Bürger nicht unnötig abkassieren

Einige Kommunen in Bayern bitten ihre Bürger nochmal zur Kasse, ehe sie Straßenerschließungsbeiträge nicht mehr auf die Anwohner umlegen dürfen. Da können für den Einzelnen bis zehntausende Euro zusammenkommen. Darüber hatte nun der Tegernseer Stadtrat zu entscheiden.

Tegernsee will Bürger nicht abzocken

Ende Juli hatte der Gemeinderat von Bad Wiessee die umstrittenen Straßenausbaubeiträge, kurz „Strabs“, auf der Agenda. Doch einstimmig wurde beschlossen, die Bürger von der Straßenausbausatzung zu befreien. Das Motto von Wiessee könne nicht sein, kostspielige Straßenbaumaßnahmen um jeden Preis zu realisieren, nur noch um schnell Erschließungsbeiträge zu kassieren. Keine Regelung habe in der Gemeinde für mehr Unruhe gesorgt. „Sie war bis ins Bodenlose ungerecht und für manche Leute ruinös“, so damals Vize-Bürgermeister Robert Huber (SPD).

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Wer Grundeigentümer an einer seit über 25 Jahre befahrenen Straße ist, braucht die Rechtssicherheit, nach dieser Zeit nicht unerwartet fünfstellige Beträge zahlen zu müssen. Mitte 2018 hatte dann der Landtag beschlossen, die Beiträge für den Straßenausbau abzuschaffen. Projekte aber, für die die Bescheide vor dem 31. Dezember 2017 verschickt wurden, können nach altem Recht abgerechnet werden. Auch bei den Erschließungsbeiträgen müssen sich Kommunen an neuen Regeln orientieren. Stichtag ist der 1. April 2021. So hatte sich am Dienstagabend auch der Stadtrat von Tegernsee damit zu befassen.

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„Kein akuter Handlungsbedarf“

Bauamtsleiterin Bettina Koch erläuterte die „Ausschlussfrist zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen“. Sie könnten auch nicht für Straßen im Außenbereich erhoben werden, sofern diese bereits vor 1961 hergestellt wurden. Bereits in den 80er Jahren sei in der Prinz-Karl-Alle die Erhebung von Erschließungsbeiträgen gescheitert, weil sie als historische Straße eingestuft wurde. „Straßenausbaubeiträge (Strabs) konnten nur für Straßen erhoben werden, die zu einem früheren Zeitpunkt erstmalig hergestellt wurden“, so Koch.

Beispielsweise für die Bodenschneidstraße, Fromundstraße, Karl-Stieler-Straße, Ludwig-Thoma-Weg, Prinzenweg und Sonnleitenweg.  Nach Ansicht der Verwaltung könnte nur noch für einzelne wenige Straßen die Möglichkeit genutzt werden, Erschließungsbeiträge zu erheben. Es besteht aber laut Koch „kein akuter Handlungsbedarf“, nur zum Zweck der Erhebung von Erschließungsbeiträgen Straßen erstmalig aufwändig herzustellen.

So folgte der Stadtrat einstimmig dem Beschluss, „keine Straßenbaumaßnahmen für Straßen mehr durchzuführen, deren Beginn der erstmaligen technischen Herstellung mindestens 25 Jahre zurückliegt“. Es wäre auch „untunlich“, so Bürgermeister Johannes Hagn (CSU), „diese Bürger zu belasten, wenn es gar nicht nötig ist“.

Kommission prüft Härtefälle bei “Strabs”

Die Bürger, die in den Jahren 2014 bis 2017 noch Straßenausbaubeiträge bezahlt haben, sollen nun entlastet werden. Dies prüft seit 1. Juli die Härtefallkommission, die das bayerische Kabinett Ende Juli installierte. Bis Ende des Jahres können noch Anträge gestellt werden.

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