Brustkrebs-Medikament auch im Tal Mangelware

Seit mehreren Wochen gibt es beim Medikament Tamoxifen einen Lieferengpass. Der Wirkstoff wird in der Behandlung von Brustkrebs vornehmlich bei jüngeren Frauen eingesetzt. Auch Ärzten und Apothekern in der Region ist das Problem bekannt – eine schnelle Lösung gibt es derzeit jedoch nicht.

Einzig das Originalprodukt “Nolvadex” sei auf Sonderbestellung lieferbar, sagt Apothekerin Clea Gerbaulet.

„Das Präparat haben wir derzeit leider nicht vorrätig” – diese Aussage bekommen Kunden aktuell bei vielen Apotheken im Landkreis Miesbach zu hören, die nach dem Brustkrebsmedikament Tamoxifen fragen. Apothekerin Clea Gerbaulet von der Antonius-Apotheke in Bad Wiessee: “Ja, es ist knapp geworden.” Auch Andreas Obermüller mit seiner Hof-Apotheke auf der anderen Seeseite bestätigt: “Auch bei uns gibt es kein Tamoxifen.”

Es sind keine Einzelfälle. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) warnte Anfang Januar 2022 schon vor Lieferengpässen. Davon, so schreiben die Funktionäre, seien etwa 85 Prozent des Marktes betroffen, heißt es weiter. Das Medikament ist für viele Brustkrebs-Betroffene ein wichtiger Therapie-Baustein zur Rückfall-Prophylaxe. Ein Wechsel auf ein anderes Medikament wegen schlichter Lieferengpässe ist – medizinisch gesehen – nicht so einfach und zumeist eine große Umstellung für die Frauen mit oftmals deutlich mehr Nebenwirkungen.

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“Laut Firmen gibt es einen voraussichtlichen Lieferengpass bis etwa Anfang Oktober”, warnt Apothekerin Gerbaulet. Einzig das Originalprodukt “Nolvadex sei auf Sonderbestellung lieferbar. “Davon bekommen wir als kontingentierten Artikel eine Packung pro Monat.”

Warum ist das Mittel so wichtig?

Die Onkologin Dr. Brannolte-Raab aus Rottach-Egern erklärt es uns:

Es gibt im Wesentlichen zwei Typen von Brustkrebs: Hormon-empfindliche und Hormon-unempfindliche, wobei mit Hormonen hier die weiblichen Geschlechtshormone gemeint sind. Tamoxifen senkt bei den Hormon-empfindlichen Erkrankungen diesen Hormonspiegel, um das Risiko eines Wiederaufflammens der Erkrankung zu mindern. Das Mittel ist vor allem für jüngere Betroffene – quasi vor den Wechseljahren – bestimmt. Eine große Angst dieser ist absolut nachvollziehbar.

In Krebs-Foren wird der Mangel schon von Frauen verzweifelt diskutiert. Das ist verständlich. „Nach oftmals stattgefundener Operation, Bestrahlung und/oder Chemotherapie wird die Antihormontherapie mit Tamoxifen als eine Art Lebensversicherung empfunden”, so Dr. Brannolte-Raab.

Auch die Tegernseerin Carolin Kotke benötigt das Mittel, wie sie in der heutigen “Showtime of my life – Stars gegen Krebs” bei Vox (20:15 Uhr) erzählen wird. Die Aktivistin und Bloggerin hat den Krebs besiegt und will Betroffenen Frauen mit ihrem Ratgeber helfen.

Im Krankenhaus Agatharied wird das Mittel im stationären Bereich nicht genutzt. Aber Dr. Stefan Rimbach, Chefarzt der Gynäkologie, rät bis zu einer Normalisierung zu einer veränderten Dosierung. Das kann, unter ärztlicher Aufsicht mit einer kleineren Packungsgröße oder mit 2x10mg Tabletten, anstatt 1x20mg geschehen.

Wie schnell wird sich der Versorgungsengpass nun verbessern? Die gute Nachricht: Das Gesundheitsministerium hat den Mangel erkannt, kann nun den zuständigen Landesbehörden die Möglichkeit geben, Import-Arzneimittel in den Verkauf zu bringen, die hierzulande noch nicht zugelassen waren. Sogenannte Generika können dann von Apotheken per Einzelimport aus anderen EU-Ländern eingeführt werden. Aber der Engpass wird, so sind sich örtliche Apotheken sicher, bis in das Frühjahr andauern.

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