Der grüne CSU-Alptraum

Wolfgang Rzehak war nun sechs Jahre im Amt des Landrats. Für die Kommunalwahlen im März will er wieder für Die Grünen kandidieren. In einem Interview spricht Rzehak unter anderem über seine Wiederwahl und darüber, wieso er der Alptraum für so manchen CSUler ist.

Der Landratskandidat Wolfgang Rzehak (Die Grünen) in einem Interview mit der Tegernseer Stimme. / Quelle: Martin Calsow

15. März 2020. Nach sechs Jahren Amtszeit wird Wolfgang Rzehak erneut als Landrat antreten. Er hat den Landkreis entschuldet, ihn jenseits von fundamental-grünen Themen geführt und die Machenschaften seines Vorgängers aufgeklärt. Keine Mätzchen, jedoch auch keine Visionen. Aber für einige Wähler, die unter dem Vorgänger und seinem Sparkassen-Spezl massiv gelitten hatten, ist etwas noch wichtiger: Sie finden, Rzehak habe mit ruhiger Hand dem in Verruf geratenen Amt die Würde zurückgegeben.

Am 23. Januar 2020 haben wir hierzu ein persönliches Interview mit dem Amtsinhaber Rzehak geführt. Die Bürotür ist geöffnet. Der Vorgänger hat noch den Schreibtisch mit dem Wappen herrichten lassen. Letztes Überbleibsel einstiger Pracht. Jetzt steht da einfach der Wolfgang Rzehak, gutgelaunt und wenig mächtig. „Können wir offen reden? Oder kann der Bromme hier noch Mikros versteckt haben?“ Wolfgang Rzehak schüttelt grinsend den Kopf.

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Herr Landrat, im März 2020 wird auch der Landrat gewählt. Sie dürften dann ja wieder den Sessel an die CSU, die diese Position gefühlt seit der Steinzeit innehatte, abgeben müssen. Schon die Jahreskarte für die BOB gekauft?

Rzehak: Na, die werde ich nicht kaufen müssen. Ich bin sehr optimistisch: Ich werde wiedergewählt. Als Grüner Landrat bin ich für den ein oder anderen CSUler ein Alptraum. Das war mir klar. Aber eine gmahde Wiesn ist es auf keinen Fall, und ich werde um jede Stimme kämpfen.

Wie viele Neujahrsempfänge müssen in den nächsten Wochen noch von Ihnen besucht werden?

Rzehak: Jetzt ist es langsam vorbei, noch einer steht im Umweltministerium an. Dann habe ich es geschafft. (Anmerkung des Autors: Mittlerweile hat er auch den hinter sich, wie man den Bildern seiner Facebook-Seite entnehmen konnte) Mein Favorit ist der in Weyarn beim dortigen Bürgermeister. Aber generell freue ich mich über jede Einladung.

Was steht noch in der ersten Hälfte des Jahres an?

Rzehak: Das ist das Gute – wenn man in die zweite Wahlperiode geht, dann fällt die Einarbeitung weg. Ich mach‘ einfach weiter, brauche keine hundert Tage oder gar ein Jahr, um mich mit den Dingen vertraut zu machen. Am 15. März wird gewählt. Vielleicht schaffen wir es schon da, direkt zu gewinnen. Sonst ist der nächste Termin die Stichwahl am 29. März 2020.

Der MVV-Beitritt steht an, wir setzen die Arbeit am Förderzentrum in Hausham fort, der Realschulneubau in Gmund. Hauptthema wird die immense Belastung durch den Verkehr sein. Und wir müssen bezahlbaren Wohnraum schaffen. Wichtig für mich: Wir müssen unsere Heimat erhalten, sie schützen!

Fangen wir mit dem Verkehr an. Sie wohnen in Gmund nicht weit entfernt vom Gasteig, einem der Hauptverkehrsknotenpunkte im Tal, quasi der Flaschenhals.

