„Der Heim-Weltcup ist was ganz Besonderes“

Der Skicross Weltcup rückt näher. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Für Simon Stickl hat das Rennen am Oedberg eine ganz besondere Bedeutung. Wir haben mit dem sympathischen Wiesseer über seine Erfolge und seine Erwartungen an den Heim-Weltcup gesprochen.

Wenige Tage vor der Skicross-Weltmeisterschaft wirkt Simon Stickl noch enspannt. Wir haben mit dem Profi-Sportler über seine Leidenschaft zum Skicross gesprochen.
Wenige Tage vor der Skicross-Weltmeisterschaft wirkt Simon Stickl noch entspannt.

Im Alter von zwei Jahren stand Simon Stickl zum ersten Mal auf Skiern. Heute, mit 27 Jahren, kann er auf viele emotionale Momente seiner Skicross-Laufbahn zurückblicken. Er holte den Sieg des ersten Weltcups für das deutsche Nationalteam und ging als erster Starter im Skicross bei Olympischen Spielen in die Geschichte ein. Mittlerweile hat der Wiesseer seine Leidenschaft zum Beruf gemacht.

Tegernseer Stimme: Hallo Simon, wann hat dich die Begeisterung für die Skicross-Disziplin gepackt?

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Simon Stickl: Früher war ich ganz normal alpin unterwegs, wie wohl die meisten anderen Rennfahrer auch, weil man braucht einfach eine gewisse alpine Grundausbildung. Dann bin ich mehr oder weniger zufällig zum Skicross gekommen. Ein Freund, der mit mir zusammen alpin gefahren ist, hat schon früher gewechselt und dann, in der Saison 2007/08, hab ich es dann einfach probiert. Dann bin ich bei Trainings mitgefahren und hab die ersten Rennen gemeistert. Und das hat einfach tierisch Spaß gemacht.

Tegernseer Stimme: Was fasziniert dich so am Skicross?

Simon Stickl: Als kleiner Junge ist man immer damit beschäftigt, Schanzen zu bauen und Waldwege zu fahren. Und dann wurde ich eben durch meinen Freund darauf aufmerksam und mein Bruder ist früher – als es noch keine Weltcups gab – auch Skicross gefahren. Ich hab’s einfach ausprobiert. Schanzenspringen, die Wellen und zu viert gegeneinander – gerade bei Männern und Jungs hat das doch seinen Reiz.

Zahnschutz, Protektor und Helm sind Pflicht

Tegernseer Stimme: Schanzen, Sprünge und vier Fahrer auf der Piste – das hört sich ziemlich gefährlich an. Da kracht es doch auch mal, oder?

Simon Stickl: Ja, ab und zu kracht es auch mal. Es sieht wirklich gefährlich aus, aber es ist eigentlich gar nicht so gefährlich. Gerade im Weltcup-Bereich. Außerdem: Welche Sportart, bei der man mit Skiern den Berg herunterfährt, ist nicht gefährlich? Ich bin mir sicher, Skicross ist nicht gefährlicher als Abfahrt.

Tegernseer Stimme: Wie schnell rast ihr den Berg herunter?

Simon Stickl: Ich glaube, als wir auf Weltcup in Frankreich waren, hatten wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 85 bis 90 km/h. Ich glaube, in der Spitze liegen wir so bei 100 km/h. Auch wenn man zu viert im Sprung gleichzeitig in der Luft ist, macht keiner was. Jeder Fahrer weiß, dass es gefährlich wäre, wenn man sich in der Luft schubsen oder ziehen würde.

Tegernseer Stimme: Hast du dich denn schon einmal ernsthaft verletzt?

Simon Stickl: Es gab schon mehrere Unfälle im Skicross, aber ernsthaft verletzt habe ich mich noch nicht. Dafür aber beim Fußball (lacht). Das einzige gesundheitliche Problem, das ich mir wahrscheinlich durch Skicross eingefangen habe, ist ein Bandscheibenvorfall vor zwei Jahren. Durch die weiten Sprünge und Landungen wird der Rücken stark belastet.

Tegernseer Stimme: Wie beugt man bei dieser Sportart Verletzungen vor? Was gehört denn zur Sicherheitsausrüstung eines Skicross-Fahrers?

Simon Stickl: Also, ich fahre mit Zahnschutz. Aber auch erst seit heuer. Ein Rückenprotektor ist Pflicht, ohne würde keiner fahren, und ein Helm natürlich. Das war es dann aber auch.

Simon Stickl in der grünen Hose bei einem Rennen / Archivbild dpa
Simon Stickl in der grünen Hose bei einem Rennen / Archivbild dpa

Tegernseer Stimme: Kannst du nach deinen Erfolgen bei diversen Weltcups und den Olympischen Spielen heute von deinem Hobby leben?

