Die Ruine Maximilian ist auf einem guten Weg in eine neue Zukunft. Dabei hat sich die Gemeinde vor allem in Bezug auf die Kommunikation positiv hervorgetan. Die Verantwortlichen haben es geschafft auch die Gmunder zu involvieren.
Von Start weg hat man sich den Wünschen und der Kritik in einer Bürgerwerkstatt gestellt. Selbst die Investorensuche wurde so transparent wie möglich mit begleitenden Informationsveranstaltungen und Pressekonferenzen gestaltet. Entstanden ist eine Form von Bürgerbeteiligung, die man durchaus als vorbildlich bezeichnen kann.
Und so lassen sich die Ergebnis sehen. Vor allem, dass das Projekt derzeit ohne große Gegenwehr vorankommt, lässt aufhorchen.
Man hat im Gmunder Rathaus viel dazugelernt. Wahrscheinlich vor allem aus dem Chaos rund um das Gut Kaltenbrunn, wie vor einigen Tagen in einem anderen Artikel beschrieben:
Die Gemeinde will nach knapp 30 Jahren Leerstand das Maximilian zusammen mit dem Investor kommunikativ “an den Mann bringen.” Bürgerwerkstatt, Informationsveranstaltungen, Pressekonferenzen.
Die transparente Herangehensweise hat einen Grund: Der negative Flurfunk an den Stammtischen soll gar nicht erst aufleben. Dabei ist der Weg lang. Das Ziel eines sanierten Maximilians, der nach den Vorstellungen der Bürger, wieder Einzug in das Gemeindeleben findet, noch mindestens zwei Jahre entfernt.
Bei allem Fortschritt und positiven Erfahrungen. Eine ständig wachsende Möglichkeit der Kommunikation wurde bisher, auch beim Maximilian ignoriert: Die kommunikative Projektbegleitung über Onlinemedien. Als Beispiel könnten regelmäßige Aktualisierungen zum Fortschritt dienen oder weitergehende Informationen, für die Bürger, die sich tiefer mit dem Thema beschäftigen wollen.
680 Gmunder, die die Verwaltung über Facebook erreicht
Beim Maximilian war die Zurückhaltung noch verständlich: Die Planungen liegen einige Jahre zurück. Die erste Bürgerwerkstatt fand vor über zwei Jahren statt. Im gleichen Zeitraum ist allerdings auch die Teilhabe an sozialen Netzwerken im Internet sprunghaft angestiegen.
Alleine bei Facebook sind inzwischen fast 700 Gmunder aktiv. Das sind jetzt schon etwa 15% der Einwohner. In den nächsten Jahren wird sich diese Zahl wohl noch deutlich erhöhen. Das bietet neue Chancen, wie eine Gemeinde für zukünftige Projekte mit den Bürgern kommunizieren kann.
Über geschlossene Netzwerke ließe sich auch die große Angst vieler Gemeindevertreter vor “anonymen Kommentaren” einfach umgehen. Facebook bietet zum Beispiel Gruppen an, die für die Öffentlichkeit nicht sichtbar sind. Die Teilnehmer werden vom Administrator, beispielsweise dem Geschäftsleiter der Gemeinde, freigeschaltet und können untereinander diskutieren und sich austauschen.
Da fast jedes Profil auch den echten Namen anzeigt, wäre das nicht mehr oder weniger anonym, als eine Bürgerversammlung. Teilnehmen und diskutieren dürften im Falle des Maximilian beispielsweise nur Gmunder. Ein geschlossener Raum für die betroffenen Anwohner sozusagen.
Ein Bud-Spencer-Tunnel als Beispiel wie es nicht funktioniert
Die Gefahr von sich verselbstständigenden und unkontrollierbaren Aktionen, wie sie einigen Gemeinden schon passiert sind, lässt sich dadurch vermeiden. Ein schönes Beispiel, wie Online-Bürgerarbeit schief gehen kann, hat letztes Jahr Schwäbisch Gmünd bei der Suche nach einem Namen für einen neuen Tunnel erfahren müssen.
