“Das Rückgrat unseres Landkreises”

Im vollbesetzten Waitzinger-Keller in Miesbach wurden gestern Abend die diesjährigen Träger des Wirtschaftspreises 2015 ausgezeichnet. Und unterschiedlicher hätten die lokalen Unternehmen wohl nicht sein können. Dem Veranstalter gelang zudem eine hochkarätige Besetzung auf dem Podium: Airbus-Chef Tom Enders als Festredner und Pro Sieben-Gründer Georg Kofler als Laudator.

Der Andrang im Waitzinger Keller bei der gestrigen Preisverleihung war groß
Der Andrang im Waitzinger Keller bei der gestrigen Preisverleihung war groß

Ähnlich der Oscar-Preisverleihung wurden die Gewinner des Wirtschaftspreises aus goldenen Kuverts der Papierfabrik Gmund gezogen. Sie hätten unterschiedlicher nicht sein können. Holz ist der Werkstoff der Schreinerei Josef Eham, Metall und Kunststoff bilden die Grundlage des Maschinenbauunternehmens LTN, inzwischen ein Globalplayer. Das Otterfinger Unternehmen mit seinen über 270 Mitarbeitern ist spezialisiert auf elektrotechnische Geräte zur Stromübertragung, ob von Windkrafträdern oder Generatoren.

Beide Firmen hätten sich durch ihre innovativen Produkte über den Landkreis hinaus einen Namen gemacht, hieß es in der Begründung der SMG zur Preisverleihung. Zudem hätten sich die Betriebe vorbildlich im Ausbildungsbereich engagiert.

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“Eham ist aus anderem Holz“

Josef Eham, bereits mit dem Alpenpreis 2013 geehrt, nahm den Wirtschaftspreis stellvertretend für das traditionelle Handwerk im Landkreis entgegen. Denn über Generationen hinaus habe ein Schreiner im Landkreis einen hohen Stellenwert. Für sich nahm Eham in Anspruch, dass die hochwertige Arbeit seines Haushamer Betriebes mit 70 Mitarbeitern von den Kunden sehr geschätzt werde und im Idealfall auch noch bezahlbar sei. Demnächst kann er sein 30-jähriges Firmenjubiläum feiern.

Pro Sieben-Gründer Georg Kofler, inzwischen auch in Rottach-Egern zuhause, lobte in seiner Laudatio Eham, der mit seinen Produkten auch internationale Erfolge erziele. Grundlage dafür sei Ehams Leidenschaft für den Rohstoff Holz. „Er liefert keine 08/15 Produkte“, meinte Ehams Kunde Kofler, „sondern versuche aus Wohn- eben Lebensräume zu machen. Josef Eham ist eben aus einem anderen Holz“.

Was haben Schleifringe und Schokoriegel gemeinsam?

Ludwig Angerpointner, Geschäftsführer von LTN, zeigte sich sichtlich gerührt über den Preis für sein Unternehmen. Zwar würde er kein Produkt anbieten, das irgendjemand im Saal spontan kaufen würde. Trotzdem besitzen sicherlich viele schon Teile von LTN – beispielsweise im Auto. Man sehe seine „Schleifringe“ eben nur nicht.

Auch für die Verpackung eines bekannten Schokoriegels, diene seine verborgene Technologie. Deswegen werde man wohl auch nie einen Design-Preis bekommen. Wirtschaftlich sei man breit aufgestellt. In den vergangenen 17 Jahren habe sich der Umsatz vervierfacht. Heuer werde er etwa 28 Millionen Euro erreichen. Vornehmlich seien Bosch und Leica Kunden von LTN.

Tom Enders: „Ich bin ein Tegernseer“

„Es liegt an uns, über den Tellerrand hinauszuschauen. Wir müssen eine ganz starke Region entwickeln, die ihren Platz in der Metropol-Region um München hat“, meinte Klaus-Dieter Graf von Moltke in seiner Rede für die SMG. „Wir wollen hier Tradition, aber auch den Fortschritt und die Entwicklung leben. Ein Spagat, der uns Unternehmer im Landkreis ausmacht“, so von Moltke.

Doch anders als von ihm angekündigt, legte Tom Enders zu Beginn seines Festvortrags augenzwinkernd Wert darauf, dass er kein Gmunder sei, sondern ein Tegernseer. Dann hob der ehemalige Fallschirmjäger Enders als Konzernchef von EADS, dem wichtigsten Luft- und Raumfahrtunternehmen Europas, in andere Sphären ab. Bei seinem globalen Konzern, der bayerische Wurzeln hat, geht es nicht um Millionen, sondern um einen Auftragswert in den Büchern von 950 Milliarden Euro bei 140.000 Mitarbeitern weltweit.

Airbus-Chef Tom Enders hielt gestern vor dem vollbesetzten Waitzinger Keller die Festrede
Airbus-Chef Tom Enders hielt gestern vor dem vollbesetzten Waitzinger Keller die Festrede

Enders betonte, dass sein Unternehmen viele Lebensbereiche der Menschen tangiere: ob bei Flugzeugen, den Kommunikationssatelliten oder der Raumfahrttechnik. „Sie und ich nutzen Airbus-Technologien tagtäglich“, betonte Enders, „ob bei Wetterberichten oder der Navigation“. Demnächst sollen von einem amerikanischen Konsortium 1.000 Satelliten im All platziert werden, um dem ganzen Globus das Internet zugänglich zu machen. Information und Mobilität sei ein Grundbedürfnis der Menschen.

An die Politik in Berlin gerichtet, mahnte Enders als einer der bedeutendsten deutschen Manager den Reformstau in Deutschland an. Man sei ziemlich am Ende eines Rankings angelangt. Enders zitierte einen Medienbericht: „Die Politik lenkt zu viel und denkt zu kurz“. Damit meine er natürlich nicht den Landkreis, sagte Enders an Wolfgang Rzehak gerichtet.

Rzehak lobt den Unternehmermut

Miesbachs Landrat griff auch ein Zitat auf: „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt“. Diesen Spruch des Dichters Dante Alighieri aus dem Mittelalter stellte Rzehak an den Beginn seiner Rede. Die versammelten Unternehmer an diesem Abend hätten diesen Spruch längst verstanden. „Sie sind das Rückgrat unseres Landkreises“, lobte Rzehak. Vor allem durch die Schaffung von Arbeitsplätzen werde der Region eine soziale Sicherheit gegeben. „Ohne ihren unternehmerischen Mut würde es dem Landkreis nicht so gut gehen“.

Dennoch müsse man noch einige Hausaufgaben machen. Auch als grüner Landrat sehe er bei der Infrastruktur den Spagat zwischen Ökonomie und Ökologie. Daher begrüße er es, dass die SMG die Zukunftswerkstatt Mobilität ins Leben gerufen habe, die sich mit der Umsetzung von Verkehrskonzepten beschäftigen würde. Rzehak sprach sich dafür aus, dass die Wirtschaft die Politik berät und nicht umgekehrt. Die zahlreichen Unternehmer im Waitzinger-Keller werden dies sicher gerne gehört haben.

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