Aus vielen Worten des Oberbayern Köhl wurde am Donnerstagabend deutlich, dass er IT-Spezialist ist, im Online- und E-Commerce-Bereich „kenne ich mich wirklich gut aus“, betonte er mehrmals. Nach sieben Wochen im Amt sehe er aber, dass man damit am Tegernsee noch in den Kinderschuhen stecke.
Da müssen wir noch Gas geben. Denn die Digitalisierung ist auf allen Ebenen wichtig.
Im Gegensatz zu seinem vorherigen Arbeitsplatz im Berchtesgadener Land mit den hohen Bergen und 3,5 Millionen Übernachtungen sei für ihn nun der Tegernsee mit seiner Kulinarik und seinen 1,5 Millionen Übernachtungen der Genusssee. „Unser Ziel muss es sein, die Münchner auch als Übernachtungsgäste in der gehobenen Qualität zu gewinnen, aber auch die Gäste von Main und Donau. Wir müssen aber auch offen bleiben für die Familien, die sich keine Vier- oder Fünfsterne-Häuser leisten können, denn deren Kinder sind die Gäste von morgen“.
Dabei sehe die Realität ein wenig anders aus, bemängelte Rolf Neresheimer (ranBW) auf der Gemeinderatssitzung. Für Kinder sei offenbar wenig im Budget der TTT von knapp 4,2 Millionen Euro vorgesehen, Kinderferienprogramme seien gestrichen worden, während für die Webcam auf dem Wallberg 40.000 vorhanden seien. „Für mich ist dies ein krasses Missverhältnis“, so Neresheimer.
Familien waren keine Zielgruppen
TTT-Prokurist Christian Kausch, zuständig für die Finanzen, musste einräumen, dass es in den vergangenen Jahren zwar Programme für Kinder gab, aber Familien nicht als Zielgruppen galten. Köhl gab zu bedenken, dass man gegen die großen Familiendestinationen jenseits der Grenze mit einem sechzehnstündigen Programm keine Chance habe.
Dort würden Hundertausende von Euro für solche kinderfreundlichen Projekte locker gemacht. „Wir dagegen wollen, dass die Familien zusammenbleiben und gemeinsam etwas in der Natur unternehmen. Wir setzen lieber auf mehr Kraxl-Maxl, Fahrrad-Detektive und Spürnasen als auf Erlebnisparks“, so der neue TTT-Chef Köhl.
Die TTT wird für Wiessee teurer
Für das Merketing gebe die TTT 1,8 Millionen Euro aus und stelle 1,4 Millionen Euro für das „Gäste-Anbieterwesen“ bereit. Die eigene Verwaltung mit 46 Mitarbeitern koste nochmals 867.000 Euro. An den Gesamtkosten von 4,18 Millionen Euro ist Wiessee nicht unerheblich beteiligt. Die Gemeinde bezuschusst Köhl und seinen Stab in diesem Jahr mit knapp 1,1 Millionen Euro. Vor zwei Jahren waren es noch 40.000 Euro weniger.
Als Gründe für die „moderate“ Steigerung nannte Kausch, dass „einige Gelder in den letzten Jahren weggefallen sind, zum Beispiel die Finanzierung des Masterplans, der Wegfall der privaten Gesellschafter, die einen Teil der Basisfinanzierung gestemmt haben, zudem ist ein stetiger Rückgang individueller Einnahmen zu beobachten“. Doch langfristig seien Investitionen in die Budgetoptimierung geplant. Dabei dürfte das Potenzial für Kosteneinsparungen groß sein. Alleine für den Betrieb der Tourist-Information in Bad Wiessee “sind in diesem Jahr 275.000 Euro angesetzt“, so Kausch.
Birgit Trinkl (Wiesseer Block) wollte wissen, wofür die 75.000 Euro aus dem Tegernseer Tal an die ATS in Schliersee bezahlt wurden. Dieser Betrag sei vor allem für die Erstellung einer übergreifenden Wanderkarte ausgegeben worden, versuchte Kausch zu erklären. Doch Trinkl gab sich damit nicht zufrieden und monierte: „75.000 Euro für eine Wanderkarte, das ist schon ein bisschen viel“.
„Wir müssen einen Modus Vivendi mit der ATS in Schliersee finden und beide in den Aufgaben sinnvoll zusammenführen“, betonte dagegen Köhl, „ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine Landkreis-Organisation brauchen. Denn die TTT kann nicht irgendwelche Wanderthemen von Holzkirchen bis Miesbach machen. Wir wollen im Tal stark sein“. Wenn sich seine TTT nicht auf Themen fokussiere und lieber einen Bauchladen haben wolle, „dann wird das nichts“.
Die Richtung der TTT geben inzwischen die fünf Talgemeinden als Gesellschafter vor, das damit ein lupenreines Kommunalunternehmen wurde. Und als Mitgesellschafter hatte Bürgermeister Peter Höß (Wiesseer Block) auch einen Wermutstropfen parat. Die TTT sei zwar ein schlagkräftiges Team, „ob wir aber eine TI in Wiessee in der Form in zehn Jahren noch brauchen, ist fraglich, denn es gibt für die Zukunft inzwischen ganz andere Theorien“, sagte Höß sibyllinisch. So, als wüsste er mehr.
SOCIAL MEDIA SEITEN