre Grenzen bringt, verbreitet sich mit Omikron eine neue Virus-Variante. Ist der Booster jetzt noch sinnvoll?

Hilft die Booster-Impfung auch gegen die neue Omikron Variante?

Vor fast fünf Wochen wussten die wenigsten Menschen, was das Wort Omikron überhaupt bedeutet. Einen Monat später spricht die Welt über den 15. Buchstaben im griechischen Alphabet. Sie steht für eine Anfang November erstmals in Südafrika und Botswana entdeckte SARS-CoV-2-Variante mit der Bezeichnung B.1.1.529. Am 24. November erhielt sie den Namen Omikron. Zwei Tage später stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sie als besorgniserregend ein. Erste Fälle wurden fast zeitgleich in Europa gemeldet.

In unserem Landkreis wurde Omikron bisher noch nicht entdeckt. Trotzdem ist die neue Variante auch hier ein Thema. Wir leben seit dem Beginn der Pandemie mit dem Unwissen über Corona. Fast täglich überrollen uns neue Informationen und Schreckensmeldungen. Es ist schwer, Gewissheiten von vermeintlichen Wahrheiten und wissenschaftliche Erkenntnisse von Spekulationen zu trennen. Wir haben den Gmunder Arzt und Leiter des Impfzentrums Dr. Thomas Straßmüller gebeten, den aktuellen Informationsstand der Mediziner zum Thema Omikron, aber auch den anstehenden Booster-Impfungen mit uns zu teilen.

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Der neue Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) und auch andere Politiker schätzen öffentlich die Omikronvariante als sehr gefährlich für ungeimpfte Menschen ein. Worauf begründet sich diese Sorge?

Dr. Thomas Straßmüller: Hier bewegen wir uns noch im Bereich des Spekulativen. Mit den vorhandenen Informationen kann man davon ausgehen, dass Omikron noch mal deutlich ansteckender ist als Delta. Über die Frage, wie es sich auf den Krankheitsverlauf auswirkt, weiß man noch nicht viel. Die Sorge gründet zum jetzigen Zeitpunkt wohl in erster Linie darauf, dass Omikron die Ungeimpften „finden“ wird.

Ähnliches haben wir ja auch bei Delta gesehen. Vor allem für ungeimpfte Menschen mit Risiko für einen schweren Verlauf kann das gefährlich sein.

In der aktuellen Diskussion um die neue Omikron-Variante heißt es, dass eine Booster-Impfung nach nur 3 Monaten notwendig werden könnte. Zudem wird eine 4. Impfung für vulnerable Gruppen nicht mehr ausgeschlossen. Wie schätzen Sie das ein?

Dr. Straßmüller: Wir haben dazu und auch für Omikron noch sehr wenige Informationen. Die Empfehlung zum Boostern schon nach drei Monaten könnte kommen, immer vorausgesetzt, es gibt ausreichend Impfstoff. Ich halte es auch für möglich, dass im Rahmen der Pandemiebekämpfung eine 4. Impfung (2. Booster) kommt, vor allem für vulnerable Gruppen. Bezüglich Omikron gibt es mittlerweile Daten, die vermuten lassen, dass die aktuell verfügbaren Impfstoffe relativ wenig primäre Schutzwirkung gegen eine Infektion mit Omikron bieten.

Das sagt wohlgemerkt noch nichts über den Schutz vor schwerer Erkrankung aus. Bei Menschen, die einen Booster erhalten hatten, sahen diese Daten auch nicht rosig, aber deutlich besser aus.

Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass wir momentan noch mitten in der Infektionswelle mit Delta stecken. Und da schützt der Booster mit den aktuell verfügbaren Impfstoffen recht gut.

Zurück zur aktuellen Booster-Impfung. Laut mehrerer Studien soll Moderna als Booster-Impfstoff gerade für zuvor mit BioNTech geimpfte Menschen sogar die bessere Variante sein. Stimmen Sie dem zu und warum?

Dr. Straßmüller: Es gibt tatsächlich Studien, die auf eine leicht erhöhte Anzahl sogenannter neutralisierender Antikörper bei dem „Hybrid-Booster“ (BioNTech-Moderna) hinweisen. Ich würde dem allerdings nicht zu viel Bedeutung beimessen. Ich halte das für eine Luxus-Diskussion, die sich andere Länder nur wünschen würden. Allerdings war mir die Skepsis vieler Menschen beim Impfstoff von Moderna angesichts dieser Studien etwas unverständlich.

Was sagen Sie zur Kombination AstraZeneca, Moderna, Moderna?

Dr. Straßmüller: Das ist eine Kombination, die zu einem sehr guten Schutz führt. Aber es gibt eben auch andere Kombinationen, die zu diesem Ziel führen.

Hilft die Booster-Impfung neben dem erhöhten Schutz vor der eigenen Erkrankung auch dabei, das aktuelle Infektionsgeschehen einzugrenzen?

Dr. Straßmüller: Der Booster senkt die Wahrscheinlichkeit einer Durchbruchsinfektion und erhöht den Übertragungsschutz. Und das relativ schnell, schon etwa eine Woche nach der Auffrischung. Beides bremst das aktuelle Infektionsgeschehen ein.

Eine Freundin hat die beiden ersten Impfungen ohne größere Impfreaktionen überstanden – nur nach dem Boostern mit Moderna hatte sie eine heftige Reaktion. Haben Sie das schon öfter gehört?

Dr. Straßmüller: Der Impfstoff Spikevax® von Moderna ist etwas „reaktogener“, örtliche und systemische Impfreaktionen treten etwas häufiger auf als bei Comirnaty® von BioNTech. Beim Boostern wird aber nur die halbe Dosis Moderna verabreicht. Es gibt eine Studie, in der die meisten Impfreaktionen bei der Abfolge Vaxzevria® von AstraZeneca gefolgt von Spikevax® (Moderna) auftraten. Wohlgemerkt harmlose Impfreaktionen, nicht schwerwiegende Nebenwirkungen.

Wo sollte man sich als gesunder, mobiler Mensch seine Booster-Impfung abholen? Einige Hausärzte bitten darum, aktuell noch den älteren, nicht so mobilen Patienten den Vortritt zu lassen – stimmen Sie dem zu?

Dr. Straßmüller: Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich den Eindruck, dass hier im Landkreis Miesbach ein Großteil der älteren Menschen ihre Auffrischungsimpfung erhalten haben. Ich denke, man sollte sich den Booster überall dort abholen, wo man ihn bekommen kann.

Vielen Dank für das Gespräch.

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