Über Jahrzehnte hatte die Kreissparkasse (KSK) Reisen, Einladungen und Geschenke mitfinanziert – nicht jeder habe diese Praxis in veränderten Zeiten sofort als Unrecht gesehen, argumentierten Jakob Kreidls Anwälte Klaus Leipold und Maximilian Heim vor dem Landgericht München II. Kreidls Handeln sei daher nur an der Grenze zur Fahrlässigkeit gewesen.
Deshalb verlangten sie im Prozess um die Miesbacher Sponsoringaffäre heute vor der Wirtschaftskammer für den ehemaligen CSU-Landrat und Verwaltungsratschef Jakob Kreidl eine Strafe von unter einem Jahr. Denn ihr Mandant hatte „nicht einen Hauch einer Unrechtsvereinbarung“ bei dem Komplex „Geschenke“, die Bromme mit etwa 55.000 Euro auf Kosten der KSK veranlasst hatte. Keinesfalls sei damit Kreidls Dienstausübung „beeinflusst worden“.
Freizusprechen sei Kreidl auch vom Vorwurf der Untreue bei der Geburtstagsfeier des Vize-Landrats Arnfried Färber. Zwar hat auch hier die Sparkasse Kosten von 55.000 Euro übernommen, obwohl es laut Anklage eine private Feier war. Doch von dem Ausmaß habe Kreidl bei der Unterzeichnung der offiziellen Einladungskarten „noch keine Ahnung“ gehabt. Nur diese Unterschriften könne man ihm zum Vorwurf machen, da Kreidl von einer Sparkassen-Veranstaltung ausgegangen sei. Nicht anders sei es beim Entenessen in der Weißachalm gewesen. „Er musste hier keine Bedenken zur Seite schieben“, so Heim, „da es für ihn mit Referenten der Sparkassen eindeutig eine Veranstaltung der KSK war“.
„Schnitzel: ja, Shrimps: nein“
Leipold verwies auf die veränderten Compliance-Regelungen in den vergangenen Jahren. Heute könne man niemanden mehr zum Oktoberfest einladen, ohne dass es nicht schon Korruption ist. Und Bestechung sei es heute, wenn ein Müllmann ein kleines Präsent bekomme. Als Toleranzgrenze habe früher gegolten: Schnitzel ja, Shrimps nein. Was sich seit 1976 eingeschlichen habe, bekomme man heute nicht mehr so leicht aus den Köpfen.
Früher sei kein Vorgänger von Kreidl auf die Anklagebank gekommen. So haben sich laut Leipold „die Zeiten geändert“. Schuld sei auch das „katastrophale Aufsichtsverhalten übergeordneter Organe“. Dies allein schon sei strafmildernd. Die damalige Leiterin der Prüfungsstelle hatte deswegen einen Strafbefehl wegen Untreue akzeptiert.
Kreidl habe bereits eine Wiedergutmachung von 7.000 Euro gegenüber der KSK geleistet. Leipold machte geltend, dass sich sein Mandant auch einem Disziplinarverfahren ausgesetzt sehe, auch seine Altersbezüge seien in Gefahr. Deshalb sollte Kreidl nach Ansicht seiner Anwälte eine Bewährungsstrafe von deutlich unter einem Jahr erhalten.
Für Mihalovits geht es „um viel“
Für Brommes Nachfolger als KSK-Chef Martin Mihalovits beantragten dessen Verteidiger, es bei einer “Verwarnung mit Strafvorbehalt”, also bei einer Geldstrafe zu belassen. Laut Anklage hatte Mihalovits ebenfalls Geschenke erhalten und an Fahrten teilgenommen. Für eine Fahrt und ein fragwürdiges Sponsoring war er als neuer Vorstandschef verantwortlich. Seine Verteidiger betonten aber seine erfolgreichen Reformbemühungen. Ihr Mandant habe sich immer dem Verfahren gestellt und mit den Vorwürfen auseinandergesetzt.
Für Mihalovits würde es bei einer Verurteilung um „viel gehen, um berufsrechtliche Konsequenzen“. Angesichts der Vorwürfe, über die man noch reden müsse, wäre es unangemessen, wenn der Angeklagte nicht mehr seinen Beruf ausüben könnte. Zumal der amtierende Verwaltungsrat der KSK Mihalovits zuletzt sein „großes Vertrauen“ ausgesprochen habe, plädierte Anwältin Annette Rosskopf. „Mihalovits hat umgesteuert und die Spendenpraxis eingestellt“, ergänzte Professor Klaus Volk. Die Staatsanwaltschaft habe nicht zur Kenntnis genommen, dass „das Wirken von Mihalovits als neuer Chef in der KSK deutliche Spuren hinterlassen“ habe.
Letzte Worte der Angeklagten
Das letzte Wort hatten die Angeklagten. „Er stehe nach Abschluss des Verfahrens bereit“, erklärte Bromme, „sich den Gremien der KSK zu stellen“. Möglichst aber mit einem Moderator. Kreidl räumte ein, als Verwaltungsrats-Chef Fehler gemacht zu haben, die er „sehr bedauere“. Aber den Vorwurf der Vorteilsannahme sah Kreidl nicht, mit dem könne er auch „niemals leben“. Er habe immer versucht, seine Ämter ohne Beeinflussung von außen nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben.
Sein gesamtes politischen Wirken habe immer dem Wohle des Landkreises und seiner Bewohner gedient. Unabhängig davon stehe er zu seiner Verantwortung, „die ich wohl auch gezeigt habe“. Auch mit Blick auf das anhängige Disziplinarverfahren bitte er das Gericht „inständig“, eine zu verhängende Freiheitsstrafe so niedrig wie möglich auszusprechen.
Das „System Bromme“
Mihalovits letzte Worte: „Ich habe das Ende der Ära Bromme 2012 gesehen und geschehen lassen. In dieser Ära wurde ein System geschaffen, das viele Personen gestützt und viele davon profitiert haben.” Um in diesem System zu überleben, hätte er viele Kompromisse eingehen müssen. Er habe aus damaliger Sicht sinnlose Konflikte vermieden. Diese sei in der Überzeugung geschehen, der KSK nicht zu schaden. Dass es ihm gelungen sei, das Ruder herumzureißen, würden die in seiner Verantwortung stehenden Bilanzen zeigen.
Sollten aber seine Kompromisse nach Ansicht des Gerichts zum Schaden der KSK geführt haben, sei dies „nie in seiner Absicht gestanden“. Sein Prozess des Umdenkens im Geldinstitut und im Landkreis würde bis heute andauern. Für ihn galt immer der wirtschaftliche Erfolg seiner Sparkasse. „Diesen Weg möchte ich gerne fortsetzen“.
Ob dies möglich ist, wird die Urteilsverkündung am 8. April zeigen.
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