Rzehak: Wir haben einen Nahverkehrsplan aufgestellt. Die stündlichen Busverbindungen um den See sind schon in Ordnung, werden aber vornehmlich von Gästen, weniger von Einheimischen genutzt. Wir als Landkreis haben die ÖPNV-Ausgaben in meiner Amtszeit verfünffacht, werden aber noch mehr investieren. Der MVV Beitritt ist wichtig. Eines ist aber auch klar: Das Denken muss auch anders werden, der kurze Weg zum Supermarkt kann für viele Menschen eben auch einmal ohne Auto stattfinden. Da sind wir alle ein wenig zu träge. Es kann nicht sein, dass man sagt: ‚Nur die Münchner sollen nicht mehr kommen‘, man selbst aber munter das Auto nutzt. Dazu kommt eine verbesserte Bauleitplanung. Da sind mehr die Gemeinden in ihrer Planung gefordert: Sie planen den Supermarkt auf der grünen Wiese in der einen Richtung, den Kindergarten, die Neubausiedlung in der anderen Richtung. Das ist wenig hilfreich, führt zu mehr Verkehr und frisst häufig zu viel Fläche.

Die BOB ist ein Sorgenkind: Ausfälle, Verspätungen und hohe Preise. Das missfällt vielen.

Rzehak: Es muss mehr Druck her. Mit meinem Kollegen Joseph Niedermeier aus dem Nachbarlandkreis Bad Tölz-Wolfratshausen machen wir den Druck, dass die Elektrifizierung kommt und die Infrastruktur ausgebaut wird.

Aber die CSU scheint sich auf dieses Thema in jüngster Zeit sehr gesetzt zu haben.

Rzehak: Ich finde das witzig: Ausgerechnet die CSU, die bis zu meinem Amtsantritt das Thema ÖPNV gar nicht auf dem Schirm hatte, weder im Kreistag noch auf Landesebene, regt sich auf, weil angeblich so wenig vorangeht. Es gab in Bayern nur CSU-Verkehrsminister, sogar auf Bundes-Ebene stellt die CSU seit mehr als zehn Jahren den Verkehrsminister. Die haben das Thema Verkehr nur auf Autos reduziert. Das fällt ihnen jetzt auf die Füße. Ich werde es noch stärker anpacken – auch gegen Widerstände. Mehr Straße, das ist klar, führt zu mehr Stau.

Stichwort Bauen im Tal: Da kommt von den Gemeinden der Vorwurf, gern von jenen mit einem CSU-Bürgermeister, das Landratsamt behindere sie in ihrem Handeln, die enorme Bautätigkeit einzudämmen. Was ist Ihre Erwiderung darauf?

Rzehak: Da fehlt es mir manchmal an Ehrlichkeit. Es wurde in den 80er und 90er Jahren von Gemeinden versäumt, Bebauungspläne aufzustellen, also klare Rahmen zu schaffen, die sowohl den Einheimischen als auch den Zugezogenen klare Vorgaben gibt. Bebauungspläne stellen eben auch Zukunftsperspektiven dar. Wo will ich hin mit meiner Gemeinde in zehn, 20 oder 30 Jahren?

Der aktuelle Monat wird von vielen als „Dry January“ genutzt, als Alkohol-Abstinenz-Zeit. Können Sie damit etwas anfangen?

Rzehak: In Oberbayern kennt man den Ausdruck nicht. Es wäre auch vertane Zeit, auf etwas Gutes in Maßen zu verzichten.

Müssen wir auf Facebook und Instagram noch mehr Familienbilder von Ihnen sehen oder wird es auch mal rockiger? (Sie mit Ilse Aigner bei der Ü50 Party vielleicht?)

Rzehak: Rockiger wird’s dann, wenn AC/DC wieder nach München kommt. Dann bin ich dabei, dann wird es auch die berüchtigten Selfies aus dem Innenbereich geben. (Hier muss sich der Leser ein Augenverdrehen des Interviewers vorstellen). Mit der Ilse Aigner könnte ich mir das gut vorstellen. Nur bei Ü65 kommen wir noch nicht rein.

Mit diesem für oberbayerische Verhältnisse subtilen Seitenhieb auf einen Mitbewerber für das Landratsamt aus dem Nordkreis wird das Interview beendet. Wir danken für Ihre Zeit, Herr Landrat.

 


 

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