Egal, ob der Wind pfeift oder die Sonne scheint: Veronika ist gerne draußen bei den Tieren. Die Chinchillas mag die Zweijährige am liebsten. „Ich hab auch welche zu Hause“, sagt Doreen Hoffmann. Sie ist Pflegedienstleiterin in der Seniorenresidenz am Wallberg. Die kleine Veronika wohnt in der Nachbarschaft und besucht regelmäßig den Streichelzoo und den Spielplatz der Seniorenresidenz.
Der Streichelzoo gehört zum Konzept der Residenz. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass sich Tiere positiv auf das Befinden von Menschen auswirken, weiß die Pflegedienstleiterin Doreen Hoffmann. Sie spenden Nähe, sind Freunde und Therapeuten.
Außerdem ziehen Tiere Kinder an. Und von denen wimmelt es hier im Altenheim: 15 Kinder erobern gerade laut schreiend das Gelände. Sie kommen aus dem Spielzimmer der gemeindlichen Kindergruppe, die ebenfalls in der Seniorenresidenz untergebracht ist.
Wer ist zuerst am Dreirad? Wer darf das Blechauto fahren? Oder den Traktor für ein paar Minuten besetzen? Solange Kindergruppenleiterin Karin Hafner nicht einschreitet, ist für die Kleinen alles erlaubt. Vier Vormittage können Eltern ihre Kinder zur Spielgruppe bringen. Draußen sein ist dann Pflicht, egal, wie das Wetter ist. Die Lust kommt schon von alleine.
Nachbarsfamilien, Passanten, Urlauber, Zufallsgäste
„Hier können die Kleinen so laut schreien, wie sie möchten, das stört keinen“, erklärt Hoffmann lachend. Im Gegenteil: Es ist von der Leitung ausdrücklich erwünscht, dass sich das Gelände mit Leben füllt. Am Wochenende ist hier immer mächtig was los. Viele Nachbarsfamilien kommen regelmäßig vorbei. Aber auch Urlauber und Passanten, die zufällig auf den Streichelzoo stoßen. Die Bewohner freuen sich über jedes neue Gesicht, und oft kommen dabei nette Gespräche zustande.
Mit dem Reden haben sie es noch nicht so, die Zwei- bis Dreijährigen. Dafür sind sie gut gelaunt und voller Tatendrang. Moritz jagt gerade den getigerten Kater, der es wagt, seinen Weg zu kreuzen. Eine kleine Gruppe ist auf dem Weg in den angrenzenden Stall, in dem sich die Mäuse und Wasserschildkröten befinden.
Seit rund fünf Jahren gibt es den Streichelzoo. Als Peter Wisgott die Seniorenresidenz 2005 übernommen hat, brachten einige Bewohner ihre eigenen Tiere – hauptsächlich Katzen – mit. Dann ging es Schlag auf Schlag. Tierbesitzer gaben ihre Tiere aus Zeitmangel ab. Andere legten die Tiere anonym auf die Schwelle, wohl in der Hoffnung, sie würden hier eine neue Heimat finden. Irgendwann wurden auch Tiere aus schlechter Haltung oder vor dem Schlachter gerettet.
Etwa 100 Tiere auf rund 100 Bewohner
Heute tummeln sich auf dem Gelände, in den Ställen und Gehegen rund 20 Hasen, 40 Meerschweinchen, zwei Ponys, zwei Zwergziegen, drei Chinchillas, drei Nutrias, zwei Amazonaspapageien sowie jede Menge Hühner, Enten, Gänse, Mäuse sowie Land- und Wasserschildkröten.
Herr Reiser, Herr Haltmair und auch die anderen rund 100 Bewohner übernehmen gerne die Verantwortung und helfen bei der Pflege der Tiere. Sie spüren täglich die Nähe und Zuneigung und sprechen dadurch viel über ihre eigenen Tiere oder darüber, wie es früher auf dem Land war. „Diese biografischen Gespräche helfen uns, gewisse Eigenarten und Reaktionen der Bewohner zu verstehen und darauf einzugehen“, sagt Pflegedienstleiterin Hoffmann.
Und zwischendrin immer wieder die Kinder. Die schützen definitiv am besten vor Langeweile und Einsamkeit. Obwohl ein Streichelzoo in einer Seniorenresidenz natürlich viel Arbeit macht: Hier haben wirklich alle was davon. Bewohner, Kinder, Nachbarn und Touristen. Alte und Junge und Tiere. Hier scheint genug Platz für alle zu sein. Wo sonst kommt man schon Samstagmittag einfach mal gerne ins Altenheim – nur um etwas Spaß zu haben?
Anmerkungen zum Artikel:
Erschienen in der Maiausgabe des Tegernseer Stimme Magazins.
Eine größere Bilderstrecke zum Streichelzoo gibt es im folgenden Beitrag.
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