Baumschutzsatzung, Flächenschutz oder Artenschutzrecht. Verordnungen für den Erhalt der Bäume gibt es viele. Doch immer wieder werden sie durch Gemeindebeschlüsse oder von Privatbesitzern dem Erdboden gleichgemacht. Nicht nur bei den Mitgliedern der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) stößt dies auf Unmut. Die Liste der gefällten Bäume ist lang, wie Vorsitzende Angela Brogsitter-Fink weiß:
Es ist erschütternd, wie man hier im Tal mit Bäumen umgeht. Noch dazu ist Rottach die einzige Gemeinde, die eine Baumschutzverordnung hat.
Eine solche gibt im Landkreis lediglich in den Kommunen Miesbach, Otterfing, Rottach und Bayrischzell. Obwohl die Verordnung schon seit 1978 in der Rottacher Gemeindesatzung verankert ist, besteht der Eindruck, dass viele Bäume gerodet werden. Zuletzt sorgte die Baumfällaktion entlang der Rottach für einen lauten Aufschrei aller Naturschützer.
Gemeinde und Landratsamt waren nur indirekt beteiligt. Hier gab das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim die Rodungen an. Hochwasserschutz geht vor Naturschutz. Der Bekannteste unter den Baumfrevel-Aktivisten ist wohl Bauunternehmer Otto Ebster. Er sorgte schon mehrmals für Schlagzeilen durch unerlaubte Baumfällaktionen.
Gmund will „Öffentliche Sicherheit“ bewahren
Die Gemeinde Gmund ist innerhalb der vergangenen Monate um einige Bäume ärmer geworden. Erst Ende 2015 musste die Straße zwischen Bad Wiessee und Gmund aufgrund von Rodungsarbeiten gesperrt werden. Wegen „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ wurden sturmbeschädigte Bäume gefällt.
Aus ähnlichen Gründen war vor Kurzem die Verbindungsstraße von Rainmühle nach Festenbach in Gmund gesperrt. Die Papierfabrik Louisental gab Anlass für die Rodungen, da viele der Bäume am betroffenen Hang nicht mehr standsicher waren.
Der geplante Fahrradweg zwischen Finsterwald und Gmund kostete ebenfalls viele Bäume. „Hier hat man eine ganze Baumreihe gefällt“, erklärt Brogsitter-Fink. Gerade in Gmund entsteht der Eindruck vieler Baumrodungen, weil sie alle innerhalb eines gewissen Zeitraumes erfolgen müssen. Florian Ruml, Geschäftsleiter der Gemeinde Gmund klärt auf:
Während der Vogelbrutzeit, von März bis September, dürfen keine Rodungen durchgeführt werden.
Was den Eindruck weiterhin bestärkt, seien die privat durchgeführten Rodungen, die zeitlich nah beieinander lagen, wie Ruml berichtet. In Tegernsee liegen die jüngsten Baumrodungen vier bis sechs Wochen zurück. „Aus verkehrssicherheitstechnischen Gründen mussten wir die Buchen an der Orthopädischen Klinik fällen lassen“, erklärt Hans Staudacher, Geschäftsleiter der Stadt Tegernsee. Die alten Buchen standen direkt am Straßenrand. Weil die Stadt für die Sicherheit auf öffentlichem Gelände verantwortlich ist, mussten die Bäume weichen.
“So viel wie nötig, so wenig wie möglich“
Die Gemeinde Bad Wiessee hat einen internen Fachberater, wenn es darum geht, welcher Baum stehen bleiben darf. Geschäftsleiter Michael Herrmann erklärt: „Ein Mitarbeiter der Gemeinde ist zertifizierter Baumkontrolleur. Er begutachtet jeden Baum beispielsweise bei Krankheit und beurteilt, ob er gefällt werden muss.“ Ganz nach dem Motto „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“, so Herrmann weiter.
Laut Gemeinde, beschränke man sich auf ein Minimum, wenn es um das Fällen von Bäumen geht. Aber auch hier gelten die Gesetze: Öffentliche Sicherheit geht vor Naturschutz. „In Bad Wiessee wurden zuletzt vor fünf Wochen circa zehn bis 15 Fichten am Badepark gefällt. Aber das waren keine erhaltenswerten Edellaubbäume“, beteuert der Geschäftsleiter.
Edellaubbäume wie Buche, Eiche oder der Bergahorn sind zwar besonders schützenswert, dennoch werden sie aus Sicherheitsgründen gerodet. Angela Brogsitter-Fink setzt sich im Namen der SGT ein, die Bürger zu sensibilisieren. Die Vorsitzende hat den Förster und Autor Peter Wohlleben ins Tal eingeladen. Bekannt wurde er durch sein Buch „Das geheime Leben der Bäume“, welches 2015 erschien. Er soll aufklären und die Anwohner sensibilisieren, damit das Tal auch weiterhin als “grünes Heilklima-Ressort” für künftige Generationen erhalten bleibt.
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