“Maßlose Erweiterung” im historischen Gewand

Ergänzung vom 17. Juni / 15:11 Uhr
Die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal macht mobil gegen den geplanten Umbau des Westerhofs. In einer Pressemitteilung schreibt die Vorsitzende Angela Brogsitter-Finck von einer “maßlosen Erweiterung auf geschichtsträchtigem Boden”.

Laut Brogsitter werde das Vorhaben durch politische Hilfe umgesetzt und ist aus diversen Gründen abzulehnen.

Der Westerhof, neben dem Lieberhof hoch über dem See auf geschichtsträchtigem Boden gelegen, soll “im historischen Gewand” eine maßlose Erweiterung erfahren. Diese Nachricht erfüllt viele Bürger mit großer Sorge, die sie der SGT bereits übermittelt haben. Aus diesem Grund nimmt die SGT schon einmal Stellung, auch wenn noch kein Bebauungsplan aufgestellt ist.

Vagabundierendes Kapital auf der ganzen Welt sucht nach Investitionsmöglichkeiten, und wieder einmal ist auch das Tegernseer Tal davon betroffen.

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In den 1950er-Jahren wurde der alte Bauernhof (etwa 1000 Jahre alt und Lehen des Klosters Tegernsee) von Dr. Theodor Sehmer zu einem weltbekannten Sanatorium umgewandelt. Seit dieser, vor allem aber in letzter Zeit erfolgten unter dem neuen Besitzer zahlreiche An- und Umbauten wie auch größere Abholzaktionen.

Jetzt aber ist an eine voluminöse Erweiterung gedacht, die kasemattenartig im sensiblen Außenbereich wohl mit politischer Hilfe umgesetzt werden soll. Diesen Landschaftsraum hat der Gesetzgeber unter Schutz gestellt, weil er als bedeutendes kulturelles Erbe und zu den natürlichen Lebensgrundlagen von uns allen gehört. Für den Außenbereich – wie wir alle wissen – gelten strenge Beschränkungen! Voraussetzung aller Erweiterung ist eine angemessene Erschließung (Infrastruktur auf Straße, Feuerwehrzufahrt, Kanal, Trink- und Löschwasserversorgung, Personenrettung im Brandfall etc. – auch im Winter !!!)

Die Schönheit des Tegernseer Tals ist aber unser aller Besitz und KAPITAL! Ein politisches Handeln, das wenigen Nutzen und vielen Schaden bringt, wurde in den vergangenen Jahrzehnten schon zur Genüge umgesetzt. Was passiert übrigens mit der “Seeperle” (im gleichen Besitz wie der Westerhof) – alle Infrastruktur ist hier vorhanden?

Angela Brogsitter-Finck
für den Vorstand

Andreas Greither als Eigentümer des Westerhofs wollte sich zu den Vorwürfen vonseiten der Schutzgemeinschaft nicht äußern.

Ursprünglicher Artikel vom 07. Juni mit der Überschrift: “Die Arbeit geht jetzt erst richtig los”

Andreas Greither setzt alles auf eine Karte. Der frühere Pharmazie-Unternehmer will sein Hotel für den Wettbewerb im oberbayerischen Hotelmarkt fit machen. In der heutigen Zeit heißt das: Betten, Betten, Betten. Das ermöglicht eine bessere Rentabilität und vor allem Zukunftsfähigkeit. Das Problem des Westerhofs ist dabei auch gleichzeitig sein größter Trumpf.

In den vergangenen Jahren hat Greither zusammen mit seinem Team das Hotel um den mittlerweile 995 Jahre alten Westerhof herum gebaut. Liebevoll und detailversessen hat man rund 50 Zimmer gestaltet. Vor allem die tolle Lage hoch oben am Hang schätzen die Gäste. Dabei ist die vorhandene Flächennutzung für ein solches Haus nicht optimal: zu wenig Therapie- sowie Wellnesmöglichkeiten, fehlende Seminarräume und vor allem zu wenige Zimmer.

Der Umbau soll neue Zielgruppen ansprechen

Insgesamt 13.800 Quadratmeter Geschossfläche werden im Rahmen des Umbaus entstehen. Zum Vergleich: am Krankenhausgrundstück sind 16.500 geplant. Das neue Hotel “Der Westerhof” steigt damit zu einem der größten Hotels am Tegernsee auf. Interessante Zielgruppen von Seminarteilnehmern bis hin zu ruhebedürftigen Senioren könnten so zu einem Aufenthalt bewogen werden. Doch bis es so weit ist, werden noch einige Jahre vergehen.

