Schliersee:
Bürgerbegehren Schliersee erfolgreich

1.310 Stimmen konnte die Initiative gegen das “Mega-Hotel” Schliersee überzeugen. Gebraucht hätten sie etwa die Hälfte. Jetzt steht im Mai ein Bürgerentscheid ins Haus.

Schlierseer Hof: Die Visualisierung der BB. Quelle: Bürgerbegehren Schliersee

Mehr als doppelt so viele Stimmen sammelte das Bürgerbegehren Schliersee (BB): Gebraucht hätten sie 565: 1.310 sind es geworden. Bürgerinnen und Bürger aus Schliersee können am Sonntag, dem 5. Mai, über den Neubau des Schlierseerhofs abstimmen. Welche Positionen sich hier gegenüberstehen, haben wir hier zusammengefasst.

Aus klein mach groß:

Für den Neubau eines Hotels plus Tiefgarage muss der alte Schlierseerhof weichen, ebenso das Siebzehnrübl, der dazu gehört. Ein Parkplatz der Gemeinde wird für das Projekt ebenfalls überbaut. Die Marktgemeinde Schliersee stimmte bereits 2022 dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zu. Die Familie de Alwis geht von einer Bauzeit von zwei Jahren aus und einer Investitionssumme von 55 Millionen Euro, das geht aus ihrer Webseite “Zukunft-Schlierseerhof” hervor. Sie wirbt unter anderem damit, dass der Schlierseerhof Schliersee wieder mehr Übernachtungsgäste anlocken wird und die Zahl der Tagestouristen verringern wird.

Doch der neue Schlierseerhof würde nicht nur dichter an das Schlierseer Ufer rücken, er sei auch “überdimensioniert”, so eines der Argumente des BB. Zuletzt visualisierten beide Parteien den Neubau: Die BB versuchte, das Bauvorhaben maßstabsgetreu darzustellen. Demnach käme man auf 90 m Länge versus eine Höhe von 24 Metern. Im Verhältnis zum jetzigen Schlierseerhof wäre das Hotel etwa dreimal so lang und sieben Meter höher; so ihre Berechnung.

Anzeige

Der Bauherr hingegen schreibt auf der Webseite von einer Länge von 84 Meter versus der Firsthöhe von 24 Metern (Zahlen aufgerundet, Anmerkung der Redaktion). Auch er stellte daraufhin eine Visualisierung ins Netz, die den Bau aus der Vogelperspektive und von vorne zeigt. Gerade im Verhältnis zu bisherigen Bauten am Schliersee und zum Altbestand des Schlierseerhofs sticht die Planung raus.

So die entsprechende Visualisierung des Bauherren. Quelle: Familie de Alwis

Aus leer mach yeah:

Schliersee wieder zum Leben erwecken, gerade wirtschaftlich, das führt die Familie de Alwis an: In Videos auf Social-Media-Kanälen, in Pressestatements und auf ihrer Webseite zum Hotelprojekt: “Seit Jahren leidet Schliersee unter zunehmenden Leerstand der Geschäfte.” Tatsächlich hat Schliersee mit dem Leerstand ein Problem, die Anzahl der Übernachtungsgäste ist in den letzten Jahren hingegen weitgehend konstant geblieben, sogar leicht gestiegen. Als Urlaubsregion scheint die Region weiter zu florieren. Zumindest in der Marktgemeinde Schliersee, die auch die Gemeindeteile Neuhaus und Fischhausen sowie Spitzing umfasst. 2023 waren 50.4272 Übernachtungsgäste in der Marktgemeinde Schliersee. Im Jahr davor etwa 14.000 weniger. Nur in den Corona-Jahren ist ein deutlicher Rückgang der Hotelübernachtungen deutlich, um die 30.000 Gäste besuchten die Region Schliersee 2020 und 2021 (Quelle: Regionalentwicklung Oberland). Auch, dass die Region deutlich mehr Übernachtungsgäste hat als Tagestouristen, geht aus den Zahlen hervor. Ob der Neubau auch Schwung in den Ort bringen wird? Momentan sind im Hotel eine Markthalle, ein Gastgarten und Restaurants geplant. Diese Bereiche sollen auch den Bürgerinnen und Bürger von Schliersee zur Verfügung stehen. Doch: Wer alles innerhalb des Hotel-Universums kaufen kann, hat möglicherweise wenige Gründe im Ort “bummeln” zu gehen.

Alle 100 Jahre Hochwasser?

Direkt ins Überschwemmungsgebiet wird sich der Neubau des Hotels hineinbegeben. In einer sogenannten Hochwassergefahrenfläche HQ100. Das bedeutet, dass hier etwa alle 100 Jahre mit einem Hochwasser zu rechnen ist. Aber alle 100 Jahre? In Tegernsee und Schliersee gab es zuletzt 2020 Überschwemmungen aufgrund erheblichen Dauerregens. Auch hier schwappten die Seen über die Ufer. Und: Starkregen wird zunehmen, dank Klimawandels.

Grundsätzlich ist das Bauen im Überschwemmungsgebiet so ungewöhnlich nicht: Auch das Guggemoos-Areal in Tegernsee befindet sich im Überschwemmungsgebiet. Es gilt: Wer hier bauen mag, braucht eine Sondergenehmigung. Zudem muss der oder die Bauherrin auch Retentionsflächen vorweisen können, also eine Fläche, auf denen das Hochwasser versickern kann. Das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim hat auf die Idee der Baufamilie, einen Teilbereich der Tiefgarage als Flutungsbereich zu nehmen, kritisch reagiert (Quelle: Protokoll Marktgemeinde Schliersee). Eine offizielle Stellungnahme des Wasseramtes gibt es bisher noch nicht. Auch in Tegernsee wurden jüngst Lösungen für die Retentionsfläche gefunden. Vielleicht beendet jetzt der Bürgerentscheid das Suchen um eine Ausgleichsfläche.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Bauen & Wohnen