Simon Stickl: Ich bin als Skicross-Profi in der Deutschen Nationalmannschaft. Und jeder, der in Deutschland in einer Nationalmannschaft eine Sportart betreibt, bekommt einen Behördenplatz. Zum Beispiel bei der Bundespolizei, dem Zoll oder der Bundeswehr. Ich persönlich bin über die Bundeswehr finanziell abgesichert und bekomme als Sportsoldat mein Gehalt.

Tegernseer Stimme: Nicht jeder kennt Skicross. Woran, glaubst du, liegt es, dass die Sportart auch medial weniger Aufmerksamkeit bekommt als Abfahrt, Riesenslalom oder Biathlon?

Simon Stickl: Das liegt einfach daran, dass Rennen kaum im Fernsehen oder anderswo übertragen werden. Man sieht vielleicht mal kurze Zusammenschnitte. Noch dazu kommt, dass es noch eine sehr junge olympische Sportart ist. Biathlon wurde bekannt, indem es Weltmeister und Olympiasieger gibt, das haben wir alles im Skicross noch nicht erreicht. Meiner Meinung nach wird darüber noch viel zu selten berichtet.

Tegernseer Stimme: Wie ist diese letzte Saison bisher verlaufen? Bist du zufrieden mit den Ergebnissen?

Simon Stickl: Durch den bescheidenen Winter mussten leider sehr viele Rennen abgesagt werden. Eigentlich hätten wir bis Weihnachten fünf oder sechs Rennen gehabt, aber nur eines hat stattgefunden. Das war Anfang Dezember ein Weltcup-Rennen in Kanada. Da habe ich mich auch qualifiziert. Das war auch gut so. Letztes Jahr, als ich so Rückenprobleme hatte, war ich leider nicht gut in Form. Aber es geht in die richtige Richtung. Es ist noch viel Potenzial nach oben da, und das werde ich nutzen.

„Wenn das Wetter nicht mitspielt, dann hast du keine Chance!“

Tegernseer Stimme: Welche Konsequenzen haben Regen und Nebel?

Simon Stickl: Das ist vor allem für die Kursbauer eine Herausforderung. Wenn auch noch Wind mit im Spiel ist, dann wird es gefährlich. Die Sprünge werden im Voraus alle ausgerechnet, wie weit man kommt. Wenn es regnet und ich dadurch 10 km/h langsamer fahre, dann komm ich nicht mehr über die Schanzen. Und dann wird es gefährlich. Das Wetter ist für uns Skicrosser sehr entscheidend.

Tegernseer Stimme: Das Wetter ist derzeit alles andere als ideal. Wie trainiert ihr ohne Schnee? Die Heimtrainingsmöglichkeiten sind wohl eher beschränkt, oder?

Simon Stickl: Wir waren jetzt erst im Allgäu in Grasgehren beim Trainieren und wir konnten dort nur starten. Weil einen Kurs zu bauen ist bei uns in Europa, außer in Frankreich in den hohen Bergen, ausgeschlossen. Dafür fehlt einfach der Schnee. Wir schauen jetzt, wo wir vor der Weltmeisterschaft, die nächste Woche am Kreischberg in Österreich stattfindet, nochmal trainieren können.

Mit einer Schanze im Garten hat sich Simon direkt vor der Haustür eine Trainingsmöglichkeit geschaffen.
Mit einer Schanze im Garten hat sich Simon direkt vor der Haustür eine Trainingsmöglichkeit geschaffen.

Tegernseer Stimme: Damit du auch zu Hause zumindest den Start üben kannst, steht seit einiger Zeit unübersehbar eine Schanze in eurem Garten.

Simon Stickl: Ja, das stimmt. Wir haben dafür extra den Zaun durchgeschnitten, damit ich genügend Raum zum Springen habe. Auch wenn ich eine Schanze direkt vor der Haustüre habe, ohne Schnee kann ich die leider nicht nutzen.

Tegernseer Stimme: Gleich im Anschluss an die WM ist der Weltcup in Ostin. Welche Erwartungen hast du an deinen Heim-Weltcup?

Simon Stickl: Ich freu mich riesig darauf! Also, nach der WM ist das für mich natürlich ein ganz besonderes Highlight. 90 Prozent vom Organisationskomitee sind vor Ort, ich kenne einfach alle. Mein Bruder ist im Rutschkomitee, meine beiden Neffen fahren für den Skiclub Ostin. Das ist schon etwas Besonderes für mich.

Tegernseer Stimme: Wir drücken auf jeden Fall die Daumen, dass der Weltcup auch stattfindet. Generell kann man sagen, dass du einen ziemlich vollen Terminkalender hast. Wie oft sieht man dich denn zu Hause im Tegernseer Tal?

Simon Stickl: Also, viel sind wir nicht daheim. Wir leben mehr oder weniger aus dem Koffer. Nach ein bis zwei Tagen geht es meistens schon wieder weiter.

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