Das „Tacheles reden“ des Landrats blieb aus

Zuletzt hagelte es heftige Kritik. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) bemängelte die Qualität der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) und sprach vom „erneuten Einbruch der Betriebsqualität“. Auf den Zug sprang auch Miesbachs Grüner Landrat Wolfgang Rzehak, der mit Bernd Rosenbusch „Tacheles reden“ wollte. Doch es kam anders.

BOB-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch vor dem Kreistag.

Der Januar war für die BOB der absolute Tiefpunkt. Mit einer durchschnittichen Pünktlichkeit von 76,8 Prozent hatte die Oberbayerische Regionalbahn den “mit Abstand schlechtesten Wert aller bayerischen Verkehrsunternehmen“ erreicht. So lautete das eindeutige Urteil der BEG als Aufsichtsbehörde Ende Juni. Damit war die BOB und ihr Chef weit weg vom gesteckten Ziel.

Grund sei im Januar der starke Schneefall gewesen, der sich „unter den Fahrzeugen verklumpte“ und zu zahlreichen Zugausfällen und Zugkürzungen führte „Da hatten wir furchterregende Tage“, so Rosenbusch heute im Kreistag. Dann gab es im Juni das andere extrem: heiße Tage. „Dies führte dann zu einer Pünktlichkeit von 90 Prozent“. Seitdem fahre man aber wieder mit einer Zuverlässigkeit von zuletzt 93 Prozent. Da sei aber noch Luft nach oben, so Rosenbusch, der sich heute reumütig zeigte.

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Das Grundübel sei, dass die BOB auf einer alten eingleisigen Strecke wie „im tiefsten Bayerischen Wald“ fahre und mittlerweile mit 20 Jahre alten Fahrzeugen kämpfe. Diesen Oldtimern wurden inzwischen in der Lenggrieser Werkhalle elektrische Abtauanlagen verpasst, so Rosenbusch. Insgesamt werde derzeit eine Liste von 223 Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Fahrzeuge abgearbeitet. „So eine Ausfallquote kommt nicht mehr vor“, doch vor Überraschungen sei man bei der Bahn nie gefeit, räumte der BOB-Chef ein.

Elektrifizierung kommt frühestens im Jahr 2032

Der einzige Hoffnungsschimmer in den nächsten Jahrzehnten sei die Elektrifizierung der Strecke südlich Holzkirchen ins Oberland. Doch mit einer Oberleitung allein sei es noch nicht getan. „Auch die Stellwerke und die weitere Infrastruktur muss auf den neuesten Stand gebracht werden“, erklärte Rosenbusch vor den versammelten Kommunalpolitikern im Kreistag. Das Oberland sei so wichtig für München als Reiseziel und als Pendlerregion, „dass wir Ausbau und Elektrifizierung brauchen“.

Wie berichtet soll das ganze rund 75 Millionen Euro kosten. Geld, das der Bund zur Verfügung stellen müsste. Man müsse dort investieren, wo die Leute fahren. Und die seien überwiegend im Regionalverkehr unterwegs, statt auf ICE-Strecken, in die bisher Milliarden investiert wurden. Da aber die Eisenbahn-Infrastruktur mit der Elektrifizierung, die frühestens im Jahr 2032 machbar sei, Sache der Bundes- und der Staatsregierung ist, müsse man jetzt vor den beiden Wahlen die Gunst der Stunde nutzen und die Stimmkreis-Abgeordneten mobilisieren. Einer hörte im Kreistag aufmerksam zu, Alexander Radwan, gleichzeitig auch CSU-Bundestagsabgeordneter.

In Lindau dauerte die Elektrifizierung 35 Jahre

Doch die Wortmeldungen überließ Radwan anderen. Josef Bierschneider als CSU-Fraktionssprecher bezweifelte den von Rosenbusch verkündeten Anstieg der Kundenzufriedenheit. „Sie steht konträr zu dem, was hier im Landkreis über die BOB zu hören ist“. Bei der inzwischen entstanden Diskussion zur Elektrizitäts-Frage und den Halbstunden-Takt voran zu bringen, würden sich jetzt „die Früchte“ eines früheren Antrags im Kreistag zeigen.

Dank der „großen Unterstützung“ von Radwan und Ilse Aigner liege das Thema auch auf Seehofers Kabinettstisch. Hier werde auch der Landkreis gefordert sein, sich einzubringen. Jetzt müssten alle an einem Strick ziehen, „sonst dauert die Elektrifizierung 35 Jahre, wie das Beispiel der Strecke nach Lindau zeige“. Dies dürfe nicht die Perspektive im Landkreis sein.

BOB sucht weiter nach neuen Mitarbeitern

„Ohne Elektrifizierung wird es schon wegen der Umwelt nicht gehen“, pflichtete Landrat Wolfgang Rzehak bei. Daher sei es gut, dass die Staatsregierung die Forderung nach einer Modernisierung der Oberland-Bahnstrecke und deren Planungskosten übernehme. Hier sei ein „Schulterschluss“ über alle Parteigrenzen hinweg gefordert. „Bei allen muss jetzt ein Umdenken stattfinden, auch bei der Bundesregierung, weg von der Straße hin zum öffentlichen Nahverkehr“.

Wenn man auf die letzten Monate blicke, müsse man feststellen, „dass aus der einst geliebten BOB eine Verdrusslinie wurde“, klagte Paul Ferl (SPD). „Allein im Juni waren es 70 Zugausfälle und 170 Züge fuhren verkürzt“. So brächte man die Autofahrer nicht von der Straße hin zur BOB. Deren „Kernproblem sind die alten Kisten“, so Fertl, der „neue Zuggarnituren“ forderte.

Norbert Kerkel (FWG-Sprecher) sprach die Personalsituation an. „Was unternimmt die BOB, um die Mitarbeiter im Unternehmen zu halten?“ Es gebe keine drastischen Sparmaßnahmen, konterte Rosenbusch, „weil eine Eisenbahn an der Qualität nicht sparen kann“. Jetzt im laufenden Betrieb brauche man vor allem Elektriker, wie man auch einstelle. „Jede Bahn braucht Lokführer, wir auch. Wenn sie Verwandte und Bekannte haben, die das werden wollen, sagen sie denen Bescheid“. Ansonsten kam Rosenbusch ungeschoren davon. Seine Überzeugungsarbeit trug offenbar Früchte.

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