Im Internet hatten sich schnell zehntausende Nutzer zusammengefunden, die zwar nichts mit Schwäbisch Gmünd oder dem geplanten Tunnel am Hut hatten, aber einen Namen ganz besonders toll fanden – “Bud Spencer Tunnel”:
Ein Bau für 180 Millionen Euro mit dem Namen des Darstellers von Figuren wie „Plattfuß“? Das ging dem Gemeinderat etwas zu weit. Zur Ausweich-Lösung wurde das Freibad auserkoren.
Als Beispiel gegen Bürgerarbeit über das Internet taugen diese Erfahrungen allerdings nicht. Nur als Lehrbeispiel, wie man es nicht machen sollte, wenn man an ernsthaften Ergebnissen interessiert ist.
Eine Bürgerwerkstatt, wie es sie für das Projekt Maximilian gab, wird aber auch in Zukunft unverzichtbar bleiben: Um sich persönlich kennenzulernen, um gemeinsam erste Ideen und Richtungen zu entwickeln. Auch die gewohnte Pressearbeit wird immer wichtig bleiben, um viele Menschen zu erreichen.
Im zweiten Schritt bietet das Internet für geplante Projekte aber ebenfalls Chancen und Möglichkeiten, wie eine Gemeinde über den kompletten Projektzeitraum in engem Kontakt zu den Beteiligten bleiben kann.
Der deutsche Städte- und Gemeindebund beschreibt die Herausforderungen in seinem aktuellsten Positionspapier eigentlich sehr treffend unter der Überschrift: “Kommunikation erfordert Information“
Die klassische PR-Arbeit ist einseitig und birgt das Risiko eines grundsätzlichen Misstrauens in der Bevölkerung, selbst wenn die Informationen in der Sache richtig sind.
Erforderlich ist ein Dialog auf Augenhöhe. Dieser setzt eine ausreichende Information der Bürgerinnen und Bürger voraus.
Die Kommunikation sollte aus einem projekt- und zielgruppenspezifischen Medienmix bestehen, der das persönliche Gespräch genauso umfasst, wie die Nutzung von Druckerzeugnissen, sowie das Internet und soziale Netzwerke.
Der Ansatz: Die ersten Ideen und Informationen aus einer Bürgerwerkstatt könnten im virtuellen Raum ausgearbeitet, diskutiert oder verworfen werden. Die Gemeinde würde erste Entwürfe präsentieren und Meinungen einholen, Termine bekanntgeben und Experten zu Wort kommen lassen. Eben permanent mitteilen, woran sie gerade arbeitet und wie der Stand der Dinge ist.
Der große Vorteil liegt darin, dass sich auch bei langwierigen Projekten “immer etwas tut.” Denn durch den permanenten Kontakt zu den Bürgern, können lange Durststrecken in Planungsphasen überbrückt werden, ohne dass das Gefühl aufkommt, “dass sich da eben nichts tut” oder man erst informiert wird, “wenn sowieso schon alles entschieden ist”.
Die kurze Mitteilung zum aktuellen Stand oder ein erster konkreter Vorab-Entwurf ist zwar noch lange kein Thema für eine Pressekonferenz – ein kurzes Update im Internet oder auf Facebook ist es trotzdem wert.
Wer wird der erste sein, der das Neue wagt?
Das Maximilian wird diese Form der Teilhabe nicht mehr erleben. So wie es derzeit aussieht, wird das Gesamtprojekt auch mit den herkömmlichen kommunikativen Mitteln – aller Voraussicht nach ohne große Proteste – umgesetzt werden.
Das ist vor allem der konsequenten Vorarbeit der Gemeinde und einer relativ offenen Zusammenarbeit mit den Bürgern zu verdanken. Beim nächsten Vorhaben könnten aber vielleicht schon andere Kommunikationskanäle mit einbezogen werden, um deutlich mehr Bürger zu erreichen und zu informieren. Der Aufwand ist sehr überschaubar. Nur irgendwann muss man damit anfangen, wenn man den Anschluss nicht verpassen will.
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Mehr zum Thema gibt es auf dem Politblog [x Politics]. Dort geht es um Trends und Bewegungen, die fernab der parteipolitischen Tagesagenda die gesellschaftliche Zukunft gestalten und verändern.
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