Angesichts solcher Zahlen fühlen sich die Kommunen jetzt schon überfordert, so der Tenor einer Diskussionsveranstaltung der Kreis-CSU am gestrigen Samstag. Und der Tegernseer Bürgermeister klagt, dass man als kleine Gemeinde das Problem komplett alleine lösen müsse.
„Vor allem nachts kommen die Flüchtlinge, die teils schon Jahre unterwegs sind. Nur mit Flip-Flops werden sie oft von Schleppern vom Lkw oder aus dem Bus gestoßen. Hunderte, Tausende gelangen so zur Erstaufnahme nach München“, beschreibt der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, die sich zuspitzende Situation.
Hillenbrand zeichnet ein dramatisches Bild, das niemand im Saal des Hotels Bayerischer Hof in Miesbach kalt läßt. Weder die Bezirksvorsitzende Ilse Aigner noch Alexander Radwan, den CSU-Kreisvorsitzenden. Denn innerhalb eines Jahres hat sich laut Hillenbrand die Zahl der Asylbewerber, die nach München gelangten, verdreifacht. Bereits jetzt muss Oberbayern über 20.000 Asylbewerber aufnehmen. Für nächstes Jahr hält der Politiker sogar in einem Szenario die Ankunft von bis zu 1.000 Flüchtlingen pro Tag in München für möglich.
Ehrenamtliche Helfer sind auf Dauer überfordert
Was dies für die Gemeinden im Landkreis bedeuten würde, kann sich dabei jeder im Saal ausmalen. Man stoße bereits heute bei der Unterbringung an Grenzen, schildert Miesbachs CSU-Bürgermeisterin Ingrid Pongratz die Lage:
Es gibt jetzt schon im Landkreis für die eigenen Leute kaum noch preiswerten Wohnraum. Wenn ich dann rumfrage, könnte ich bitte eine Wohnung für einen Asylbewerber bekommen, dann schnaufen alle tief ein und sagen, ich habe schon vermietet.
Vor dieser Tatsache stehe sie einfach. Aber auch vor der, dass dringend Lehrkräfte zum Deutschunterricht für die Kinder benötigt würden. „Integration beginnt mit der Sprache. Die ehrenamtlichen Helfer schaffen dies auf Dauer nicht. Deshalb müssen der Kultus- und der Finanzminister so flexibel sein und zusätzliche Lehrer einstellen“, mahnt Pongratz eindringlich mit Blick auf Ilse Aigner als Vertreterin der Staatsregierung.
„Von den Ehrenamtlichen kommt ein unglaubliches Engagement, um die Situation zu bewältigen“, sagt die Initiatorin Dorothee Erpenstein, denn nur durch sie laufe die Aufnahme der Flüchtlinge auch sozialverträglich.
Bei der gut zweistündigen Diskussion mit Politikern und etlichen ehrenamtlichen Helfern zeigt sich allerdings auch, dass die Helfer selbst dringend Hilfe brauchen. Als Beispiel nennt der Integrationsbeauftragte des Landkreises, Max Niedermeier, die Stadt Tegernsee: „Hier wurden die Flüchtlinge kurz vor einem Wochenende angekündigt, doch gekommen sind sie eine Woche später. Dann sitzen die Ehrenamtlichen tagelang da und warten. Dies ist eine Überforderung, die wir gar nicht brauchen können.“
Hagn fühlt sich im Stich gelassen
Ins gleiche Horn stößt auch Johannes Hagn, Tegernsees CSU-Bürgermeister: „Die Ehrenamtlichen sichern unseren sozialen Frieden.“ Er bemängelt auch den langen Aufenthalt der 20 Flüchtlinge in der Turnhalle aus den zwanziger Jahren. „Ursprünglich hieß es, wir sollen uns auf zwei Wochen einrichten. Inzwischen sind wir nun in der sechsten Woche“, beschreibt Hagn die Lage.
Doch die Turnhalle ist für einen längeren Aufenthalt gar nicht geeignet, schon gar nicht für verschiedene Ethnien.
Die Bayerische Staatsregierung müsse dafür sorgen, dass die Bürokratie abgebaut werde, was die Verweildauer dieser Menschen betreffe. Denn verschiedene Leute in Tegernsee würden Asylbewerber aufnehmen. „Doch die Wohnungsanbieter dürfen das nicht, und wir als Kommune haben keinen Zugriff auf diese Menschen. Das müssen wir ändern“, fordert Hagn an Ilse Aigner gewandt.
Wir haben zwar die Regierung von Oberbayern und das Landratsamt. Aber wir als Stadt Tegernsee müssen mit dem Problem in der Unterkunft selbst fertig werden.
Das sei eigentlich gar nicht Aufgabe einer Kommune, auch nicht die der ehrenamtlichen Helfer. Man tue es aber trotzdem.
Hagn appelliert daher vor allem an die Staatsregierung, die rechtliche Lage von Kommunen zu verbessern. „Es wundert mich nicht, dass wir Orte im Landkreis haben, die sagen, Sankt Florian, Sankt Florian, verschone mein Haus, zünde andere an. Denn sie sehen, dass man bei dieser Problematik ziemlich alleingelassen wird.“
Alleingelassen ist Hagn bei dieser Diskussionsrunde auch als CSU-Bürgermeister des Tegernseer Tals. Seine drei anderen Kollegen und Parteifreunde werden bei diesem brennenden Thema Asylbewerber jedenfalls nicht gesichtet.
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