Greither betont, dass man bewusst keinen Schnellschuss produzieren möchte. Und auch der Genehmigungsprozess dürfte sich bei einem Projekt mit den Ausmaßen einige Zeit hinziehen. “Ich hoffe, dass wir bis zum 1.000-jährigen Jubiläum des Westerhofs in fünf Jahren die wichtigsten Teile der Erweiterung fertig haben.”

Der Westerhof oberhalb des Tegernseer Zentrums ist weithin sichtbar. Die ruhige Lage ermöglicht einen schönen Ausblick. Gleichzeitig müssen die Verantwortlichen für eine optisch ansprechende Vergrößerung sorgen. Am besten unsichtbar.

Derzeit, so Greither, sei das Hotel zu sehr zersiedelt. Vor allem der ehemalige Hof wird zukünftig in Richtung Tegernsee wieder stärker in Erscheinung treten und sich von den anderen Gebäuden abheben.

Da eine Verdreifachung der Gästekapazität – angedacht sind laut Bürgermeister Peter Janssen 250 bis 300 Betten – auch deutlich mehr Fläche bedeutet, muss der Architekt auf einen Trick zurückgreifen. “Die Erweiterung soll am besten nicht sichtbar sein”, erklärt Andreas Greither. Eine komplexe Vorgabe, die gleichzeitig nicht ganz billig wird. Wie viel der Hotelier in den nächsten Jahren investieren wird, lässt er jedoch offen. Klar ist nur: Um die Vorgabe zu erfüllen, müssen umfangreiche Erdarbeiten durchgeführt werden, durch die das Hotel und damit auch ein Teil der neuen Räume direkt in den Berg hinein gebaut werden.

Zimmer im Berg

Seeseitig entstehen so im Hang – wie in einer Schublade – “große und helle Zimmer mit Ausblick auf Berge und See in einer der ruhigsten Lagen”, erklärt Greither. Für Christine Laprell ist das zwar “ein toller Bau, gleichzeitig aber auch ein großer Eingriff in die Natur”. Das sagte die CSU-Politikerin bei der offiziellen Präsentation des Vorhabens im Tegernseer Stadtrat.

Für Peter Janssen dagegen werde die Erweiterung von unten kaum sichtbar und vor allem landschaftsschonend untergebracht. Eine Meinung, bei der er auch vom Zweiten Bürgermeister Toni Staudacher unterstützt wird: “Zum Großteil ist die Fläche für die neuen Gebäude schon bebaut. Wir entscheiden uns also nicht für ein Hotel auf der grünen Wiese. Für mich ist die Entwicklung absolut positiv.”

Das historische Anwesen (breites Gebäude, unten) wird freigestellt. Alle Gebäude gruppieren sich um einen Innenplatz.

Als einzigen kritischen Punkt sahen einige Stadträte die Zufahrt zum weit über der Stadt gelegenen Hotel. Deutlich mehr Betten bedeuten eben auch mehr Gäste. Und die werden mit ihren Autos über die relativ enge Olaf-Gulbransson-Straße anreisen. Eine Entwicklung, die einige Anwohner aufschrecken wird.

Greither versucht, das Szenario zu entkräften, und verweist unter anderem auf die zukünftig längere Aufenthaltsdauer eines durchschnittlichen Gastes. “Wir haben zwar mehr Betten, gleichzeitig steigt die Dauer eines Aufenthalts von bisher zwei auf mindestens vier bis sieben Tage. Effektiv wird der Verkehr also nicht mehr werden.”

Behördenmarathon voraus

Ob das am Ende tatsächlich auch so aufgeht, wird man natürlich sehen müssen. Bei aller Euphorie, die im Tegernseer Stadtrat teilweise zu spüren war, stehen die Verantwortlichen vor einem langen Weg durch die Instanzen. Bis das Vorhaben genehmigt ist, wird einige Zeit vergehen. Es wird Gruppierungen im Tal geben, die eine so umfangreiche Hotelerweiterung – teilweise direkt im Berg – an einer derart prominenten Stelle kritisch sehen dürften.

Der erste Schritt, die Zustimmung des Tegernseer Stadtrates zum vorgelegten Masterplan, ist gemacht. Viele weitere Schritte stehen dagegen noch an. Eine Realität, der sich auch Andreas Greither bewusst ist und selbst betont: “Die Arbeit geht jetzt erst richtig los.”

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