Dem Agrarwahnsinn zum Trotz

„Selbst denken, selbst machen, selbst versorgen“ titelt Markus Bogner vom Boarhof in Bad Wiessee sein Buch. Seit der Veröffentlichung geben sich TV-Teams bei ihm in Holz die Klinke in die Hand. Bogner ist Bauer aus Leidenschaft und will vor allem eines nicht: sich der Alternativlosigkeit in der Agrarindustrie beugen.

Er denkt und macht es einfach: Markus Bogner zeigt, wie man eine kleine Landwirtschaft erfolgreich führen kann.

Vor gut sieben Jahren haben Maria und Markus Bogner den rund 10 Hektar großen Hof gepachtet. Es ist ein Vollerwerbsbetrieb, obwohl ihnen alle Experten und Ämter bescheinigten, dass er nicht profitabel sein würde. Doch inzwischen bewirtschaftet die Familie den Hof so, dass sie davon leben kann. Was übrig bleibt, verkauft sie im Hofladen oder im Café.

Weil Bogner aufzeigen wollte, dass eine biologische Landwirtschaft möglich ist – abseits vom Agrarwahnsinn – entschloss er sich, ein Buch zu schreiben. “Weniger jammern, mehr machen”, so dessen Tenor. Die Tegernseer Stimme sprach mit Bogner, der unter anderem die Naturkäserei Tegernseer Land mitbegründete und sieben Jahre deren Aufsichtsratsvorsitzender war.

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Tegernseer Stimme: Ihr Untertitel des Buches lautet: Ein Bauer zeigt, wie’s geht. Wie geht‘s denn, dass Sie Ihren Hof profitabel bewirtschaften können?

Bogner: Es ist total simpel. Wir betreiben eine Landwirtschaft, wie sie im Alpenvorland bis in die späten 50er Jahre vor der sogenannten grünen Revolution betrieben wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sich die bäuerliche Familie selbst versorgen und die Überschüsse vermarkten. Diese Vermarktung hat sich seitdem stark verändert, weil die Preise für die Erzeugnisse permanent in den Keller gehen. Denn die Märkte und die verarbeitende Industrie diktieren, wie die Produkte zu welchem Preis beschaffen sein sollen. Wir verfolgen auf unserem Boarhof eine andere Strategie.

Tegernseer Stimme: Welche denn?

Bogner: Wir haben diese Märkte komplett ausgeschaltet und suchen den direkten Kontakt zum Kunden. So können wir unsere Produkte direkt kommunizieren und erklären, warum unsere Waren und deren Preis manchmal ein bisschen anders aussehen als im Supermarkt. So können wir auf Wünsche und Kritik der Verbraucher reagieren.

Tegernseer Stimme: Für wen haben Sie das Buch geschrieben, für die Verbraucher oder Ihre Kollegen?

Bogner (lacht): In erster Linie für mich. Denn in meinem Kopf hat sich so viel angestaut, was raus musste. Ich will damit die Bauern mit ihren vielen Problemen nicht stigmatisieren. Im Gegensatz zu denen haben wir einen Pachtbetrieb und keine seit Generationen lastenden Traditionen auf unseren Schultern. Bei uns heißt es nicht, es wurde schon immer so gemacht, also machst du es weiter so. Wir konnten hier umsetzen, was unsere Vision einer Landwirtschaft war. Das kann hundert Meter weiter schon wieder anders aussehen. Die Kernaussage meines Buches ist: erst Hirn einschalten und ausloten, was möglich ist.

Tegernseer Stimme: Macht bei Ihnen die Vielfalt den Erfolg aus oder ist es die Spezialisierung?

Bogner: Nur mit Masthendl kämen die Kunden nicht zu uns. Da wir als Familie uns auch mit hochwertigen Lebensmitteln versorgen wollen, bringt dies schon die Vielfalt mit sich. Diese brauchen wir auch wegen der zahlreichen Synergieeffekte in der Natur, die man bei einer Monokultur nicht hat.

Tegernseer Stimme: Wie kommen Sie gegen das Mantra der Agrarlobby nach Massentierhaltung und chemischer Keule an?

Bogner: Man sieht doch in den letzten 30 Jahren, dass dieses Mantra nicht zum Ziel führt. Wenn aber das Ziel ist, dass die Konzerne immer mächtiger werden, dann haben sie ihr Ziel erreicht. Bestes Beispiel ist die Fusion von Monsanto und Bayer. Aber dies führt nicht zum Ziel, eine Welternährung zu sichern. Wir haben hier einen Weg gefunden, der als Blaupause anderswo auch gelten könnte: eine kleinbäuerliche Landwirtschaft. Diese würde aber nicht zum viel propagierten Wirtschaftswachstum führen. Deshalb will die große Politik diese Art von Landwirtschaft momentan noch nicht.

Tegernseer Stimme: Ein Kapitel Ihres Buches trägt die Überschrift: Der Kassenbon als Wahlschein des 21. Jahrhunderts. Was meinen Sie damit?

Bogner: Während wir bei den Wahlen in diesem und nächsten Jahren immer nur ein Kreuz machen können, hat der Verbraucher mit seinem Konsumverhalten die eigentliche Macht. Denn laut einer Umfrage entscheidet er sich im Jahr 14.000 Mal für ein Produkt und damit gegen ein anderes der Konkurrenz. Ich bin der Überzeugung, dass eine solche Wahl deutlich nachhaltiger wirkt, weil die Politik deutlich schneller darauf reagiert, als dieses eine Kreuz bei Bundestags- oder Landtagswahlen. Mit dem Kassenbon treffen wir aber auch eine politische Entscheidung. Der Verbraucher hat es in der Hand.

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