Ende Januar ist die Stadt Tegernsee dem geplanten Bau des Seestegs zwischen August Macke Anlage und der Länd ein deutliches Stück näher gekommen. Eine Klage aus Denkmalschutzgründen lehnte der Verwaltungsgerichtshof München ab. Die Stadräte sprachen sich danach mit deutlicher Mehrheit erneut für das Vorhaben aus. Und Bürgemeister Peter Janssen beantragte Sofortvollzug. Doch nun könnte ein Bürgerbegehren den Bau des Steges doch noch in letzter Sekunde kippen.
Klare Sache?
Bürgermeister Peter Janssen zeigte sich erleichtert, als das Münchner Verwaltungsgerichtshof am 24. Januar zugunsten der Stadt Tegernsee urteilte und die Berufung von Bootshausbesitzer Wolfgang Reiniger ablehnte.
Die anschließende Entscheidung des Stadtrates, der das eine Million Euro teure Vorhaben mit 11:6 Stimmen absegnete, die Genehmigung des Landratsamtes auf sofortigen Baubeginn wie auch die Freigabe von Fördermitteln ließen nur einen Schluss zu: Der Steg ist in trockenen Tüchern. Und auch Janssen zeigte sich erwartungsgemäß optimistisch.
Ich bin zuversichtlich, dass es im Frühjahr losgehen kann.
Dabei war bereits da klar, dass einige Tegernseer ein Bürgerbegehren in die Wege leiten wollen. So bot Stadtrat Andreas Obermüller, bekannt als Gegner des Vorhabens, den möglichen Initiatoren seine Unterstützung an. “Ich möchte die Tegernseer ausdrücklich dazu ermutigen, solch ein Bürgerbegehren anzustrengen”, so der Vorsitzende der Freien Wähler Ende Januar.
Nun haben sich zwei Bürger zu dem Schritt entschlossen. Unter der Führung von Albrecht von Perponcher und Andreas Weerth sammeln die Steggegner in den nächsten Wochen Unterschriften, um das Bürgerbegehren rechtskräftig werden zu lassen. Insgesamt zehn Prozent der wahlberechtigen Tegernseer müssen sich beteiligen, damit ein darauffolgender Bürgerentscheid gestartet werden kann. Die Formulare liegen seit heute in verschiedenen Tegernseer Geschäften aus.
Mindestens 300 Unterschriften brauche man, so die Rechnung der Verantwortlichen. “Es wird sicherlich nicht einfach diese Zahl zu
erreichen, sagt von Perponcher auf Nachfrage. Im Jahr 2003 habe man zwar 500 bis 600 Unterschriften in kürzester Zeit zusammenbekommen, doch diesmal werde das sicherlich schwieriger. Gegen den Seesteg hinter dem Rathaus stimmten damals 64 Prozent.
Dass es dieses Mal anders sein wird, davon zeigte sich bereits vor vier Wochen Bürgermeister Janssen überzeugt. Konfrontiert mit dem Hinweis auf ein mögliches Bürgerbegehren sagte Janssen:
Es wurde ja bereits früher einmal eine Postkartenaktion durchgeführt, die sich ebenfalls gegen den Steg richtete und wohl die Stimmungslage testen sollte. Wie ich gehört habe, war die Resonanz darauf sehr gering. Deswegen gehe ich davon aus, dass ein Bürgerentscheid nicht negativ ausfallen würde.
Dabei bringen die Initiatoren ihrer Meinung nach gewichtige Gründe gegen das Vorhaben auf. So monieren sie unter anderem, dass durch den Steg nicht mit einer Belebung des Fremdenverkehrs zu rechnen ist. Die benötigten Geldmittel könnten nutzbringender verwendet werden. Und auch den Neubau privaten Bootsverleihs durch die Stadt bezeichnen die Gegner als “völlig unangemenssen.”
Inwieweit die Gegner des Stegs mit den Argumenten genügend Unterschriften für das Bürgerbegehren sammeln können, ist derzeit offen. Klar ist nur, wie der weitere Weg verlaufen würde, falls genügend Tegernseer die Frage “Sind Sie dafür, dass der Steg zwischen Länd und Macke-Anlage nicht gebaut wird?” mit Ja beantworten.
Quorum von 20 Prozent als Hürde
Nach einem erfolgreichen Begehren landet das Ergebnis auf dem Tisch der Tegernseer Stadträte. Dies sollte jedoch vor dem 5. März passieren, da dann die Aufträge für den Bau des Stegs vergeben werden sollen. Nachträgliche Änderungen oder sogar mögliche Vertragsauflösungen könnten die Stadt teuer kommen.
Trotzdem wird sich der Stadtrat mit dem Ergebnis auseinandersetzen müssen. Dem Gremium bleiben zwei Möglichkeiten zu reagieren: Entweder es revidiert seine Entscheidung den Steg zu bauen oder die Räte bleiben bei ihrem Beschluss. Dann würde es zum Bürgerentscheid kommen. Beim darauffolgenden Urnengang gibt es eine entscheidende Hürde – das sogenannte Quorum in Höhe von 20 Prozent. Bedeutet insgesamt 600 Stimmen müssen mindestens abgegeben werden, damit die Abstimmung über den Steg auch Gültigkeit erlangt.
Wählen können die Bürger übrigens per Briefwahl oder in den Wahllokalen der Stadt. Die einfache Mehrheit entscheidet. Doch das ist Zukunftsmusik. Genauso wie die Diskussion darüber, was bei einem aus Sicht der Gegner erfolgreich verlaufenen Entscheid passieren könnte.
“Schamfrist” abwarten
Denn dass sich die Politik auch mal über das Ergebnis eines Bürgerentscheides hinwegsetzen kann, hat man in der Vergangenheit vor allem in Tegernsee gesehen:
Bürgerentscheid 2003: 64% gegen Stegbau – Bau des Seestegs in 2005.
Bürgerentscheid 2005: Lidl wird abgelehnt – heute steht ein Lidl in Tegernsee-Süd.
Rechtlich ist es zwar einwandfrei, was Tegernsees Bürgermeister Peter Janssen bisher zwei mal gemacht hat. Die sogenannte Schamfrist von einem Jahr – eine bayerische Ausnahme – ist für die Demokratie und die abstimmenden Bürger allerdings ein Schlag ins Gesicht.
Doch den aktuellen Gegnern spielt ein Umstand in die Karten, der 2003 und 2005 so nicht gegeben war. Im März 2014 wird in Tegernsee ein neuer Stadtrat und ein neuer Bürgermeister gewählt. Dass sich jedoch der neue Stadtrat als eine der ersten Amtshandlungen über einen dann auslaufenden Bürgerentscheid hinwegsetzen wird, halten Beobachter für sehr unwahrscheinlich.
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