In den letzten Jahren hat man in den Rathäusern viel daran gesetzt, die Tourismusbranche zukunftsfähig zu machen. Anders sieht es bei den Einzelhändlern aus. Diese sind meist auf sich allein gestellt. Unterstützung ist oft Fehlanzeige.
Die Tegernseer Tal Tourismus GmbH genießt nicht immer den besten Ruf unter den Vermietern. Zu hoch sind vielen die Budgets, zu intransparent die Arbeit und zu wenig messbar die Erfolge im eigenen Geldbeutel. Und trotzdem können all die kleinen und großen Privatvermieter, Pensionen und Hotels froh sein, mit der TTT einen starken Verband im Rücken zu haben. Kaum eine Lobby hat am Tegernsee so viel Gewicht wie die der Touristiker.
Gerade im Gastgewerbe hat sich darum in den vergangenen Jahren viel getan. Die Tourist-Informationen wurden neu strukturiert und haben neue und teilweise freundlichere Standorte bekommen. Onlinebuchungssysteme wurden eingeführt und die Vermieter geschult. Webterminals zur einfachen Buchung stehen an zentralen Stellen. Selbst in Zukunftsprojekte wie Smart-TV-Apps wurde viel Geld investiert. Die Touristiker genießen dabei oft die volle Rückendeckung aus den Rathäusern.
Einzelhändler bekommen wenig Unterstützung
Glaubt man den Aussagen vieler Einzelhändler rund um den See, fällt die Unterstützung in ihre Richtung sehr viel geringer aus. Lange müsse man kämpfen, um wenigstens Hinweisschilder an Straßen und Wegen aufstellen zu dürfen. Verlinkungen auf die Webseiten der Gewerbeverbände fehlen meist auf den Rathausseiten. Finanzielle Unterstützung durch die Gemeinden ist für Initiativen des Einzelhandels die Ausnahme.
Auch die Vernetzung der Einzelhändler untereinander kann längst nicht mit den Netzwerken der Touristiker mithalten. Diese treffen sich regelmäßig zu „Vermieterstammtischen“, bei denen durchaus auch Forderungen gegenüber den Gemeinden ausformuliert werden, oder sie haben andere Netzwerke wie den Zusammenschluss „Tagungserlebnis Tegernsee“, in dem auch die TTT vertreten ist.
Netzwerkstrukturen, die für den Handel noch mehr als unterentwickelt sind, wie nicht zuletzt das offizielle Statement im Wahlprogramm des Rottacher Stichwahlkandidaten Christian Köck verdeutlicht:
Ich werde mich für eine engere Zusammenarbeit der ortsansässigen Betriebe untereinander einsetzen. Dieser Austausch kann maßgeblich die Chancen auf lukrative Aufträge erhöhen und so Existenzen sichern. Ein „Handwerker-Stammtisch“ bzw. turnusmäßige Treffen für Gewerbetreibende, Einzelhändler und Selbstständige sollen zum Dialog anregen.
Aus eigener Initiative versuchen die Einzelhändler aber bereits heute, sich fit für die Zukunft zu machen. In Bad Wiessee ist beispielsweise vor wenigen Wochen das „Marktplatzl“ online gegangen. Auf der neu gestalteten Übersichtsseite präsentieren sich die Einzelhändler. Für viele der rund 30 Aktiven Wiesseer überhaupt der erste Kontakt zum Internet.
Auf der anderen Seite des Sees haben die „Geschäftsleute der Stadt Tegernsee“ einen aufwändigen Stadtführer durch die Tegernseer Geschäftswelt realisiert. Damit sollen wieder mehr Gäste und Einheimische in die Geschäfte gelockt werden.
Unterstützung durch die Gemeinden bekamen beide Projekte nicht. Und auch der Informationsaustausch über den See hinweg funktioniert bei den Einzelhändlern nicht immer ganz reibungslos. Ein tief verwurzeltes Konkurrenzdenken verhindere oftmals gemeinsame Umsetzungen, so ist es zumindest aus Kreisen der Geschäftsleute zu hören.
Im direkten Vergleich zu den Touristikern erscheint der Einzelhandel im Tegernseer Tal strukturell und organisatorisch fast schon rückständig. Während für die Präsentation der Urlaubsregion hohe Summen für einen gemeinsamen Markenauftritt ausgegeben werden und in Angebote für die Onlinewelt investiert wird, verfügen viele Einzelhändler noch immer nicht einmal über rudimentäres Grundwissen im Onlinegeschäft.
Anstatt talweite Initiativen voranzutreiben, kochen oftmals nicht mal die Gewerbetreibenden einer einzelnen Gemeinde die gleiche Suppe. Aber gerade hier dürfte der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft liegen. Im gemeinsamen Erfahrungsaustausch könnten neue Konzepte und talübergreifende Projekte angestoßen werden. Kosten für die technische Entwicklung neuer Onlineauftritte, gemeinsame Marketingkampagnen oder Einkaufsführer wären im Verbund leichter gestemmt.
Auf der anderen Seite sollte es auch im ureigensten Interesse der Gemeinden sein, die Entwicklung der Geschäftsleute im gesamten Tegernseer Tal aktiver zu fördern, als es bislang geschehen ist. Das muss manchmal überhaupt nicht finanziell geschehen. Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch über Gemeindegrenzen hinweg könnte dafür ein erster Anfang sein.
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