Der Herr der Ruinen

Ein zerfallenes Gebäude hier, eine verlassene Siedlung da. Alles Wohnraumoptionen, die in Gmund ungenutzt herumstehen. Nur einer kann das Moderdasein der Ruinen stoppen: Florian Kohler.

Florian Kohler, Chef der Gmunder Büttenpapierfabrik und seine Ruinen: Links der ehemalige Tanzsaal der Gmunder Gaststätte Jennerwein, rechts die Wohnungen an der Mangfall.

Verlassen liegen die grünen Häuserreihen an der Mangfall in Gmund. Eine Schaukel ist das einzige Relikt, das an Kinderlachen vergangener Tage erinnert. Obwohl Sozialwohnungen in der Gemeinde gefragter sind denn je, stehen die meisten der Wohnungen hier leer.

An den Fassaden blättert die grüne Farbe ab. Ein leerer Kasten Bier steht zugewuchert neben einem Hauseingang. Gardinen täuschen über die Vermutung hinweg, dass irgendjemand dahinter leben könnte. Über der kleinen Siedlung auf dem Grund der ehemaligen „Schumacher-Säge“ liegt gespenstische Ruhe.

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In die Jahre gekommen

Die gut 20 Wohnungen in den inzwischen heruntergekommenen Häusern fristen schon seit Jahren ein unbewohntes Dasein. Herr dieser Ruinen ist Florian Kohler, Chef der benachbarten Gmunder Büttenpapierfabrik. Einst brachte er die meisten seiner Mitarbeiter in der Siedlung unter. Heute sind nur noch drei Wohnungen mit Personal belegt, der Rest steht leer.

Einst voller Leben – jetzt größtenteils unbewohnt: Die Wohnungen an der Mangfall.

Anfangs ließ Kohler hier seine Mitarbeiter umsonst wohnen, Irgendwann ging das aus steuerlichen Gründen nicht mehr. Seine jetzigen Mieter zahlen fünf Euro pro Quadratmeter. Ein Schnäppchen im Vergleich zum durchschnittlichen Gmunder Mietpreis von knapp zwölf Euro pro Quadratmeter.

Doch dafür nehmen die Bewohner auch alte, in die Jahre gekommene Häuser in Kauf. Feucht sei es dort, hört man die Nachbarn reden. Was kein Wunder wäre, da die Wohnungen direkt an der Mangfall liegen. Aber diese Vermutung widerlegt Florian Kohler:

Die Wohnungen sind nicht feucht. Die Siedlung liegt höher als der Fluss, ist also kein Überschwemmungsgebiet.

Selbst beim Jahrhunderthochwasser im Jahr 2013 sei man dort nicht „abgesoffen“, sagt er. Schon lange schwebe ihm vor, die Wohnungen abzureißen und neu zu errichten. Innen würden sie zwar anständig aussehen, so Kohler, aber die Wohnungen seien einfach alt. Ein Neubau sei aber erst möglich, wenn klar sei, wann das vom Freistaat geplante neue Wehr kommt, das das Tegernseer Tal vor Hochwasser schützen soll.

Siedlungsneubau hängt vom Wehr ab

Wie berichtet, war ein möglicher Baubeginn des umstrittenen Projekts für spätestens 2020 festgelegt worden, und eine Bauzeit von drei bis vier Jahren angedacht. Für den Bau müsste der Einfluss an der Mangfall komplett neugestaltet werden. Spezialmaschinen wären nötig, um das Flussbett auszubaggern. Der dabei nicht zu unterschätzende Baulärm wäre laut Kohler ein großes Hindernis bei der Vermietung der Wohnungen.

Also will er abwarten. Dabei hat er den groben Plan schon im Kopf. „Ähnlich wie jetzt soll es in der Siedlung aussehen“, sagt der Unternehmer, „nur etwas größer, damit sich der Neubau auch rentiert.“ Wieviel größer, könne er allerdings noch nicht sagen. Auf jeden Fall sei wieder Wohnraum angedacht. Wieder für Mitarbeiter – oder Hiesige. Kein Luxus. Und Kleingewerbe. Kohler hat dabei keinen megamodernen Neubau im Sinn. „Viel Stein und Holz“ stellt er sich vor, und absolut keine Steinglasfassade wie beim Gmunder Mercedes-Händler.

Auch verfallen: Der alte Tanzsaal gegenüber Jennerwein

„Jedem Menschen geht’s immer nur um die Kohle“, sagt der 55-Jährige. Ihm auch. Aber sein Anspruch liegt darin, die Dinge zu verschönern. Ganz gleich, ob es sich dabei um das Büttenpapier handelt, das er produziert, und welches er mal eben zum „schönsten der Welt“ kürt, oder aber um alte, in die Jahre gekommene Bauten.

„Ach, wem gehört denn dieses leerstehende Gebäude?“ ruft man dann vielleicht etwas weniger überrascht aus, wenn man durch Gmund schreitet und gegenüber dem Jennerwein in der Finsterwalder Straße beispielsweise wieder eines entdeckt. „Auch das gehört dem Papierkönig Kohler“, vermutet der Unwissende dann – und behält recht.

Gegenüber der Gaststätte Jennerwein liegt dieses verfallene Gebäude, das ebenfalls Florian Kohler gehört.

Was nämlich ausschaut wie ein verfallenes Bauernhaus war einst der Tanzsaal der von Kohler im Jahr 2000 erworbenen Gaststätte Jennerwein. „Das Gebäude war mit dabei“, erklärt er auf Nachfrage. Auch daraus soll wieder was neues werden. Noch in diesem Jahr will Kohler ein normales Wohnhaus zum Mieten hinstellen. „Der Ort soll aufgewertet werden“, betont er. Noch eine Ruine, die einem Happy End entgegensieht. Vielleicht. Irgendwann.

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